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Anlässlich des Weltdiabetestages weisen Wissenschaftler des Instituts für Diabetesforschung, Helmholtz Zentrum München, auf die Dringlichkeit einer frühen Diagnose des Typ-1-Diabetes hin. Im Allgemeinen wird die Autoimmunerkrankung erst in einem Stadium erkannt, wenn Krankheitsbeschwerden eine medizinische – häufig intensivmedizinische – Behandlung erforderlich machen. Eine Diagnose im frühen, präsymptomatischen Stadium der Erkrankung könnte es erlauben, durch neue Präventionstherapien die klinische Manifestation der Erkrankung zu vermeiden oder zu verzögern sowie akute Komplikationen zu minimieren.
Weltweit steigt die Zahl der Kinder, die an Typ-1-Diabetes erkranken, um drei bis fünf Prozent pro Jahr. Die Stoffwechselerkrankung ist derzeit noch nicht heilbar. Forscher testen allerdings bereits Therapien, welche die Entstehung von Typ-1-Diabetes verhindern sollen. Hiervon könnten Personen profitieren, bei denen bereits ein Frühstadium der Erkrankung ohne klinische Symptome vorliegt.
Wie diese Personen bevölkerungsweit entdeckt werden könnten, legte das Institut für Diabetesforschung jetzt in zwei wissenschaftlichen Veröffentlichungen dar, die kürzlich in den Fachzeitschriften Diabetes sowie Diabetes Technology & Therapeutics erschienen sind.
Während der klinische Typ-1-Diabetes klassischerweise mit dem Auftreten einer Hyperglykämie, das heißt mit zu hohen Blutzuckerwerten, diagnostiziert wird, kündigt sich die Erkrankung schon Monate bis Jahre vorher durch Autoantikörper im Blut an. „Lassen sich mehrere der Diabetes-assoziierten Autoantikörper gegen Insulin, GAD, IA-2 und ZnT8 nachweisen, ist sehr wahrscheinlich mit dem späteren Auftreten eines klinisch-symptomatischen Typ-1-Diabetes zu rechnen“, so die Direktorin des Instituts für Diabetesforschung, Prof. Anette-G. Ziegler.
Langzeitstudien konnten zeigen, dass bei etwa 70 Prozent der Patienten, die Typ-1-Diabetes in ihrer Kindheit oder Jugend entwickelten, diese Autoantikörper bereits im Alter von sechs Monaten bis fünf Jahren im Blut nachweisbar waren. Professor Ziegler hält die Reihenuntersuchung von Kindern in dieser Altersgruppe deshalb für besonders wichtig, insbesondere im Hinblick auf die Etablierung von neuen präventiven Therapieformen.
„Ein Manko ist, dass gegenwärtig nur etwa 10 bis 15 Prozent der betroffenen Kinder mit Autoantikörpern die Teilnahme an Präventionsstudien angeboten wird, weil sich diese Studien in der Regel nur an Verwandte von Patienten mit Typ-1-Diabetes richten. Mit dem bayerischen Pilotprojekt Fr1da haben wir erstmalig den Versuch unternommen, allen Kindern mit einem unentdeckten Frühstadium der Erkrankung zu helfen“, erklärt Ziegler.
Im Rahmen der Fr1da-Studie wird allen bayerischen Kindern im Alter zwischen zwei und fünf Jahren bei ihrem Kinderarzt eine Untersuchung zur Früherkennung des Typ 1 Diabetes angeboten. Mittlerweile verfolgen auch andere Studienprojekte ähnliche Ziele, wie die Fr1dolin-Studie in Niedersachsen mit Autoantikörpertests bei 2- bis 5-Jährigen oder die Freder1k-Studie, die in Sachsen das genetische Diabetesrisiko bei Neugeborenen untersucht.
Diejenigen Kinder, bei denen ein Frühstadium des Typ-1-Diabetes diagnostiziert wird, können an einer Präventionsstudie mit oralem Insulin teilnehmen. „Im Frühstadium der Erkrankung verspricht eine Therapie mit Insulinpulver einen besseren Erfolg als zum Zeitpunkt der klinischen Diagnose“, kommentiert Zieglers Kollege Priv.- doz. Dr. Peter Achenbach die bisherigen Erkenntnisse.
Um den Erfolg von Immuntherapien besser überprüfen zu können, sollten seiner Meinung nach Biomarker weiterentwickelt werden, welche Aufschluss über Veränderungen des Stoffwechsels und des Immunsystems nach Behandlungsbeginn geben.
Wenn der Blutzuckerspiegel schon in einem asymptomatischen Frühstadium regelmäßig untersucht werde, bestehe außerdem ein geringeres Risiko für eine gefährliche Stoffwechselentgleisung (Ketoazidose), die jedes dritte Kind beim Ausbruch der Erkrankung erleidet. Zusätzlich trage der frühe Beginn einer Insulintherapie dazu bei, die glykämische Kontrolle zu verbessern und das Risiko für spätere Begleiterkrankungen zu senken.
Eine Voraussetzung für die Früherkennung ist die Entwicklung von kostengünstigen und aussagekräftigen Labortests, die Reihenuntersuchungen überhaupt erst ermöglichen. Die Wissenschaftler haben daher einen Zweistufen-Test etabliert, bei dem zunächst eine kombinierte Testung von drei der vier wichtigsten Diabetes-assoziierten Autoantikörper gegen GAD, IA-2 und ZnT8 im Blut erfolgt. Fällt dieser erste Screeningtest positiv aus, werden anschließend die drei Autoantikörper sowie zusätzlich noch die Autoantikörper gegen Insulin in jeweils separaten Tests untersucht.
Achenbach fasst die Ergebnisse folgendermaßen zusammen: „Der Zweistufen-Test erwies sich als sensitiv und spezifisch, um ein Frühstadium des Typ-1-Diabetes diagnostizieren zu können – und zwar gleichermaßen bei Untersuchung von venösem oder kapillarem Blut.“ Der Test kommt gegenwärtig in der Fr1da-Studie zur Anwendung. Insgesamt sollen hier 100.000 Blutproben untersucht werden.
Quelle: Pressemitteilung des Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt
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