- Eltern und Kind
Studie zur Diabetes-Früherkennung
4 Minuten
Mit der Fr1da-Studie testen Wissenschaftler 100.000 Kinder in Bayern auf Typ-1-Diabetes. Ziel ist es, die Erkrankung möglichst früh zu erkennen und damit eine frühzeitige Behandlung zu ermöglichen. Auch Ansätze, die verhindern, dass Diabetes ausbricht, sollen weiter erforscht werden.
Unser Ziel ist es, dass kein Kind mit Typ-1-Diabetes mehr eine Ketoazidose bei Diagnosestellung erleidet”, sagte Studienleiterin Prof. Dr. Anette-Gabriele Ziegler bei der Auftaktveranstaltung des Studienprojektes. Fr1da steht übrigens für “Typ-1-Diabetes früh erkennen – früh gut behandeln”. Damit spricht Prof. Ziegler einen wichtigen Punkt in der Versorgung von Menschen mit Typ-1-Diabetes an: Die Erkrankung wird häufig zu spät erkannt.
Ketoazidose aufgrund später Diagnosen
Nicht selten stellen Ärzte die Diagnose erst, wenn eine lebensbedrohliche Entgleisung der Blutzuckerwerte mit einer Übersäuerung des Körpers (Ketoazidose) auftritt. Die Folgen für die Patienten können eine Behandlung auf der Intensivstation und – in manchen Fällen – sogar langfristige Schädigungen am Gehirn sein. Dazu kommt häufig eine Traumatisierung von Patienten und Angehörigen.
Typ-1-Diabetes zählt zu den Autoimmunerkrankungen. Im Blut von Erkrankten lassen sich krankheitstypische Antikörper nachweisen. Wie Professor Ziegler und ihr Team vom Helmholtz Zentrum München in jüngster Vergangenheit aufzeigen konnten, liegen die Antikörper schon lange Zeit – Monate bis mehrere Jahre – bevor Diabetes ausbricht im Blut vor. Die Erkrankung lässt sich also vorhersagen.
Ein einfacher Bluttest hilft!
Die Münchner Wissenschaftler haben nun einen einfachen Bluttest entwickelt, der in nur einem Blutstropfen aus der Fingerbeere die vier häufigsten Antikörper nachweisen kann. Bayernweit sind Haus- und Kinderärzte aufgerufen, allen Kindern im Alter von zwei bis fünf Jahren einmalig die Teilnahme an einer Diabetesfrühdiagnostik anzubieten und die gesammelten Blutproben zur Analyse an das Helmholtz Zentrum München zu senden. Die Studienteilnahme ist freiwillig und kostenlos.
Positives Testergebnis, was nun?
Bei einem positiven Testergebnis, also wenn Antikörper nachgewiesen werden können, erhalten die Betroffenen und ihre Familien eine langfristige medizinische Betreuung und umfangreiche Schulungsprogramme. Die jungen Patienten und ihre Familien werden so langsam an die Erkrankung herangeführt. So lernen sie, mit der Krankheit umzugehen und sie im Alltag zu bewältigen.
“Die Früherkennung gibt den Patienten, Familien und behandelnden Ärzten wertvolle Zeit, um sich auf den Diabetes vorzubereiten”, so Ziegler, “zum einen wollen wir durch die frühe Diagnose Komplikationen verhindern, zum anderen wollen wir mit dem Schulungsprogramm eine optimale Betreuung der Betroffenen erreichen. Denn ein gutes Selbstmanagement ist einer der wichtigsten Faktoren in der Behandlung von Typ-1-Diabetes.”
Bei Typ-1-Diabetes bildet das Immunsystem Antikörper gegen das Insulin sowie gegen zelluläre Eiweiße der insulinproduzierenden Zellen. In der Folge werden die Zellen zerstört, die Insulinproduktion versiegt.
Ein häufig geäußerter Einwand zu dem Screening-Projekt ist die Befürchtung, man nehme den Eltern und Kindern durch die frühere Diagnose Zeit der Unbeschwertheit. Dem entgegnen die Wissenschaftler, dass die Vorteile einer frühen medizinischen Anbindung mit Verhinderung von Komplikationen sowie einer Vorbereitung auf die Erkrankung in aller Regel überwiegen. Viele Betroffene berichten bei einer plötzlichen Diagnose, die eine Lebensumstellung von heute auf morgen notwendig macht, von Überforderung und Traumatisierung.
Präventionsstudien …
Die frühe Diagnose erkennt Diabetes zu einem Zeitpunkt, an dem zwar schon Autoantikörper vorhanden sind, Diabetes aber noch nicht “ausgebrochen” ist. Die Antikörper richten sich gegen die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse und zeigen eine Zerstörung dieser durch das Immunsystem an.
Dieser Prozess schreitet aber langsam voran, am Anfang der Erkrankung sind also noch intakte Zellen vorhanden. Diese produzieren noch ausreichend Insulin, um den Blutzucker im Gleichgewicht zu halten – daher zeigen sich beim Patienten noch keine Symptome.
Ein neuer wissenschaftlicher Ansatz besteht darin, den fortschreitenden Immunprozess aufzuhalten, um die Krankheit vor ihrem Ausbruch zu stoppen. Aktuell wird beispielsweise eine Art “Impfung” erforscht, um eine Gewöhnung des Immunsystems zu erreichen und die fälschliche Autoimmunreaktion einzudämmen.
Solche Präventionsstudien werden bereits durchgeführt und machen Hoffnung, Diabetes eines Tages aufhalten oder sogar heilen zu können. Geeignete Personen aus der Fr1da-Studie können an solchen Studien teilnehmen. Die Wissenschaftler hoffen, die Ansätze damit weiterentwickeln und verbessern zu können.
… und Ursachenforschung
Mit den gesammelten Daten der Fr1da-Studie wollen die Wissenschaftler auch die Ursachenforschung zu Diabetes voranbringen. Zwar lassen sich bei etwa zehn Prozent aller Menschen mit Typ-1-Diabetes genetische Risikofaktoren nachweisen und es gibt zahlreiche Hinweise auf verschiedenste Risikofaktoren aus der Umwelt (dazu zählen beispielsweise Infektionen, Kaiserschnittgeburten, Säuglingsernährung oder ein zu hohes Hygienemaß in der “westlichen Welt”).
Dennoch sind das Zusammenwirken der Faktoren und der auslösende Prozess bei der Entstehung von Typ-1-Diabetes nach wie vor unbekannt. Durch die bayernweite Probensammlung liefern die Fr1da-Daten einen einmaligen bevölkerungsbezogenen Querschnitt in dieser Altersgruppe, der wertvolle Hinweise zu ursächlichen sowie regionalen oder sozialen Zusammenhängen geben könnte.
Die Studie wird von zahlreichen Partnern und Förderern unterstützt, das nationale wie internationale medizinisch-wissenschaftliche Interesse ist enorm. Erweist sich das Screening als erfolgreich, könnte es auch in die bundesweit regelhaft durchgeführten Vorsorgeuntersuchungen (“U-Reihe”) aufgenommen werden.
Wer kann teilnehmen?
Alle Kinder in Bayern zwischen zwei und fünf Jahren.
Wie erfolgt die Untersuchung?
In einem Blutstropfen aus der Fingerbeere werden diabetestypische Antikörper bestimmt. Zudem füllen die Teilnehmer einen einseitigen Fragebogen aus. Die Teilnahme ist freiwillig und kostenlos.
Was sind die Ziele der Fr1da-Studie?
- Die Erkrankung in einem frühen Stadium erkennen und früh behandeln.
- Lebensbedrohliche Überzuckerung verhindern.
- Hilfe für die betroffenen Familien durch umfangreiche Schulungsprogramme.
- Teilnehmer für innovativen Präventionsstudien identifizieren, um Diabetes zu verhindern.
- Ängste und Unsicherheiten über Typ-1-Diabetes mindern.
- Ein normales Leben auch mit Diabetes führen.
Wer steht hinter der Studie?
Die Studie wird vom Helmholtz Zentrum München geleitet.
Kooperationspartner sind die Technische Universität München, der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. Landesverband Bayern, PaedNetz Bayern sowie das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege.
Förderer sind die US-amerikanische Förderorganisation zur Diabetesforschung JDRF, der Landesverband Bayern der Betriebskrankenkassen und die Deutsche Diabetesstiftung.
Schirmherrin der Studie ist die Bayerische Staatsministerin für Gesundheit und Pflege, Melanie Huml, MdL.
Fazit
Mit der Fr1da-Studie wird allen Kindern zwischen zwei und fünf Jahren in Bayern eine kostenlose Untersuchung zur Früherkennung des Typ-1-Diabetes angeboten. Ziel ist es, durch eine frühe Diagnose die betroffenen Kinder frühzeitig und bestmöglich zu behandeln. Wissenschaftler erhoffen sich darüber hinaus neue Erkenntnisse zu den Ursachen von Diabetes und zu neuen Strategien, um diese häufigste Stoffwechselerkrankung des Kindes- und Jugendalters aufhalten oder gar heilen zu können.
Kostenfreie Rufnummer: 0800-4648835, E-Mail: diabetes.frueherkennung@helmholtz-muenchen.de
von Dr. med. Nadja Becker
Helmholtz Zentrum München
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2015; 8 (1) Seite 8-10
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig