Hohe Werte unter Pumpentherapie

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Hohe Werte unter Pumpentherapie

“Der geknickte Schlauch und ein getrockneter kleiner Blutfleck auf Lucas Haut bestätigten den Verdacht: Die Insulinzufuhr war unterbrochen. Die Insulinkorrektur ging demzufolge ins Leere.” – Das berichtete Michael Denkinger 2014 in seiner Kolumne “Lucas Welt”. Lange war Lucas abgeknickter Katheter nicht aufgefallen. Welche Gründe es für hohe Werte unter Pumpentherapie noch geben kann und was dann zu tun ist, erklärt Dr. Nicolin Datz.

Die Insulinpumpentherapie ist eine inzwischen sehr verbreitete und erfolgreiche Therapieform in der Behandlung des Typ-1-Diabetes von Kindern und Jugendlichen.

Kinder unter 5 Jahren werden bereits von Beginn an mit einer Insulinpumpe behandelt, da die Pumpe als die sicherste und beste Therapieform in dieser Altersklasse gilt. Ältere Kinder und Jugendliche werden auf eine Insulinpumpentherapie eingestellt, wenn es aus medizinischen Gründen angebracht (indiziert) ist. Die aktuellen Daten bezüglich der Diabetestherapie in Deutschland zeigen, dass bereits 48 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren mit einer Insulinpumpe versorgt werden.

Aber auch unter der Insulinpumpentherapie kann es zu Blutzuckerschwankungen mit zu niedrigen oder zu hohen Blutzuckerwerten kommen, die – wenn sie nicht rechtzeitig erkannt und behandelt werden – zu einer akuten Entgleisung der Stoffwechsellage führen können.

In dieser Folge unserer Schulungsserie “Gute Schule” möchte ich darauf eingehen, wie hohe Blutzuckerwerte unter Insulinpumpentherapie entstehen und wie man damit umgeht.

Was sind die Gründe für zu hohe Werte?

Der Blutzucker steigt immer dann, wenn der Körper entweder zu wenig Insulin bekommt oder zu viele Kohlenhydrate zugeführt worden sind.

Warum kann das auch geschehen, wenn Insulin über eine Pumpe zugeführt wird? Und welche Tipps helfen, das zu vermeiden bzw. zu beheben? Die Ursachen für hohe Blutzuckerwerte können eingeteilt werden in:

1. Probleme mit der Insulinabgabe

  • Katheter ist herausgerutscht.
  • Katheter ist undicht.
  • Katheter ist abgeknickt.
  • Verbindung zwischen Katheter und Pumpe ist gestört.

2. Situation mit erhöhtem Insulinbedarf

  • Krankheit
  • Medikamente (Kortisontherapie)

3. Veränderte Insulinwirkung

  • Einstichstelle ist entzündet.
  • An der Injektionsstelle befindet sich Blut.
  • Katheter liegt schon zu lange.
  • Insulin ist nicht mehr haltbar (z. B. bei sehr hohen oder sehr niedrigen Temperaturen).
  • Es sind Lipome entstanden.

4. Falsche Programmierung der Insulinpumpe

  • Basalrate ist nicht korrekt eingestellt (z. B. bei Neuprogrammierung).
  • Zeit ist falsch programmiert.
  • Bolus Expert (Bolusrechner) ist nicht korrekt eingestellt.

Hohe Werte – was tun?

Was ist zu tun, wenn hohe Werte gemessen werden, die durch wiederholte Bolus-und Korrekturgaben nur schwer oder gar nicht zu senken sind?

Für den konkreten Umgang mit hohen Blutzuckerwerten bei der Pumpentherapie hat das Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin “Auf der Bult” (Hannover) ein Schema entwickelt, das Kindern und Eltern helfen soll, hohe Werte möglichst frühzeitig zu behandeln und somit die akute Stoffwechselentgleisung zu verhindern: Beim Überschreiten eines Blutzuckerwerts von 250 mg/dl (13,9 mmol/l) sollte unbedingt bestimmt werden, ob Keton im Blut oder Azeton im Urin ist. Ist Keton negativ, kann der Blutzuckerwert ganz einfach zwei Stunden nach dem letzten Bolus dem Insulinplan entsprechend korrigiert werden.

Sind jedoch Keton oder Azeton nachweisbar, sollte der hohe Blutzuckerwert sofort, aber nachdem der Katheter und die Injektionsstelle überprüft wurden, korrigiert werden. Wenn nach einer Stunde der Blutzuckerwert gesunken ist und Keton oder Azeton negativ sind, ist das Problem bereits behoben.

