Wirbel im Krankenhaus

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Wirbel im Krankenhaus

Michael Denkinger berichtet, wie ein kleiner, ambulanter operativer Eingriff bei Luca zum Blutzuckerchaos führte, da der behandelnde Arzt sich nicht mit dem Diabetesteam abgesprochen hatte.

„Ferien sind super, könnte ich das ganze Jahr haben“, sagte Luca kurz vor der verordneten Auszeit des Kultusministeriums. Weil die Lehrerin explizit danach fragte, wiederholte er den Satz vor versammelter Klasse gleich noch mal. Nur auf eines in den Ferien freue er sich nicht – „meine Operation“.

Es war nur ein kleiner, ambulanter Eingriff, aber eine gewisse Restangst schwingt immer mit – vor allem bei den Eltern. Viele Gespräche wurden geführt, die OP zweimal von unserer Seite verschoben, weil der Junge erst erkältet war und danach einen Magen-Darm-Infekt hatte und weil infolgedessen auch die Blutzuckerwerte leicht erhöht waren. Schließlich stand der Termin fest, und auch die medizinische Vorgehensweise für Lucas Diabetes war klar: 1. Die Operation findet am frühen Morgen statt. 2. Luca verzichtet aufs Frühstück und spritzt sich kein Insulin.

Dann ging alles ganz fix: Luca bestellte noch schnell „Hähnchen mit Pommes“ zum Mittagessen und reichte meiner Frau einen Finger zur letzten Blutzuckerkontrolle: 229 mg/dl (12,7 mmol/l). Weil dieser Wert dem behandelnden Arzt zu hoch war, regte er eine Korrektur vor der OP an. Meine Frau verwies auf die mit dem Diabetesteam abgesprochene Korrektur nach der Operation und zog sich in den Warteraum zurück.

Blutzuckerchaos durch nicht abgesprochene Bolusgabe

Nach ihrer Rückkehr in den Aufwachraum wunderte sie sich über Lucas fahle Gesichtsfarbe. Die Messung bestätigte den Verdacht: Unser Sohn hatte einen Blutzuckerwert von 38 mg/dl (2,1 mmol/l). Wenig später war klar, warum: Der behandelnde Arzt hatte mit 6,0 Einheiten Bolus-Insulin korrigiert, ohne dies mit dem Diabetesteam oder uns vorher abzusprechen. Anschließend bemängelte er die „extremen Schwankungen“ der Werte und wollte unseren Sohn zur Beobachtung für eine Nacht im Klinikum behalten.

Es folgten sehr kontroverse Gespräche. Immer wieder fielen die Begriffe „Vertrauensverlust“ und „Kommunikationsdefizite“. Nachdem eine Diabetesexpertin grünes Licht gab, verließen wir noch am selben Tag das Klinikum, in dem wir uns seit der Diabetesdiagnose 2008 sehr gut aufgehoben fühlen.

Fragen blieben: Warum waren Lucas Blutzuckerwerte nach der Operation so konstant hoch? Fast eine Woche lang schlugen die Werte bei 300, teils sogar 400 mg/dl (16,7 bzw. 22,2 mmol/l) an, ganz egal, wie hoch die Korrekturdosis war (10,5 Einheiten Bolus-Insulin zum Frühstück!).

Als Lucas „riesiger Hunger“ zurückkehrte, wurde die Herausforderung noch größer. Bis zu 15-mal pro Tag kontrollierten wir Lucas Blutzuckerwert. Als hätte jemand einen Schalter gedrückt, pendelten sich die Werte wieder im Bereich von 100 mg/dl (5,6 mmol/l) ein. Nach und nach konnten wir die Insulinzufuhr reduzieren.

Im Zweifelsfall lieber nochmals nachfragen!

Erst jetzt war Zeit, um alle Gespräche genau zu rekonstruieren, die es im Vorfeld von Lucas Operation mit den Ärzten gegeben hatte. Bis zum heutigen Tage sind sich meine Frau und ich einig, dass die genaue Vorgehensweise vor dem Eingriff klar besprochen worden war.

Und doch bleibt für uns die Erkenntnis: im Zweifelsfall lieber nochmals nachfragen, erklären, aufklären und abklären, ob der Diabetesexperte im näheren Umfeld des OP-Saals präsent ist und im Notfall beraten oder die Eltern zu Rate ziehen kann. Und: Einschätzungen der Eltern müssen unbedingt ernst genommen werden.

Nur einer hat alles richtig gemacht: Luca. Er war einmal mehr ein tapferer Junge – vor der Operation und in den Wochen danach. Dass er in der ersten Zeit danach nicht einmal Fußball spielen konnte, nahm er (fast) klaglos hin, ebenso die zahlreichen Korrekturen seines Blutzuckerwertes. „Auf Krankenhaus“ hat unser Sohn „jetzt aber erstmal keine Lust mehr“.

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Im Kommentarbereich am Ende dieser Seite können Sie die Beiträge in der Kolumne Lucas Welt kommentieren, eigene Erfahrungen schildern, mitreden …

von Michael Denkinger
Michael Denkinger (43) lebt mit seiner Familie nahe Memmingen und hat drei Kinder: Luca (10 Jahre), Angelina (13) und Timo (6). Er ist Inhaber der PR-Agentur Denkinger Kommunikation.

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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