- Eltern und Kind
Anpassung der Basalrate
4 Minuten
Sehr viele Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes nutzen mittlerweile eine Insulinpumpe. In der Pumpe programmiert wird die Basalrate, mit der der Grundbedarf an Insulin abgedeckt wird. Wie wird die individuell passende Basalrate ermittelt? Das erklärt Dr. Nicolin Datz.
Die Insulinpumpentherapie stellt eine Alternative zur intensivierten Spritzentherapie in der Behandlung des Typ-1-Diabetes mellitus dar. In Deutschland wurden nach Angaben des Deutschen Gesundheitsberichtes Diabetes im Jahr 2016 53 Prozent aller Kinder mit Typ-1-Diabetes in Deutschland mit einer Pumpe behandelt. Die Tendenz ist steigend. Bei den unter fünfjährigen Kindern liegt der Anteil sogar bei 91,6 Prozent.
Bei der Insulinpumpentherapie wird nur ein Insulin (meistens Analoginsulin, ggf. auch Normalinsulin) verwendet, das von der Pumpe über einen Katheter in das subkutane Fettgewebe gelangt. Der Katheter wird alle zwei Tage selbstständig durch den Nutzer im Unterhautfettgewebe von Bein, Gesäß oder Bauch platziert. Obwohl nur ein Insulin verwendet wird, unterscheidet man auch bei der Pumpentherapie zwischen Basal-, Mahlzeiten- und Korrekturinsulin.
Die Vorteile der Basalrate
Das von der Spritzentherapie als Basalinsulin bekannte Insulin wird in der Insulinpumpe als „Basalrate“ programmiert. Das Mahlzeiten- sowie das Korrekturinsulin wird über Knopfdruck manuell durch den Nutzer selbst bedarfsgerecht abgegeben. Die Programmierung der Basalrate erfolgt in stündlichen Schritten, so dass eine genau definierte Insulinmenge abgegeben wird, was eine sehr individuelle Anpassung möglich macht. Die Anpassung und Überprüfung der Basalrate erfolgt durch den Diabetologen.
Jugendliche, deren hoher Insulinbedarf in den frühen Morgenstunden mit den üblichen Basalinsulinen oft nicht ausreichend abzudecken ist, profitieren sehr von der individuellen Dosiermöglichkeit, Sportler können ihre Basalrate bedarfsorientiert für ihre Sporteinheiten absenken und der sehr niedrige Insulinbedarf von Kleinkindern ist durch die Insulinpumpe sehr fein zu dosieren, um nur einige Beispiele zu nennen.
Wie viel Insulin sollte als Basalrate programmiert werden?
Die Menge des Basalinsulins ist – wie bei der Spritzentherapie auch – abhängig vom Körpergewicht, der Diabetesdauer und der Entwicklungsphase (z. B. Pubertät). Die Basalrate sollte bei Kindern und Jugendlichen ca. 30 bis 40 Prozent der Tagesgesamtmenge betragen. Die erforderliche Menge an Insulin legt normalerweise der Arzt fest. Im Tagesverlauf ist der physiologische Insulinbedarf in den frühen Morgenstunden sehr hoch, fällt zum Mittag hin ab und steigt dann zum Abend hin noch einmal etwas an, bevor der Abfall zu Nacht folgt.
Dieses Profil ist altersabhängig noch etwas unterschiedlich. Kleinkinder haben z. B. in der ersten Nachthälfte oft noch einen höheren Insulinbedarf, während Jugendliche in der Pubertät morgens sehr viel Insulin benötigen. Mit Hilfe von Tabellen (Basalratenschieber), die diese altersabhängigen Schwankungen berücksichtigen, erfolgt die Programmierung der Basalrate pro Stunde. Nach Eingabe dieser „Standardbasalrate“ erfolgt eine Feinabstimmung durch Basalratentests (Fastentests).
Was ist ein Basalratentest?
Das Basalinsulin ist das Insulin, das der Körper unabhängig von der Nahrungszufuhr benötigt, da die Leber auch im Ruhezustand Glukose produziert. Da die Basalrate dem Basalinsulin entspricht, kann während Phasen ohne Aufnahme von Kohlenhydraten (also Fasten) eine Überprüfung der Basalrate erfolgen.
Praktisch sieht dies so aus: An drei unterschiedlichen Tagen werden jeweils eine Hauptmahlzeit und die folgende Zwischenmahlzeit ausgelassen bzw. durch kohlenhydratfreie Lebensmittel (Gemüse, Suppe) ersetzt und die Blutzucker stündlich über vier bis sechs Stunden gemessen. Konkret bedeutet dies:
Überprüfung der Basalrate morgens
Bis ca. 12 Uhr keine Aufnahme von Kohlenhydraten (kein erstes und kein zweites Frühstück); stündliche Messungen der Blutzuckerwerte von 7 bis 12 Uhr.
Überprüfung der Basalrate mittags
Letzte Mahlzeit ist das zweite Frühstück (maximal 2 KE) gegen 10 Uhr. Bis 18 Uhr keine Aufnahme von Kohlenhydraten (kein Mittagessen und kein Nachmittagssnack); stündliche Messungen der Blutzuckerwerte von 12 bis 18 Uhr.
Überprüfung der Basalrate abends
Letzte Mahlzeit ist ein Nachmittagssnack (maximal 2 KE) um 15 Uhr. Bis 22 Uhr keine Aufnahme von Kohlenhydraten; stündliche Messungen der Blutzuckerwerte von 17 Uhr 22 Uhr.
Überprüfung der Basalrate nachts
Zwischen 22 bis 6 Uhr morgens alle zwei Stunden den Blutzucker messen.
Vor dem Test ist Folgendes zu beachten:
- Der Test beginnt zwei Stunden nach der letzten Mahlzeit.
- Die letzte Mahlzeit sollte kohlenhydratbetont sein, aber maximal 2 KE enthalten.
- Vor und während des Tests kein Sport.
- Start des Tests mit einem Blutzucker unter 180 mg/dl (unter 10mmol/l).
- Stündliche Blutzuckermessungen, nachts alle zwei Stunden messen.
- Eine Insulinkorrektur darf nicht erfolgen.
- Bei leichter Unterzuckerung (Blutzucker unter 70 mg/dl (3,9 mmol/l)) Traubenzucker einnehmen.
- Abbruch des Testes, wenn eine Unterzuckerung länger als 30 Minuten andauert.
Nach dem Test ist zu beachten:
Sollte es gegen Ende des Testes zu hohen Blutzuckerwerten kommen, ist dringend eine Ketonmessung im Blut erforderlich.
Wie sind die während des Tests gemessenen Blutzuckerwerte zu interpretieren?
Der Verlauf des Blutzuckers bestimmt das weitere Vorgehen.
Möglichkeit 1 Der Blutzucker ist während des Testes stabil, d. h. die Glukosewerte zeigen keinen eindeutigen Abfall und keinen Anstieg. Schlussfolgerung: Die Basalrate muss nicht verändert werden.
Möglichkeit 2 Der Blutzucker steigt an. Schlussfolgerung: Die Basalrate sollte erhöht werden.
Möglichkeit 3 Der Blutzucker fällt ab. Schlussfolgerung: Die Basalrate sollte reduziert werden.
WICHTIG: Die Entscheidung über die Veränderung der Basalrate sollte immer zusammen mit einem Arzt getroffen werden.
Warum und wie oft muss ein Basalratentest durchgeführt werden?
Die Durchführung eines Basalratentestes dient in der Phase der Neueinstellung der Ermittlung des individuellen und korrekten Basalinsulinbedarfs. Das bedeutet, dass bei der Umstellung von der Spritzentherapie auf die Insulinpumpentherapie in der Regel Basalratentests durchgeführt werden. Im weiteren Verlauf gibt es keine pauschalen Empfehlungen dazu.
Die folgenden Situationen geben Hinweise auf eine möglicherweise falsche Basalrateneinstellung, so dass in Absprache mit dem Arzt ggf. erneute Basalratentests durchgeführt werden sollten:
- Regelmäßig und gehäuft auftretende Hypoglykämien/Hyperglykämien.
- Beginn/Ende der Pubertät.
- Starke Gewichtszu- oder -abnahme.
- Ende der Remissionsphase nach Diabetesmanifestation.
- Neuer Tagesablauf mit längeren Schultagen und/oder mehr oder weniger starker körperlicher Aktivität.
- Krankheit.
- Schwangerschaft.
- Anteil des Basalinsulinanteils über 30 bis 40 Prozent.
Die Ergebnisse des Basalratentests/Fastentests sollten dann mit dem Diabetologen diskutiert und die Änderungen gemeinsam vorgenommen werden.
Fazit
- In der Insulinpumpe wird das Basalinsulin über die Basalrate abgebildet.
- Die Basalrate sollte bei Kindern und Jugendlichen 30 bis 40 Prozent der Tagesgesamtmenge an Insulin betragen.
- Basalratentests dienen der Überprüfung der Basalrate.
- Eine Anpassung der Basalrate sollte in Absprache mit dem zuständigen Diabetologen erfolgen.
von Dr. med. Nicolin Datz
Oberärztin Pädiatrie III und Diabeteszentrum für Kinder und Jugendliche “Auf der Bult”,
Janusz-Korczak-Allee 12, 30173 Hannover,
E-Mail: datz@hka.de
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2018; 10 (3) Seite 24-26
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 2 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 2 Wochen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig