- Eltern und Kind
Typ-1-Diabetes im Doppelpack: Familie Fading lässt sich nicht unterkriegen
6 Minuten
Ein Kind mit Typ-1-Diabetes in einer Familie ist herausfordernd, zwei Kinder mit der Autoimmunerkrankung sind es erst recht. Aber Familie Fading lässt sich nicht unterkriegen…
Korbinian und Vinzenz sind Zwillinge – und quasi eine Mini-Selbsthilfegruppe. Denn beide haben Typ-1-Diabetes. Als die Jungs im September 2014 auf die Welt kamen, war Familie Fading aus Eichenau bereits vierköpfig: Neben Mutter Dorothea und Vater Bernhard gehörten schon die Töchter Katharina, heute 21 Jahre alt, und die heute 15 Jahre alte Franziska dazu. Klar, dass zwei Babys gleichzeitig erst einmal eine Herausforderung waren.
Korbinians Diabetes-Diagnose: „Typisches Mama-Gefühl“
Und dann kam der Typ-1-Diabetes. Korbinian war 15 Monate alt, als seine Mutter ein „typisches Mama-Gefühl“ bekam, wie sie erzählt. Sie stillte noch und konnte deshalb nicht genau feststellen, ob er mehr trank als vorher. Aber im Gegensatz zu seinem Bruder schlief er schlechter, war ein bisschen knatschiger, nahm zwar nicht ab, aber auch nicht zu. „Mein mütterliches Gefühl hat gesagt, irgendwas passt nicht.“
Dorothea Fading hatte Latein und Französisch fürs Lehramt studiert, aber auch ein Medizinstudium wäre für sie in Frage gekommen. Ihr Interesse dafür war weiter ungebrochen. So konnte sie ein bisschen mit den Symptomen anfangen – und die Recherche ihres Mannes im Internet zeigte: Es konnte wirklich Typ-1-Diabetes sein.
Da es dem kleinen Kerl sonst gut ging, nutzte sie den Sonntag noch, um ganz viele Weihnachtsplätzchen zu backen – eine Übersprungshandlung, wie sie berichtet. Denn irgendwie war ihr klar, dass ab dem folgenden Montag keine Zeit mehr dafür bleiben würde. Beim Kinderarzt bestätigte sich der Verdacht: Der Blutzucker lag bei etwa 540 mg/dl (18,0 mmol/l). Selbstverständlich ging es direkt ins Krankenhaus.


„Hervorragend geklappt“ im Kindergarten
Die Diagnose änderte das Familienleben stark. Bereits die Ankunft der Zwillinge hatte die berufliche Tätigkeit von Dorothea Fading verändert. Eigentlich arbeitete sie als Lehrerin im Gymnasium, war dann aber in die Erwachsenenbildung umgestiegen. Am Anfang konnte sie Korbinian und Vinzenz sogar in die Kurse mitnehmen. Mit dem Typ-1-Diabetes von Korbinian war erstmal all das nicht mehr möglich.
Als Korbinian in den Kindergarten kam, eröffneten sich wieder neue Möglichkeiten, sie stieg allmählich wieder ein in den Beruf. Natürlich musste sich erst einmal alles einspielen, aber das Personal dort spielte hervorragend mit, mit Unterstützung von Dorothea Fading, die im Vorfeld die Kohlenhydratmengen in den Mahlzeiten ausrechnete. Die Erziehungskräfte mussten dann nur noch die Mengen abwiegen. „Es hat wirklich fast immer hervorragend geklappt“, ist sie heute noch glücklich.
Aber in der Schule wurde es schwierig, die Mittagsbetreuung funktionierte nicht. „Es ist echt daran gescheitert, dass die noch nicht mal in der Lage waren oder sich bereit erklärt hätten, zu schauen, ob sich das Kind richtig die Kohlenhydrate eingibt.“ So organisierten ihr Mann, der Berufsschullehrer ist, und sie, dass immer einer mittags zu Hause war.
Vinzenz’ Diagnose am späten Abend
Aber Korbinian blieb ja nicht der Einzige in der Familie mit Typ-1-Diabetes. Nach seiner Diagnose hatte sich die Familie im Helmholtz Zentrum München gemeldet und bestimmen lassen, ob auch bei Vinzenz für einen Typ-1-Diabetes typische Antikörper im Blut nachweisbar waren. So war es und er nahm an der Studie Pre-POINT early teil, war aber in die Placebo-Gruppe gekommen.
Als Vinzenz sieben Jahre alt war, war er „nicht so gut beieinander“. Die Blutzuckermessung an einem späten Abend zu Hause ergab einen Wert um 430 mg/dl (23,9 mmol/l). Es ging wieder direkt ins Krankenhaus. „Das hat wirklich logischerweise gedauert, bis der arme, völlig übernächtigte Kerl um 23.30 Uhr begriffen hat, dass es jetzt leider nicht um den Bruder, sondern um ihn geht.“


Diabetes blieb nicht allein – bei Vinzenz kam Zöliakie hinzu
Jeder von den Zwillingen hat zusätzlich Erfahrungen mit weiteren Autoimmun-Erkrankungen. Korbinian entwickelte mit zwei Jahren eine autoimmunologisch ausgelöste Thrombozytopenie, er bildete keine Blutplättchen mehr. Diese hat er durch Medikamente gut überstanden und spielt für ihn heute keine Rolle mehr. Vinzenz hingegen begleitet seine zweite Autoimmun-Erkrankung: eine Zöliakie. Direkt bei der Diagnose des Typ-1-Diabetes wurde er auch darauf untersucht. Das Blut-Ergebnis war eindeutig, eine Darmbiopsie nicht nötig.
Die Diagnose der Gluten-Unverträglichkeit brachte neue Herausforderungen in die Familie. „Da wirklich komplett alles kontaminationsfrei zu halten, bringt mich auch jetzt noch teilweise an den Rand der Verzweiflung“, sagt Mutter Dorothea. Denn die übrigen Mitglieder der Familie essen auch Lebensmittel mit Gluten und es gibt auch immer wieder Gäste beim Essen.
Die strikte Trennung des Essens von Vinzenz kann dann schon schwierig werden. „Ich muss ja auch die Familie und Besuche darauf hinweisen, die das halt nicht immer checken, dass, wenn das Messer, das schon mit Gluten kontaminiert war, im Frischkäse war, dann der ganze Frischkäse kontaminiert ist.“
Wissen, was man isst und Gummibärchen als Hypo-Helfer
Vinzenz selbst hat sich damit arrangiert. Natürlich würde er auch gern mal anderes essen: „Man sieht, wie andere Leute leckeres Zeug in sich hineinstopfen, wo man denkt, vor allem ich, weil ich ja auch noch Zöliakie habe: ‚Oh, lecker, das würde ich jetzt auch gerne essen.‘“
Aber er setzt direkt hinzu: „Aber es ist auch eventuell ein Vorteil, dass man halt weiß, wenn man Diabetes hat, was man alles isst. Ob das Zucker pur ist, ob es vielleicht gesünder ist oder ob es auch, ja, ob das gut ist, was man isst, ob das halt vielleicht mal eine Ausnahme ist, was man isst, wie man das halt vor allem berechnet. Also, du kriegst halt ein Gefühl dafür.“
Die beiden Jungs sind aber auch gut aufeinander eingespielt, erzählt Korbinian: „Wenn wir zusammen sind und wollen einen Müsliriegel essen, da steht ja immer die KH drauf. Und da muss der eine nicht schauen, sondern der Zweite kann das für den anderen auch machen.“ Auch bei den „Hypo-Helfern“ unterstützen sie sich: „Wenn der eine keine Gummibärchen mehr hat, dann gibt der eine halt dem anderen.“
Setzen der Katheter nervt
Ihren Diabetes behandeln die beiden mit einem System zur automatisierten Insulin-Dosierung (AID-System). Den dazugehörigen Sensor zum kontinuierlichen Glukose-Messen (CGM) müssen die beiden nur alle zehn Tage wechseln, aber die Kanülen für die Insulinzufuhr über die Insulinpumpe halten bei ihnen nur eineinhalb bis zwei Tage. Da wünschen sie sich schon, dass sie sie seltener neu setzen müssen.
Das bestätigt auch Mutter Dorothea: „Es wäre natürlich ein absoluter Traum, wenn die Katheter mal länger halten würden, also nicht das Gewebe nach 48 Stunden zugeht.“ Beim Stechen helfen die Eltern noch, beim Benutzen des AID-Systems sonst sind die Zwillinge schon sehr selbstständig.
Gern unterwegs
Für beide Jungs haben die Eltern einen Antrag auf Anerkennung eines Grads der Behinderung gestellt – und auch für beide einen im Bereich der Schwerbehinderung erhalten. Das nutzen die zwei gern, um kostenfrei auch mal völlig allein mit öffentlichen Nahverkehrsmitteln zum Shoppen zu fahren. Der Unternehmungsgeist ist offenbar angeboren. Denn schon, bevor die Familie sechsköpfig wurde, aber auch danach, ging es oft auf Reisen.
Abhalten lassen sie sich dabei weder durch den Diabetes noch durch die Zöliakie, wie auf ihrem Blog unterwegsmitdiabeteskindern.de gut zu erkennen ist. Das europäische Ausland besucht die Familie gern, aber auch Kreuzfahrten stehen – trotz der Umweltbedenken – im Urlaubskalender. „Die haben ein traumhaftes Konzept, dass ich da diabetesmäßig nur meine Waage in eines der vielen Restaurants mitnehmen muss, kann alles abwiegen, habe ein traumhaftes glutenfreies Angebot, habe wirklich viel Auswahl“, berichtet Dorothea Fading begeistert.
Ausgefüllte Freizeit
Auch mit Mitgliedern der Eltern-Selbsthilfegruppe, die zum Diabetikerbund Bayern gehört und die Dorothea Fading inzwischen leitet, verreist die Familie seit Kurzem. Zuletzt ging es nach Paris, als Nächstes steht Straßburg auf dem Plan.
Und haben sie mal Freizeit, beschäftigt sich Vater Bernhard gern mit Oldtimern, Bierbrauen, Schafkopf-Spielen und geht auch mal mit dem Hund raus. Mutter Dorothea liest gern, spielt Klavier, bäckt und spielt auch Schafkopf. Korbinian spielt Schlagzeug, Vinzenz Klavier und Mandoline. Und die Zwillinge sind auch gern sportlich unterwegs: mit Fußball, Handball und Tischtennis.
Erschienen in: Diabetes-Anker, 2025; 73 (3) Seite 58-60
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 6 Tagen, 8 Stunden
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 23 Stunden, 20 Minuten
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 6 Tagen, 3 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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