Sind Keton oder Azeton nach einer Stunde weiterhin nachweisbar und/oder der Blutzuckerwert weiterhin über 250 mg/dl (13,9 mmol/l), sollte mit einem Pen oder einer Spritze Korrekturinsulin verabreicht und der Katheter gewechselt werden. Wenn der Blutzucker sich darunter weiterhin nicht senken lässt, sollte Kontakt mit dem Diabeteszentrum aufgenommen werden (siehe Schaubild).

Die Suche nach den Ursachen

Bei der Suche nach den Ursachen für zu hohe Werte sollten folgende Punkte überprüft werden:

1. Katheter kontrollieren

Katheter abgerissen, gestörte Verbindung zwischen Katheter und Pumpe, Katheter abgeknickt?

Lösung: Katheter neu anlegen.

2. Insulinbedarf überprüfen

Ist das Kind krank? Hat es Fieber? Werden Medikamente verabreicht, die den Blutzucker erhöhen?

Lösung: Basalrate bei Erkrankung – wie vom Diabetesteam empfohlen – z. B. um 20 Prozent erhöhen.

3. Einstichstellen überprüfen

Gibt es Lipome? (Werden immer wieder die gleichen Katheterstellen genutzt, kann es zu einer Vermehrung des Unterhautfettgewebes kommen (Lipom). Das so gebildete Gewebe ist Bindegewebe, das das Insulin nicht so gut aufnimmt. Die Folge: Das Insulin kann nicht so gut wirken.)

Lösung: Liegt der Katheter in einer verdickten Stelle, den Katheter neu an einer nicht verdickten Hautstelle legen.

4. Pumpeneinstellungen überprüfen

  • Wurden die Pumpeneinstellungen verändert? Ist die Basalrate weiterhin korrekt programmiert?

Lösung: Eine Überprüfung der Einstellung der Basalrate sollte mit Hilfe des aktuellen Insulinplanes erfolgen und bei Abweichungen korrigiert werden.

  • Ist die Uhrzeit korrekt? Gab es evtl. eine Zeitumstellung, bei der es zu einer falschen Einstellung der Uhrzeit gekommen ist? Sind die Einstellungen des Bolus Expert (Bolusrechner) korrekt?

Lösung: Einstellungen überprüfen. Bei der Überprüfung sollte insbesondere auch auf die Zeit des aktiven Insulins, Korrekturfaktoren und Zielblutzuckerwerte geachtet werden.

Wenn die Erhöhung der Werte chronisch ist

Die genannten Probleme führen in der Regel zu einer akuten Erhöhung der Blutzuckerwerte. Kommt es zu einer dauerhaften Erhöhung der Blutzuckerwerte über mehrere Wochen, nennt man das eine chronische Erhöhung der Blutzuckerwerte.

Auch hier sollte zunächst nach den beschriebenen Problemen gesucht werden. Kann die Ursache für die chronische Erhöhung so nicht geklärt werden, sollten unbedingt die Einstellungen der Insulintherapie insgesamt überprüft werden. Die KE-Faktoren, die Korrekturfaktoren oder die Basalrate können z. B. aufgrund des Wachstums des Kindes oder des Beginns der Pubertät oder durch das Ende der Remissionsphase nicht mehr ausreichend sein und sollten zusammen mit dem zuständigen Diabetologen angepasst werden.

Ursachenforschung bei hohen Werten
Blutzuckerwert über 250 mg/dl (14 mmol/l)
  • Bolus vergessen oder Essen falsch berechnet
  • technischer Defekt an der Pumpe
  • Luftblasen im System
  • Defekte am Katheter bzw. undichter Schlauch
  • zu lange Liegedauer des Katheters

Fazit

Kommt es unter einer Insulinpumpentherapie zu zu hohen Werten, können Probleme bei der Insulinabgabe vorliegen, es kann sein, dass ein erhöhter Insulinbedarf besteht, dass das Insulin nicht wie gewohnt wirkt oder dass die Pumpe falsch eingestellt ist. Wird ein Wert von 250 mg/dl (14 mmol/l) überschritten, muss Keton/Azeton überprüft werden. Gelingt es nicht, die Ursache zu finden und die Werte zu korrigieren, sollte Kontakt mit dem Diabetesteam aufgenommen werden.


von Dr. med. Nicolin Datz
Oberärztin Pädiatrie III, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin “Auf der Bult”,
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin “Auf der Bult”,
Janusz-Korczak-Allee 12, 30173 Hannover,
E-Mail: datz@hka.de

Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2015; 8 (4) Seite 24-26

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 3 Wochen, 1 Tag

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 3 Wochen, 2 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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