Nach dem Frühstück immer „zu hoch“?

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Nach dem Frühstück immer „zu hoch“?

Kinder mit Typ-1-Diabetes sind auf die regelmäßige und korrekt berechnete Zufuhr von Insulin angewiesen. Der Tagesbedarf ist dabei abhängig von Alter, Gewicht und Diabetesdauer. Man unterscheidet zwischen Basalinsulin und Mahlzeiteninsulin.

Basalinsulin

Das Basalinsulin ist die Insulinmenge, die notwendig ist, um die von der Leber produzierte Glukose "abzufangen". Die zu verabreichende Menge wird vom Arzt festgelegt, sollte bei ca. 30 bis 40 % des Gesamtinsulinbedarfs liegen und wird entweder in Form der Basalrate über eine Insulinpumpe verabreicht oder als Langzeitinsulin per subkutaner Injektion ein- bis zweimal am Tag.

Die Menge des Basalinsulins ist unabhängig von den Mahlzeiten, so dass täglich die gleiche Menge gegeben wird. Es gibt aber Sondersituationen, in denen auch die Dosis des Basalinsulins angepasst werden muss. Dazu gehören z. B. fieberhafte Infekte, die mit einem erhöhten Bedarf einhergehen, und verstärkte körperliche Aktivitäten, bei denen zum Schutz vor Hypoglykämien (Unterzuckerungen) eine Reduktion erforderlich sein kann.

Mahlzeiteninsulin

Anders verhält es sich mit dem Mahlzeiteninsulin. Die zu verabreichende Menge muss individuell und zu jeder einzelnen Mahlzeit neu berechnet werden. Die Berechnung erfolgt anhand der Menge der Kohlenhydrate und des aktuellen Glukosewertes. Um eine gute Stoffwechsellage zu erzielen, muss also auch eine Messung der Glukosewerte mehrfach täglich entweder blutig per Fingerpiks und/oder durch Ablesen am Glukosesensor erfolgen. Durchzuführen sind generell Messungen VOR der Mahlzeit, um die Stoffwechsellage zu optimieren sind auch Messungen zwei Stunden NACH der Mahlzeit sinnvoll.

Nach dem Frühstück immer zu hoch – warum?

"Nach dem Frühstück immer zu hoch" ist ein nicht seltenes Phänomen, von dem Eltern in der Ambulanz berichten. Gemeint sind damit Glukosewerte oberhalb des Zielbereichs, also höher als 180 mg/dl (10 mmol/l), ca. 2 Stunden nach dem ersten Frühstück.

Die Hintergründe

1. Die

2. Bei der

3. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der

4.

5. Werden nach Überprüfung der genannten Punkte weiterhin zu hohe Glukosewerte nach dem Frühstück gemessen, sollte die Zusammensetzung des Frühstücks bezüglich der

Sensorkurven zeigen Unterschiede

Anhand von Glukosesensorkurven kann man Unterschiede in Abhängigkeit von der Art der aufgenommenen Kohlenhydrate sehen (siehe Abb. 1 u. 2). Kohlenhydrathaltige Lebensmittel machen häufig den größten Anteil einer Mahlzeit aus. Dabei sollte jedoch darauf geachtet werden, dass bevorzugt komplexe (Polysaccharide), ballaststoffreiche und nicht raffinierte Kohlenhydrate verzehrt werden – diese verursachen einen deutlich niedrigeren Blutzuckeranstieg.

Abb. 1 : Hoher Anteil einfacher und schnellwirkender Kohlenhydrate. Trotz Abgabe des Insulinbolus 15 Minuten vor der Mahlzeit kommt es zu einem ausgeprägten Anstieg des Glukosewertes bis über 220 mg/dl (12,2 mmol/l), der auch nur sehr langsam wieder abfällt.

Abb. 1 : Hoher Anteil einfacher und schnellwirkender Kohlenhydrate. Trotz Abgabe des Insulinbolus 15 Minuten vor der Mahlzeit kommt es zu einem ausgeprägten Anstieg des Glukosewertes bis über 220 mg/dl (12,2 mmol/l), der auch nur sehr langsam wieder abfällt.

Beispiele für Frühstückskombinationen

Oben sind drei Beispiele für mögliche Frühstückskombinationen und ihre Auswirkungen auf die Glukosewerte dargestellt. Gezeigt werden die Sensorkurven eines 7,5 Jahre alten Mädchens, das seit 1,5 Jahren an Typ-1-Diabetes erkrankt ist; ihre Kurven wurden uns freundlicherweise von der Familie zur Verfügung gestellt.

Die Kurven in Abb. 1 und 2. zeigen den Glukoseverlauf nach Aufnahme eines Frühstücks mit einem großen Anteil einfacher und schnellwirkender Kohlenhydrate. Die Sensorkurve in Abb. 3 zeigt die Glukosekurve nach Aufnahme eines ballaststoffreichen, aus komplexen Kohlenhydraten bestehenden Frühstücks.

Abb. 3: Hoher Anteil von Ballaststoffen und komplexen Kohlenhydraten. Der Anstieg der Glukosewerte fällt nur dezent und sehr kurz aus, die Glukosewerte sind hier sehr stabil.

Die Sensorkurven dieser Beispiele veranschaulichen, dass sich die Zusammensetzung der Kohlenhydrate auf den Glukosewert auswirkt. Ein hoher Anteil an komplexen und ballaststoffreichen Kohlenhydraten führt zu einem niedrigeren und kürzer anhaltenden Anstieg der Glukose nach dem Essen und hat zudem noch einen länger anhaltenden Sättigungseffekt. Bei der Auswahl der Nahrungsmittel sollte daher verstärkt auf den Anteil komplexer und ballaststoffreicher Kohlenhydrate, wie sie in Vollkornprodukten zu finden sind, geachtet werden.

Für das Frühstück bedeutet das konkret: besser Vollkornmüsli, Haferflocken, Roggenbrot und Joghurt statt Croissant, Toast, Marmelade und Cornflakes. Dass dies nicht immer sofort umsetzbar ist, ist nachvollziehbar, aber vielleicht ist ja das eine oder andere weiße Brötchen oder Toastbrot nach und nach gegen ein Vollkornbrot oder die Haferflocken zu ersetzen. Probieren Sie es aus und steigen Sie zunehmend auf ballaststoffreiche Ernährung um!

Fazit


Autor:

Dr. med. Nicolin Datz
Oberärztin Pädiatrie III
Diabeteszentrum für Kinder und Jugendliche „Auf der Bult“
Janusz-Korczak-Allee 12, 30173 Hannover
E-Mail: datz@hka.de

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