- Eltern und Kind
Unterzuckerungen erkennen, behandeln, vermeiden
4 Minuten
Jedes Kind und jeder Jugendliche mit Typ-1-Diabetes erlebt Unterzuckerungen. Alle Eltern, die ein Kind mit Typ-1-Diabetes haben, können von Situationen berichten, in denen Unterzuckerungen aufgetreten sind. Wie lassen sich Unterzuckerungen erkennen, behandeln, vermeiden?
Durch alle Information, die Eltern und Kinder in Schulungen und Beratungen erhalten – z. B über die Insulinwirkung, über Bewegung/Sport und darüber, wie sich die Zusammensetzung der Mahlzeiten auswirkt – soll erreicht werden, dass die Glukosewerte im Zielbereich zwischen 70 und 180 mg/dl (3,9 - 10 mmol/l) bleiben und Unter- oder Überzuckerungen gar nicht oder kaum auftreten. Das Ziel ist es, weniger als eine Stunde am Tag im Bereich einer Unter- oder Überzuckerung zu verbringen.
Wann ist es eine Unterzuckerung?
Es gibt keine einheitliche Definition, wann man von einer Unterzuckerung spricht. Vielmehr ist entscheidend, wann das Kind anfängt, sich schlecht zu fühlen. Generell werden Werte unter 70 mg/dl (3,9 mmol/l) bei Menschen mit einer Insulintherapie als Unterzuckerung angesehen.
Allerdings wird dieser Bereich neuerdings nur als Aufmerksamkeitsbereich gesehen, d. h. man muss sich Gedanken machen, in welche Richtung der Wert sich entwickeln wird (Sinken, Steigen, Trendpfeile, aktives Insulin). Unter 54 mg/dl (2,5 mmol/l) wird definitiv von einer relevanten Unterzuckerung ausgegangen, d. h. es wird nicht genügend Glukose ins Gehirn transportiert. Ohne Diabetes treten Werte unter 70 regelhaft in Nüchternphasen auf.
Obwohl Eltern von Kindern mit Typ-1-Diabetes und Jugendliche versuchen, alle Faktoren zu bedenken, um einen stabilen Glukoseverlauf zu erhalten, gibt es trotzdem immer wieder Situationen mit zu niedrigen Glukosewerten.
Hypo-Symptome
Haben Kinder und Jugendliche eine Unterzuckerung, fühlen sie sich meist nicht wohl, ihr Alltag wird eingeschränkt. Deshalb ist eine Schulung zum Thema wichtig. Zu Beginn sollte besprochen werden, wie sich eine Unterzuckerung anfühlt. Anzeichen können Gesichtsblässe, zitternde Hände, Heißhunger, plötzliches Schwitzen, Müdigkeit und Wesensveränderungen (z. B. Aggressivität, Albernheit, Weinerlichkeit) sein. Diese Signale treten nie alle gemeinsam auf und können sich auch im Laufe der Zeit verändern.
Je jünger Kinder sind, desto unspezifischer sind die Anzeichen. Manchmal werden die Kinder sehr anhänglich oder müde. Sie suchen plötzlich nach Essen oder gehen zum Kühlschrank. Dies genau zu beobachten, ist wichtig, damit man auch unabhängig von Alarmen eines CGM-Systems Unterzuckerungen erkennt.
Bei einem Hinweis auf eine Unterzuckerung sollte der Glukosewert geprüft und zügig eine Behandlung eingeleitet werden. Zugleich sollte versucht werden, zu erfragen, wie sich das Kind/der Jugendliche fühlt. So kann das individuelle Warnzeichen benannt und bewusst gemacht werden. Tipp: Auf einem Körperschemabild soll das Kind ankreuzen, wo es eine Hypo spürt.
Behandlung einer Unterzuckerung
Bei einer Unterzuckerung am besten geeignet ist Traubenzucker/Dextrose. Er wirkt schnell und kann als Plättchen, Bonbon oder Flüssigkeit/Gel gegeben werden. Traubenzucker kann als „Medizin bei niedrigen Glukosewerten“ verstanden werden (das wird leider z. B. in der Apotheke immer wieder untergraben) und Insulin als Medizin, um hohe Werte zu vermeiden.
Welche Menge Traubenzucker die richtige ist, hängt vom Körpergewicht, aktiver Insulinwirkung und dem Glukoseverlauf ab. Eine internationale Leitlinie empfiehlt 0,3 g Dextrose pro kg Körpergewicht. Bei einem Kind von 20 kg wären es 6 g schnelle Kohlenhydrate. (ca. 1 Plättchen oder 2 runde Bonbons Traubenzucker).
Unterzuckerungen: Anzeigen, Ursachen, Gegenmaßnahmen
Anzeichen
- Blässe
- Zittern
- Schwitzen
- Müdigkeit
- Hunger
- Wesensveränderung wie Aggressivität, Albernheit, Weinerlichkeit
Ursachen
- Bewegung/Sport
- Verschätzen bei der Berechnung des Kohlenhydratgehalts
- Alkohol
- Stress, der zur Unterbrechung der Verdauung führt
Behandlung
- schnellwirkender Zucker, z. B. Traubenzucker als Plättchen, Bonbon oder flüssig
- 0,3 g Glukose pro kg Körpergewicht; Beispiel: 20 kg Körpergewicht x 0,3 = 6 g Traubenzucker. Das entspricht 1 Plättchen oder
2 Bonbons Traubenzucker
Wichtig ist, dass Kinder bei einer Unterzuckerung nicht wahllos Süßigkeiten, Saft oder gezuckerte Getränke zu sich nehmen: Durch das Signal des Heißhungers können sie häufig nicht rechtzeitig aufhören, sondern essen oder trinken so lange weiter, bis das Gefühl der Unterzuckerung vorbei ist. So nehmen sie häufig zu viele Kohlenhydrate auf, so dass es zu einer Überzuckerung kommt, die wiederum mit Insulin korrigiert werden muss.
Nachdem die schnellen Kohlenhydrate eingenommen wurden, sollte nach ca. 10 - 15 Minuten der Glukosewert kontrolliert werden. So lange das Kind bei Bewusstsein ist und schlucken kann, ist eine orale Behandlung möglich. Ist das Bewusstsein bereits eingeschränkt und der Glukosewert entsprechend niedrig, sollte darauf verzichtet und ggf. die Glukagon-Notfallspritze oder Glukagon-Nasenspray ( siehe S. 8) eingesetzt und ein Notarzt verständigt werden.
Unterzuckerungen vermeiden
Um Unterzuckerungen zu vermeiden, ist es wichtig, die Ursachen zu kennen. Vermehrte Bewegung und Sport führen zu einem erhöhten Glukoseverbrauch durch die Muskeltätigkeit. Die Insulintherapie kann bei geplantem Sport reduziert werden (Mahlzeiteninsulin oder Basalinsulin/Basalrate verändern und bereits vor der geplanten Bewegung verabreichen). Auch wenn die Menge an Kohlenhydraten nicht richtig eingeschätzt wurde („verschätzen“), kann es zu einem Ungleichgewicht zwischen Insulin und Kohlenhydraten kommen.
Ein dritter Grund für niedrige Glukosewerte ist der Konsum von Alkohol. Durch den Abbau des Alkohols in der Leber wird keine oder nur wenig Glukose für den Körper bereitgestellt. Dies kann besonders während des Schlafs zu Unterzuckerungen führen und unbemerkt bleiben. Eine gesonderte Schulung dazu sollte jeder Jugendliche frühzeitig erhalten.
Trägt das Kind eine Insulinpumpe mit gekoppeltem Sensor und kommt es trotz ausgelöster Schutzfunktion zu einer Unterzuckerung, sollte die Insulinabgabe nach der Hypoglykämiebehandlung fortgesetzt werden. Würde man warten, bis die Pumpe die Insulingabe entsprechend der Sensorwerte wieder automatisch startet, könnten die Glukosewerte wegen der zusätzlichen Kohlenhydrate zu hoch ansteigen.
Glukosesensoren haben zu einer neuen Sicht auf Unterzuckerungen geführt: Werte unter 70mg/dl kann entspannter entgegengesehen werden. Entscheidend ist nun die Zusammenschau zwischen Wert und Befinden. Ziel ist es, lebenseinschränkende Zustände zu vermeiden. Der Wert, in Zusammenschau mit den Trendpfeilen, gibt eine Hilfestellung, ob und wie viele Kohlenhydrate notwendig sind. Oft kann die KH-Menge deutlich geringer ausfallen als in der Zeit vor Einsatz von Sensoren.
Autorin:
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Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2020; 12 (1) Seite 12-13
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 1 Tag, 13 Stunden
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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stephanie-haack postete ein Update vor 2 Tagen, 11 Stunden
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 2 Tagen, 10 Stunden
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike