- Eltern und Kind
Eltern als Diabetes-Manager: Stress und Belastung vermeiden
4 Minuten
Heute nutzen fast alle Kinder und Jugendlichen mit Diabetes Glukosesensoren, um ihren Diabetes im Blick zu behalten. Die Möglichkeit, ständig über die Gesundheit ihres Kindes informiert zu sein, beschreiben viele Eltern, ganz besonders diejenigen mit sehr jungen Kindern, als großen Segen. Aber es gibt auch Schattenseiten, bedingt durch viele Alarme und ständig sichtbare “Misserfolge” und den damit verbundenen Stress und Belastung. Fluch und Segen liegen auch hier eng beieinander.
In der AMBA-Studie, an der sich über 1100 Familien von Kindern mit Diabetes aus neun deutschen pädiatrischen Diabeteszentren beteiligt haben, gab die Mehrheit der Eltern an, erheblich durch das Diabetesmanagement gefordert zu sein. So berichteten 33 Prozent von einer “hohen” und 16 Prozent von einer “sehr hohen” allgemeinen Belastung im Alltag. Bei der Frage nach der emotionalen Belastung gaben 32 Prozent der Eltern eine “hohe” und sogar 27 Prozent eine “sehr hohe” Ausprägung an. Dabei sahen sich die Mütter, besonders die mit jüngeren Kindern, deutlich mehr gefordert als die Väter. Bemerkenswert war, dass die emotionale Belastung bis weit über die Pubertät der Kinder hinaus unverändert hoch blieb, während die allgemeine Belastung mit dem Heranwachsen des Kindes zurückging.
Die Nutzung aktueller Diabetestechnologien war eher mit höherer Belastung verbunden, ebenso wie hohe HbA1c-Werte. Entsprechend wünschten sich 78 Prozent der Eltern regelmäßige praktische Beratungen zum Diabetesmanagement und zur emotionalen Bewältigung der Krankheit im Familienalltag. Was kann Eltern helfen, die Belastungen zu reduzieren und selbst gesund zu bleiben? Hier gibt es sicher kein Patentrezept, das für alle Familien passt. Aber vielleicht kann die eine oder andere Anregung dazu beitragen, etwas entspannter mit dem Diabetes zu leben.
Die Verantwortung auf mehrere Schultern übertragen
Die hohe Belastung vieler Mütter liegt oft auch daran, dass sie sich ständig für ihr Kind verantwortlich fühlen und Väter oder andere mögliche Bezugspersonen zu wenig einbeziehen. “Als Profi erledigt man eine Aufgabe eben schnell, bevor man es anderen langwierig erklärt”. Damit besteht die Gefahr, dass sich Partner abgehängt oder überfordert fühlen und sich zurückziehen. Es macht am Anfang Mühe, alle Therapieschritte gemeinsam zu erlernen und abzustimmen, aber es lohnt sich.
Eingespielte Teams finden eher gute Lösungen, verhindern spontane (Über-)Reaktionen, z.B. bei der Insulingabe, und bieten Rückhalt im stressigen Alltag. Gleiches gilt für Großeltern, Paten oder enge Freunde. Wer mit einem Handy telefonieren kann, kann auch eine Pumpe und ein Sensorsystem bedienen und damit Eltern zumindest manchmal einen Freiraum für eigene Bedürfnisse ermöglichen. Ein Kind mit Diabetes hat das Recht, dass sich mehrere Erwachsene um seine Gesundheit kümmern und seine Eltern einmal ausspannen können.
Übertriebenen Ehrgeiz vermeiden
Die kontinuierlich sichtbaren Zahlen und Kurven auf dem Display des Sensors verleiten dazu, sich ständig um optimale Werte zu bemühen und um jeden Prozentpunkt der Zeit im Zielbereich (TIR) zu kämpfen. Dabei besteht die Gefahr, wesentliche Dinge im Leben des Kindes aus den Augen zu verlieren, z.B. kleine Erfolge, Sorgen oder die entspannte gemeinsame Zeit, die sogenannte Edelsteinzeit, an die wir Erwachsene uns heute noch als Highlights unserer Kindheit erinnern.
Lese-Tipp
DELFIN Eltern-Schulungshandbuch – Das Elternprogramm für Familien von Kindern mit Diabetes (2-10 Jahre)
Die Frage einer jungen Mutter, ob 80 Prozent oder 85 Prozent TIR besser für die Zukunft ihres Kindes wären, kann heute niemand seriös beantworten. Denn neben den Blutzuckerwerten gibt es einfach viel zu viele andere Dinge, die das Schicksal eines Menschen mit Diabetes langfristig bestimmen.
Glukosewerte sind keine Bewertung
Die natürliche Insulinausschüttung der Bauchspeicheldrüse bei Menschen ohne Diabetes kann heute mit modernen Therapien schon recht gut nachgeahmt werden, jedoch noch bei weitem nicht perfekt. Es gibt Situationen, in denen die Kontrolle der Glukosewerte nicht gelingt oder gelingen kann. Diese Berge und Täler sind “normal” bei Typ-1-Diabetes und längst nicht immer ein Fehler im Management, und schon gar kein Grund für Schuldgefühle oder Scham.
Wenn es Eltern und Kinder schaffen, gelassen über Schwankungen zu sprechen, nach Lösungen zu fragen und sich dabei vom Diabetesteam beraten lassen, schützt dies vor Schuld- und Minderwertigkeitsgefühlen. Weder TIR noch HbA1c sind Schulnoten für die Versorgung von Kindern mit Diabetes.
Familiengespräche und -regeln
Statt sich ständig darüber zu beschweren, was gerade in der Familie schiefläuft, kann es helfen, regelmäßig zu einem verabredeten Termin in Ruhe ein Familiengespräch zu führen, z.B. einmal in der Woche. Es sollte nicht zu lange dauern, etwa eine halbe Stunde, und fairen Kommunikationsregeln folgen. Die wichtigsten Themen, nicht zu viele, werden vorher festgelegt. Jedes Mitglied sollte dabei sein, gehört werden und ein altersangemessenes Mitspracherecht haben. Ziel wäre hier, kurze, konkrete und positiv formulierte Regeln für den Umgang miteinander, Aufgaben allgemein, aber auch bei der Diabetesbehandlung festzulegen.
Diese wenigen Regeln werden schriftlich oder als Bild festgehalten, sodass alle wissen, was verabredet wurde. Ein positiver Abschluss, z.B. ein Spiel, gemeinsames Kochen, oder etwas, was allen Freude macht, sollte dazu geplant werden. Mit Kindern kann hier Schritt für Schritt besprochen werden, was sie zu ihrer Diabetesbehandlung altersgemäß beitragen können. Und Kinder können sagen, wo und wie viel Hilfe und Erinnerung sie sich dabei wünschen. In der Hektik des Alltags wird sonst übersehen, dass eine Zwölfjährige längst sicher eine Hypo erkennen und behandeln kann und nicht wie ein fünfjähriges Kindergartenkind ständig überwacht werden muss.
Eltern haben ein Recht auf Partnerschaft
Die gute Betreuung eines Kindes mit Diabetes kostet Kraft und zwar deutlich mehr als die bei anderen Kindern. Damit Eltern ihre Batterien wieder aufladen können, benötigen sie Freiräume für eigene Interessen und ihre Partnerschaft. Es muss Zeit sein, um ungestört über Ziele und Wünsche zu sprechen, manchmal auch Konflikte zu lösen, vor allem aber, um die Beziehung zu pflegen und die Bindung zu stärken. Selbstverständlich gehören auch gute Freunde dazu und zwar ohne die ständige Sorge im Hinterkopf, was der Diabetes gerade wieder macht.
Organisieren Sie eine zuverlässige Kinderbetreuung, entweder in der Familie oder aber Babysitter mit (eigener) Diabeteserfahrung. Und versuchen Sie, in dieser Zeit nicht doch mit der Follower-Funktion zu überprüfen, ob alles okay ist. Gerade den Eltern, deren Kind schon als Kleinkind Diabetes bekommen hat, fällt es nachvollziehbar schwer, die Kontrolle über die Glukosewerte zumindest zeitweise an andere Personen abzugeben. Aber sie können es lernen, zunächst anderen Menschen und dann auch ihrem Kind zu vertrauen.
Denn auf lange Sicht werden sich alle Kinder allein und ohne Eltern erfolgreich um ihren Diabetes kümmern müssen und können. Wir müssen ihnen dafür ein gutes Vorbild sein und ihnen zutrauen, ihren Weg mit Diabetes sicher zu gehen.
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2023; 14 (2) Seite 14-16
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig