- Eltern und Kind
Praxistipps für Sport mit AID-Systemen
4 Minuten
Kindern und Jugendlichen, die mit Typ-1-Diabetes leben, wird besonders empfohlen, sich so oft und vielfältig wie möglich zu bewegen sowie regelmäßig Sport zu treiben. Basierend auf den Empfehlungen der World Health Organization (WHO) sollten sie sich täglich mindestens 60 Minuten bei mittlerer bis hoher Intensität bewegen. Besonders wichtig ist dabei, darauf zu achten, Unterzuckerungen, aber auch Überzucker sowie Schwankungen der Blutzuckerwerte zu vermeiden.
Von der Wissenschaft in die Praxis übersetzt heißt das: Während des Sports sollte der Blutzucker zwischen 126 und 180 mg/dl (7,0 und 10,0 mmol/l) liegen und möglichst stabil bleiben. Besonders bei Insulinpen- und der traditionellen Insulinpumpen-Therapie ohne AID stellte das Sporttreiben bei normnahen Blutzuckerwerten eine Achillesferse im Diabetes-Management dar. AID-Systeme sollten dies heute erleichtern.
Warum „sollten“? Aktuell gibt es keine einheitlichen Empfehlungen für AID-Systeme, physische Aktivität und Sport, die das Risiko von Dysglykämie verringern könnten. Dies hat sich eine Gruppe von 27 Autoren und Autorinnen zum Anlass genommen und erarbeitet deshalb aktuell die erste internationale Leitlinie zu AID und Sport (2024 EASD ISPAD Positionspapier), um Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes bereits jetzt einen "glykämischen" Vorteil zu verschaffen. Wann sollte der Aktivitäts- bzw. Ease-off-Modus zum Einsatz kommen? Wie viele Kohlenhydrate sollte man wann zu sich nehmen? Und wann sollte man eingreifen?
Was kann man tun bei spontanem Sport?
Wie Kinder und Jugendliche, die ohne Diabetes leben, wollen auch die Youngster mit Typ-1-Diabetes spontan Sport treiben können. Dies stellt jedoch für alle AID-Systeme ein gewisses Problem dar, was primär auf die zu lange Wirkdauer von Kurzzeitinsulinen zurückzuführen ist. Dennoch ist auch spontanes Sporttreiben möglich, wenn man folgenden Empfehlungen folgt:
Warum und wann sollte der Aktivitätsmodus gestartet werden?
In verschiedenen klinischen Studien wurde gezeigt, dass der Aktivitätsmodus für AID-Systeme 90 bis 120 Minuten vor dem Sport gestartet werden sollte, um vor allem das Risiko von Unterzuckerungen zu reduzieren. Für AID-Systeme, die eine automatisierte Bolus-Korrekturfunktion haben, sollte der Aktivitätsmodus bei Sport nahezu immer gestartet werden, da dadurch in der Regel die Insulinabgabe bei Hyperglykämie ausschließlich über einen kontinuierlichen Anstieg der Basalrate gesteuert wird.
In der Regel wird im Aktivitätsmodus ein Zielwert von 150 mg/dl (8,3 mmol/l) angepeilt (bei manchen Systemen ein Zielbereich), was sich aber bei dem mylife-CamAPS-FX-System leicht unterscheidet. Hier sollte zusätzlich zur Option "Ease-off" überlegt werden, ob der Glukose-Zielbereich erhöht wird (z. B. auf 150 mg/dl bzw. 8,3 mmol/l in Kombination mit dem Start des Ease-off-Modus). Das ist vor allem sinnvoll, wenn über eine sehr lange Dauer und mit hoher Intensität Sport betrieben wird (Bergwandern, Skifahren etc.).
Ähnliches gilt auch für das Diabeloop-System DBLG1 (erhöhter Zielwert plus Aktivitätsmodus), wo man zugleich die Option hat, einen Mittelweg zu wählen (ZEN-Modus), welcher den Glukose-Zielbereich nicht so stark hebt wie der reguläre Aktivitätsmodus.
Unabhängig vom AID-System sollte eine Maxime verfolgt werden: Eine Erhöhung des Glukose-Zielbereichs (Aktivitätsmodus) sollte nur für physische Aktivitäten und Sport gewählt werden, wenn man aus Erfahrung weiß bzw. annimmt, dass der Blutzuckerwert beim Sport abfallen wird. Wenn es Sportarten gibt, bei welchen der Sensor-Glukosewert immer ansteigt (z. B. intervallartige Sportarten wie Tennis, Fußball oder Ähnliches), sollte eher auf einem regulären oder für manche Systeme leicht erhöhten Glukose-Zielbereich Sport betrieben werden.
Warum und wann sollte der Aktivitätsmodus nicht gestartet werden?
Grundsätzlich macht ein AID-System während des Sports das Gleiche, was man früher selbst bei der traditionellen Insulinpumpen-Therapie machen musste: Die Basalrate wird reduziert und für manche AID-Systeme wird die automatisierte Bolusfunktion abgeschaltet. Wenn man früher mit einer Insulinpumpe Sport betrieben hat und es wurde festgestellt, dass bei einer spezifischen Sporteinheit der Zuckerwert immer ansteigt, hat man einfach die Basalrate in geringerem Maß reduziert oder sogar die reguläre Basalrate laufen lassen.
Dies gilt auch für AID-Systeme: Steigt der Blutzuckerwert während des Sport massiv an, sollte der Aktivitätsmodus nicht gestartet oder nach Möglichkeit der Glukose-Zielwert nur leicht gehoben werden (siehe Abbildung 1).
© Othmar Moser | Abb. 1: Darstellung der Glukose-Reaktion und des Insulin- und Kohlenhydratbedarfs in Abhängigkeit zur Intensität und Dauer der Belastung.
Wann und wie viele Kohlenhydrate sollten zugeführt werden?
Grundsätzlich ist in der Theorie davon auszugehen, dass ein AID-System einen gewählten Zielbereich im Aktivitätsmodus erreichen und halten wird. In der Praxis wurde aber gezeigt, dass zusätzlich Kohlenhydrate beim Sport benötigt werden, die von verschiedenen Faktoren wie der Intensität, der Dauer und dem Modus der Belastung sowie IOB beeinflusst werden (siehe Abbildung 1). Aus diesem Grund sollten früh genug kleine Mengen an schnellwirkenden Kohlenhydraten zugeführt werden, bei einem zuvor festgelegten Cut-off-Wert. Die Menge an Kohlenhydraten, die während des Sports zugeführt werden, sollte bei schnell abfallenden Zuckerwerten (gerader Trendpfeil nach unten) höher sein als bei stabilen Werten.
Zusammenfassung
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass AID-Systeme bei Sport funktionieren, vor allem, wenn dieser geplant ist. Vor dem Sport sollte überlegt werden, ob zu erwarten ist, dass während der Bewegung die Glukose-Konzentration ansteigt oder eher abfällt. Es sollten immer schnellwirkende Kohlenhydrate mitgeführt werden und wenn diese gegeben werden, sollte das z. B. bereits ab 126 mg/dl (7,0 mmol/l) passieren, aber dafür in kleineren Mengen, basierend auf den Glukose-Trendpfeilen.
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 1 Tag, 14 Stunden
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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stephanie-haack postete ein Update vor 2 Tagen, 12 Stunden
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 2 Tagen, 11 Stunden
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike