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Das Hormon Insulin sorgt dafür, dass Glukose aus dem Blut in die Körperzellen aufgenommen wird. Fehlt über längere Zeit Insulin, kommt es erst zu einer Hyperglykämie (Überzuckerung), schließlich bilden sich Ketone. Warum und wann ist es wichtig, die Ketone zu bestimmen? Das erklärt Dr. Datz – und auch, welche Messmethoden es gibt.
Regelmäßige Glukosemessungen bzw. die Kontrolle der Glukosesensorwerte sind die Grundlage der Behandlung des Typ-1-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen. Sie sind wichtiger Bestandteil für die Berechnung der Insulinmenge, sei es für die Mahlzeiten oder für die Korrektur hoher Werte. Aber nicht nur Glukosekontrollen gehören zum Standard der Therapie, auch Ketonmessungen sind in bestimmten Situationen erforderlich und daher ein wichtiger Bestandteil der Diabetesschulung.
Keton entsteht, wenn der Körper nicht genügend Energie aus dem Abbau von Glukose gewinnen kann. Ein alternativer Weg zur Energiegewinnung ist dann der Abbau von Fetten. Bei diesem Vorgang entsteht Keton, das dem Gehirn, dem Herzen und den Muskeln schnell Energie liefern kann. Kommt es zu einer Überproduktion von Keton, z. B. durch länger anhaltenden Fettabbau, gelangt Keton über die Blutbahn in die Nieren und wird letztendlich als Abbauprodukt über den Urin ausgeschieden. Es gibt zwei Formen von Ketonkörpern:
Sogenannte „Hungerketone“ entstehen, wenn dem Körper nicht genügend Kohlenhydrate zur Verfügung gestellt werden (z. B. beim Fasten). Auch kann es z. B. bei Magen-Darm-Infekten vermehrt zur Ketonbildung kommen. Durch wiederholtes Erbrechen oder Durchfall stehen dem Körper in diesem Fall nicht genügend Kohlenhydrate zur Verfügung, so dass „Hungerketone“ entstehen. Entstehen Ketone durch verminderte Nahrungszufuhr, ist der Glukosewert gewöhnlich niedrig und im Urin wird auch keine Glukose ausgeschieden.
Bei Kindern und Jugendlichen mit Diabetes kommt es durch einen anhaltenden Insulinmangel zur Bildung von Ketonkörpern. Ist nicht genügend Insulin im Blut, kann die Glukose nicht in die Zellen aufgenommen werden, und der Blutzucker steigt an, während die Zellen nicht mit Energie versorgt werden. Der Fettstoffwechsel wird aktiviert und als Alternative genutzt, dabei entsteht Keton. Je länger der Insulinmangel anhält, desto höher steigt der Blutzucker an und desto mehr Keton wird gebildet. Die sich ansammelnden Ketone führen zu einer Übersäuerung des Blutes mit der Gefahr der Entstehung einer diabetischen Ketoazidose, wenn nicht frühzeitig die Gabe von Insulin erfolgt.
Erhöhte Glukosewerte sind ein Hinweis auf eine mögliche Ketonkörperbildung. Werden die Glukosewerte regelmäßig überprüft, fallen erhöhte Werte frühzeitig auf, so dass entsprechend der Empfehlungen zusätzliches Insulin zur Korrektur verabreicht werden kann. Bleibt der Glukosewert weiterhin erhöht oder steigt sogar an, werden Ketonmessungen erforderlich. Mehr dazu im nächsten Absatz und in den Abbildungen.
Die Bestimmung von Ketonkörpern ist sowohl im Blut als auch im Urin möglich. Früher gab es nur die Messung im Urin. Dazu wird ein Messstreifen in einen frisch gewonnenen Urin gehalten. Anhand der Intensität der Färbung des Streifens ist dann eine Einteilung in: + (= einfach positiv); ++ (= zweifach positiv) oder +++ (= dreifach positiv) möglich.
Nachteil dieser Methode ist, dass nicht in jeder Situation ein frischer Urin gewonnen werden kann und dass diese Einteilung sehr grob ist. Insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern gestaltet sich die Uringewinnung schwierig. Eine neuere Methode ist die Messung des Ketons im Blut. Diese erfolgt mittels eines kleinen Tropfens Blut auf einem Teststreifen, der, wie bei einer Blutzuckermessung, in ein Handmessgerät gesteckt wird. Auf dem Testgerät kann dann ein konkreter Wert abgelesen werden. Mit Hilfe eines Schemas (s. Abbildungen) kann der Nutzer dann entscheiden, was zu tun ist. Ein Wert ab 0,6 mmol/l bedeutet, dass zu viel Keton im Blut ist.
Auch wenn hier mittels Fingerpiks eine kapilläre Blutgewinnung erfolgen muss, ist es doch ein großer Vorteil, dass diese zu jeder Zeit durchführbar ist und nicht erst auf einen Urin gewartet werden muss. Außerdem gibt die blutige Messung wesentlich differenziertere Werte als die Messung im Urin.
Die Ketonmessung im Urin mittels eines Urinmessstreifens wird zunehmend durch die Ketonmessung im Blut abgelöst. Alle Kinder und Jugendlichen mit Diabetes sollten deshalb mit einem Ketonmessgerät zur blutigen Messung und entsprechenden Messstreifen ausgestattet sein.
Grundsätzlich sollte Keton gemessen werden, wenn der Glukosewert trotz bereits erfolgter Insulingabe mehrere Stunden über 250 mg/dl (14 mmol/l) liegt und der Trend stabil ist oder eine ansteigende Tendenz zeigt. In der Kinderklinik in Hannover schulen wir nach zwei verschiedenen Schemata, je nachdem, ob eine Therapie mittels Spritze/Pen oder eine Insulinpumpentherapie durchgeführt wird (siehe Abbildungen).
Nach der Ketonmessung und der Durchführung erforderlicher Maßnahmen muss immer auch dringend nach der Ursache der hohen Werte gesucht werden. Nur dann kann diese Ursache beseitigt und der Glukosewert wieder in den Zielbereich gebracht werden. Je nach Ursache ist die Gefahr für eine länger anhaltende Hyperglykämie (Überzuckerung) mit der Folge einer Ketonbildung stärker oder weniger ausgeprägt (siehe dazu auch den Beitrag http://„Ketoazidose:WennderStoffwechselentgleist“vonDr.TheklavondemBerge
).
von Dr. med. Nicolin Datz |
Oberärztin Pädiatrie III, Diabeteszentrum für Kinder und Jugendliche „Auf der Bult“ Janusz-Korczak-Allee 12, 30173 Hannover, E-Mail: datz@hka.de |
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2020; 12 (4) Seite 24-26
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