Checkliste: Worauf man beim Sport mit Diabetes achten sollte

Worauf man beim Sport mit Diabetes achten sollte
Worauf man beim Sport mit Diabetes achten sollte
Foto: SUPERMAO – stock.adobe.com

Körperliche Aktivität hilft bekanntlich dabei, den Stoffwechsel in Schwung zu bringen, die Blutzuckerwerte stabil zu halten und die Pfunde purzeln zu lassen. Doch beim Sport mit Diabetes – vor allem im Zusammenhang mit Insulin – gilt es ein paar Punkte zu beachten, mit denen sich Menschen ohne Diabetes nicht herumärgern müssen. Hier erfährst Du, worauf es besonders ankommt.

Sport hält fit, Sport macht Spaß, Sport verbessert die Insulinempfindlichkeit, Sport verbessert die Stoffwechsellage, Sport verbrennt Kalorien. Soweit so klar. Deshalb raten Ärztinnen und Ärzte landauf landab ja so hartnäckig dazu – und deshalb kann man sportliche Motivationstipps in beinahe jedem Diabetesmagazin nachlesen. Allerdings müssen Menschen mit Diabetes beim Sport eine Reihe von Dingen beherzigen, über die Stoffwechselgesunde im Traum nicht nachdenken müssen.

Sport mit Diabetes: gründlicher Gesundheits-Check, bevor es losgeht!

Wer noch nie sportlich aktiv war oder viele Jahre hindurch keinen Sport getrieben hat, sollte auf Nummer Sicher gehen und sich auf vor dem Neustart einmal in der Arztpraxis durchchecken lassen. Daraus lässt sich zum Beispiel ableiten, wie intensiv die sportliche Belastung zu Beginn sein darf.

Besonders wichtig ist dies für Menschen mit Diabetes, bei denen bereits Folgeerkrankungen festgestellt wurden. Dies gilt vor allem für Nervenerkrankungen im Fuß (diabetische Neuropathie). Wer nur noch ein eingeschränktes Empfindungsvermögen an den Füßen oder Zehen hat, sollte bei Sportarten vorsichtig sein, bei denen die Füße besonders stark beansprucht werden – zum Bespiel Wandern und Bergsteigen, Tanzen, Fußball oder Laufsportarten. Das A und O sind passende Schuhe, die keine Druckstellen verursachen. Außerdem sollte man regelmäßig seine Füße auf Verletzungen oder andere Veränderungen untersuchen. Auch die Augen sollten regelmäßig kontrolliert werden, denn manche Sportarten können den Drucks im Auge erhöhen. Hierzu zählen z.B. Training mit Kugelhanteln oder Tauchen.

Checkliste Sport mit Diabetes: Darauf solltest Du achten!

Auch wenn der Arzt oder die Ärztin grünes Licht gegeben haben, gilt es beim Sport selbst eine Reihe weiterer Punkte zu beachten:

1. Niedrige Blutzuckerwerte vermeiden

Bewegung verbraucht zusätzliche Glukose, gleichzeitig wirkt das vorhandene Insulin stärker als sonst. Folglich sinkt der Blutzuckerspiegel. Dies gilt umso mehr nach einer längeren Trainingspause und wenn neue Bewegungsabläufe noch ungewohnt sind. Wer ein Blutzuckermessgerät oder ein CGM-System zur Glukosemessung nutzt, sollte darauf achten, dass der Glukosewert vor dem Sport noch ausreichend „Luft nach unten“ hat. Dies ist z. B. bei einem Glukosewert von 160 mg/dl (8,9 mmol/l) der Fall. Welcher Glukosewert zum Start eines Trainings angestrebt werden sollte, ist allerdings individuell unterschiedlich – probieren geht auch hier über studieren! Ganz wichtig: Um Unterzuckerungen zu vermeiden, sollte man beim Sport immer schnellwirksame Kohlenhydrate in Form von Traubenzucker und/oder Saftschorle dabeihaben.

2. Zu hohe Blutzuckerwerte vermeiden

Bei Blutzuckerwerten jenseits der 250 mg/dl (13,9 mmol/l) fühlen sich die meisten Menschen nicht mehr wirklich fit. Die Beine werden bleischwer, manchmal fängt sogar das Bild vor den Augen zu flimmern an. Beim Sport können zu hohe Blutzuckerspiegel vor allem für Menschen mit Typ-1-Diabetes gefährlich sein. Denn hohe Blutzuckerwerte, die keine Anstalten machen zu sinken oder sogar noch weiter ansteigen, können ein Hinweis auf einen absoluten Insulinmangel sein, der zu einer lebensgefährlichen Übersäuerung des Blutes, einer sogenannten diabetischen Ketoazidose, führen kann. Körperliche Bewegung würde die Lage dann nur verschlimmern. Bei einem stark erhöhten Blutzuckerwert sollte man auf jeden Fall einen Ketontest machen. Zeigt der Urin- oder Bluttest erhöhte Ketonwerte an, sind statt Sport erst einmal Ausruhen, Flüssigkeitszufuhr und Insulin angesagt, um die Werte zu senken.

3. Ausreichend Abstand zwischen Mahlzeiten und Sport

Es gibt wohl kaum jemanden, der nach einem üppigen Mahl gleich aufsteht und in die Joggingschuhe schlüpft. Schließlich ist der Körper dann erst einmal mit dem Verdauen der Mahlzeit beschäftigt. Doch Menschen mit Diabetes – in erster Linie diejenigen, die zu den Mahlzeiten Insulin spritzen – sollten auch aus einem weiteren Grund ausreichend zeitlichen Abstand zwischen der letzten Mahlzeit und einer geplanten Sporteinheit einplanen. Denn Sport verbessert die Insulinempfindlichkeit, so dass weniger Insulin gebraucht wird, um die Glukose in die Zellen zu befördern. Die Wirkung des Mahlzeiteninsulins, das nach dem Essen im Blutkreislauf zirkuliert, wird also verstärkt. Damit droht eine Unterzuckerung, die sich nur mit der Einnahme von Traubenzucker oder anderen schnellwirksamen Kohlenhydraten abwenden lässt.

4. Auf die Herzfrequenz achten

Je nachdem, ob man mit moderater oder mit hoher Herzfrequenz trainiert, entwickeln sich die Glukosewerte beim Sport oft ganz anders. Bei Training mit maximaler Herzfrequenz (und übrigens auch bei Nervosität oder Aufregung bei Wettkämpfen) wird häufig das Stresshormon Adrenalin ausgeschüttet, welches den Blutzucker ansteigen lässt. Beim Ausdauertraining mit moderat erhöhter Herzfrequenz hingegen wird den Blutzucker sinken lässt. Es ist also sinnvoll, die individuelle aerobe/anaerobe Schwelle herauszufinden – etwa mit einer sportmedizinischen Leistungsdiagnostik und/oder durch Training mit einer Pulsuhr. Es gibt aber auch einen ganz einfachen Gradmesser, der zumindest näherungsweise zeigt, ob man im aeroben oder im anaeroben Bereich trainiert: Wenn man sich beim Laufen problemlos und in ganzen Sätzen unterhalten kann, ist der Puls höchstwahrscheinlich nicht so hoch, dass der Adrenalinspiegel die Glukosewerte in die Höhe treiben kann.

5. Muskelauffülleffekt nach dem Sport beachten

Nach dem Training sind die Zuckerspeicher in den Muskeln und in der Leber mehr oder weniger leer. Das ist ein Zustand, den unser sicherheitsbedachter Körper nicht lange hinnehmen möchte. Deshalb füllt er nach Ende der sportlichen Belastung diese Speicher mit Glukose aus dem Blut wieder auf, damit wieder eine eiserne Reserve für die nächste größere Anstrengung da ist. Dieser kleine Beutezug macht sich durch sinkende Blutzuckerwerte nach dem Sport bemerkbar – meist erst ein paar Stunden nach der sportlichen Belastung. Menschen mit Diabetes, die Insulin spritzen, kommen bei der nächsten Mahlzeit nach dem Sport meist mit weniger Insulin aus als sonst.

Fazit: Was bei Sport mit Diabetes zu beachten ist

Stabile Blutzuckerwerte beim Sport sind zwar kein Ding der Unmöglichkeit, aber sie fallen einem auch nicht in den Schoß. Man muss seinen Stoffwechsel schon sehr genau beobachten und analysieren – und akzeptieren, dass eine Strategie, die heute aufgeht, morgen vielleicht nicht genauso gut funktioniert. Und zwar aus Gründen, die man möglicherweise erst rückblickend verstehen wird.

Du willst Sport am liebsten zusammen mit anderen Menschen mit Diabetes treiben? Dann schaue doch mal in folgende Liste mit Diabetes-Sportgruppen in Deutschland, die die Organisation diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe zusammengetragen hat.



von Antje Thiel

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Eine Antwort

  1. Super Beitrag zu Sport, wenn man Diabetes hat. Ein Freund von mir ist bereits über 50 und hat einen diabetischen Fuß. Leider fallen daher so gut wie alle Ausdauersportarten weg. Was wäre eine gute Sportart in so einem Fall? Danke für die Details und die Mühe, die in diesem Artikel stecken.

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