- Eltern und Kind
Die diabetische Ketoazidose
4 Minuten
Oft beginnt für Kinder das Leben mit Diabetes mit einer lebensgefährlichen Ketoazidose. Doch auch später kann sich eine solche Stoffwechselentgleisung durch einen Insulinmangel entwickeln. Was ist dann zu tun?
Kinder mit Typ-1-Diabetes sind ihr Leben lang auf die Gabe von Insulin angewiesen. Die Therapie erfolgt entweder mit einer intensivierten Insulintherapie mittels Spritze, Insulinpen oder mit einer Insulinpumpentherapie. Die notwendige Insulinmenge wird individuell durch den Kinderdiabetologen festgelegt und im Rahmen der regelmäßigen Ambulanzbesuche kontrolliert und angepasst.
Die zu den Mahlzeiten zu verabreichende Insulinmenge wird durch regelmäßige Glukosemessungen an die aktuelle Kohlenhydratzufuhr und die aktuelle Aktivitätssituation angepasst. Die erforderliche Menge ist in einem Spritzen- oder Insulinpumpenplan hinterlegt.
Darin ist auch vermerkt, wie das Insulin bei zu hohen Blutzuckerwerten zu erhöhen ist. Bei unzureichender Insulinzufuhr besteht die Gefahr, dass hohe Glukosewerte entstehen; werden diese nicht rechtzeitig korrigiert, steigen die Werte weiter an, und es kann sich eine akute Stoffwechselentgleisung mit einer diabetischen Ketoazidose entwickeln.
Was ist eine Ketoazidose – und wie kommt es dazu?
Glukose wird durch die Wirkung von Insulin in die Zellen des Körpers aufgenommen und dient den Zellen zur Energiegewinnung. Bei Insulinmangel gelangt die Glukose nicht in die Zellen. Das führt zu einem Anstieg der Blutglukosewerte, zudem steht die Glukose nicht mehr zur Energiegewinnung zur Verfügung.
Als alternative Energiequellen bieten sich in dieser Situation die Fettzellen an. Bei der Verbrennung der Fettzellen wird Energie gewonnen, es entsteht aber auch ein Abfallprodukt: Keton. Ketone (auch Ketonkörper oder Ketosäuren genannt) führen zu einer Ansäuerung des Blutes.
Normalerweise werden Ketonkörper in Form von Azeton mit dem Urin ausgeschieden. Sammeln sich Ketone nur für eine kurze Dauer im Blut, ist dies harmlos. Bei lang anhaltender Ketonbildung – also z. B. bei Insulinmangel – steigt die Konzentration so hoch an, dass durch die Übersäuerung des Blutes die Symptome von Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen ausgelöst werden.
Ein gefährlicher Kreislauf entsteht
Zusammen mit dem durch den Insulinmangel hervorgerufenen hohen Blutzucker entsteht ein gefährlicher Kreislauf, der oft nur noch durch die intravenöse Gabe von Insulin und Flüssigkeit unterbrochen werden kann. Diesen Zustand nennt man diabetische Ketoazidose. Wird die Ketoazidose nicht rechtzeitig behandelt, ist sie lebensgefährlich.
Ketoazidose bei Diagnosestellung
Bei Kindern mit Diabetes mellitus kommt es leider in 20 Prozent der Fälle bei Diagnosestellung zur Entwicklung einer diabetischen Ketoazidose – die betroffenen Kinder sind dadurch schwer erkrankt. Die mangelhafte Funktion der Bauchspeicheldrüse bewirkt einen über Tage und ggf. Wochen sich entwickelnden Insulinmangel, der zu hohen Blutzuckerwerten und einer hohen Konzentration von Ketonkörpern im Blut führt.
Ketoazidose unter Insulintherapie
Die Insulintherapie bei Kindern mit Diabetes hat u. a. zum Ziel, die Entwicklung einer diabetischen Ketoazidose zu verhindern. Trotzdem kann sich eine Ketoazidose auch unter Insulintherapie entwickeln. Daher ist es wichtig, hohe Glukosewerte rechtzeitig zu erkennen und entsprechend mit Insulin zu senken.
Mögliche Ursachen für die Entstehung hoher Glukosewerte sind zum Beispiel:
- Zu wenig Insulin: Eine falsche Berechnung oder das Vergessen der Injektion, verhärtete Spritzstellen, verstopfte oder schlecht liegende Pumpenkatheter können Ursachen für eine unzureichende Versorgung mit Insulin sein.
- Zu viele Kohlenhydrate: Fehler in der Abschätzung und Berechnung der Kohlenhydrate können zu einer zu geringen Dosierung an Insulin führen.
- Hormone: In der Pubertät werden Hormone freigesetzt, die die Wirkung des Insulins beeinflussen und den Blutzucker ansteigen lassen. Auch sehr starker emotionaler Stress kann über eine erhöhte Kortisolausschüttung zu einer verminderten Insulinwirkung führen.
- Krankheit: Fieberhafte Infekte sind eine häufige Ursache von hohen Glukosewerten. Der Körper hat Stress und benötigt aufgrund der erhöhten Kortisolausschüttung mehr Insulin. Die Insulinmenge muss in solchen Fällen um ca. 20 bis 50 Prozent gesteigert werden.
- Zu wenig Bewegung: An weniger aktiven Tagen (z. B. an Wochenenden mit langem Ausschlafen) kann es zu Anstiegen der Glukosewerte kommen, da der Körper mehr Insulin benötigt. Für solche Tage können andere Regeln für die Insulintherapie nötig sein.
Was tun, wenn die Glukosewerte hoch sind?
Schwankende Glukosewerte sind keine Seltenheit in der Insulintherapie. Wichtig ist es, diese Schwankungen rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln. Regelmäßige Blutzuckermessungen bzw. ein regelmäßiges Ablesen der Sensorwerte sind der erste Schritt. Durch regelmäßige Kontrollen können erhöhte Werte frühzeitig erkannt und nach Spritzplan gesenkt werden.
Für sehr hohe Glukosewerte (über 250 mg/dl (14 mmol/l)) gibt es ein empfohlenes Vorgehen (s. Schema auf S. 31). Neben der Messung des Glukosewertes spielt hier auch die Messung des Keton- bzw. Azetonwertes eine wichtige Rolle! Je nach Höhe des Keton- und des Glukosewertes wird eine Korrektur mit Insulin empfohlen.
Sollte der Blutzucker trotz dieser Vorgehensweise nicht zu senken sein oder treten zusätzlich Erbrechen und Bauchschmerzen auf, muss Kontakt mit dem behandelnden Diabetesteam aufgenommen werden, um eine Stoffwechselentgleisung zu verhindern bzw. rechtzeitig zu erkennen und richtig behandeln zu können. Dieses Schema sollte jede Familie zu Hause haben und dazu entsprechend geschult sein.
Besonderheiten bei Glukosesensoren
Die subkutan messenden Glukosesensoren sind eine inzwischen weit verbreitete Alternative zur blutigen Glukosemessung. Den Anwendern muss bewusst sein, dass es durch eine fehlerhafte Lage des Sensors zu Fehlmessungen kommen kann. Bei Vorliegen klinischer Symptome wie Erbrechen, Übelkeit und Bauchschmerzen, die Hinweise für eine Ketoazidose sein können, ist daher unabhängig vom angezeigten Glukosewert unbedingt eine blutige Glukosemessung per Fingerpiks durchzuführen.
Ketonmessung: im Blut oder im Urin
Die Messung im Blut erfolgt mit speziellen Ketonmessgeräten und Ketonmessstreifen. Sie funktionieren ähnlich wie die üblichen Blutzuckermessgeräte: Ein kapillärer, mittels Fingerpik gewonnener Blutstropfen reicht aus, um den Wert zu bestimmen. Alle Kinder und Jugendlichen mit Diabetes sollten mit einem Ketonmessgerät und entsprechenden Messstreifen ausgestattet sein und entsprechend geschult werden. Ein Ketonwert ab 0,6 mmol/l gilt als erhöht.
Die Azetonmessung im Urin mittels eines Urinmesstreifens wird zunehmend durch die Ketonmessung im Blut abgelöst. Ein Grund dafür ist, dass es im Alltag nicht immer möglich ist, Urin für eine Azetonmessung zu gewinnen. Außerdem erhält man bei der Bestimmung im Urin nur einen geschätzten Wert, der eingeteilt wird in einfach, zweifach oder dreifach positiv.
Fazit
- Die diabetische Ketoazidose entsteht durch Insulinmangel und ist eine potentiell lebensgefährliche Stoffwechselentgleisung.
- Hohe Glukosewerte sollten frühzeitig durch regelmäßige Messungen erkannt und in den Zielbereich gesenkt werden.
- Bei Symptomen wie Erbrechen, Übelkeit und Bauchschmerzen sollte der Blutzucker immer auch blutig (nicht nur per Sensor!) gemessen werden, um eine Ketoazidose als Ursache auszuschließen.
- Bei blutig gemessenen Glukosewerten über 250 mg/dl (14 mmol/l) muss auch Keton/Azeton im Blut/Urin gemessen werden.
- Bei Nachweis von Keton im Blut (über 0,6 mmol/) bzw. Azeton im Urin (einfach positiv) sollte nach einem besonderen Schema zur Vermeidung einer Ketoazidose vorgegangen werden (siehe Schema in Beitrag „Eine Ketoazidose vermeiden“).
- Bei anhaltend hohen Blutzucker- und Ketonwerten, Erbrechen und Bauchschmerzen trotz Gabe von Insulin muss Kontakt mit dem behandelnden Diabetesteam aufgenommen werden.
von Dr. med. Nicolin Datz
Oberärztin Pädiatrie III und Diabeteszentrum für Kinder und Jugendliche “Auf der Bult”,
Janusz-Korczak-Allee 12, 30173 Hannover,
E-Mail: datz@hka.de
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2019; 11 (1) Seite 22-24
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 2 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 2 Wochen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig