- Ernährung
Fett und Eiweiß berechnen – aber wie?
3 Minuten
Auch Eiweiß und Fett wirken auf den Blutzucker. Wann und wie müssen sie berechnet werden? Das weiß Dr. Bernhard Lipp-mann-Grob, Diabetologe am Diabetes Zentrum Mergentheim.
DJ: Herr Dr. Lippmann-Grob, was versteht man unter einer FPE?
Dr. Lippmann-Grob: Neben Kohlenhydraten können auch Fett und Eiweiß den Blutzucker erhöhen. Zur Berechnung der erforderlichen Insulindosis dient die Fett-Protein-Einheit, kurz FPE. Sie entspricht 100 Kilokalorien aus Fett und Eiweiß. Berechnet wird sie entweder aus dem Kaloriengehalt von Fett (mit 9 Kilokalorien pro Gramm) und Eiweiß (mit 4 Kilokalorien pro Gramm) oder aus dem Gesamtenergiegehalt abzüglich des Kaloriengehalts der Kohlenhydrate mit 4 Kilokalorien je Gramm. Die Insulindosis für eine FPE orientiert sich am entsprechenden KE- oder BE-Faktor.
DJ: Wie sinnvoll ist es, die FPE bei der Kalkulation der Insulinmenge zu verwenden?
Dr. Lippmann-Grob: Dazu muss zunächst der genaue Berechnungsweg für einen BE- oder KE-Tagesplan betrachtet werden. Dafür geht man davon aus, dass zu den jeweils 10 bis 12 Gramm Kohlenhydraten, die im Schnitt zwischen 40 bis 48 Kilokalorien enthalten, noch die Energiegehalte aus Fett und Eiweiß gehören. Eine gesonderte Berechnung eines Fett-Eiweiß-Gemisches ist nur sinnvoll, wenn die ursprünglich der Berechnung zugrunde liegende Relation von Kohlenhydraten auf der einen und Fett und Eiweiß auf der anderen Seite deutlich zugunsten von Fett und Eiweiß verschoben ist.
So viel erst mal zu den theoretischen Grundlagen. Praktischer Hintergrund: Betroffene stellen selbst fest, dass ein kohlenhydratfreies Abendessen, beispielsweise Salat mit Steak oder Putenbrust, Tomate-Mozzarella ohne Brot oder Rührei mit Schinken, einen Blutzuckeranstieg verursacht. Der Grund: Fette verursachen eine gewisse Insulinresistenz. Ferner wird ein Teil der Aminosäuren (Eiweißbausteine) aus dem Fleisch oder Ei in der Leber in die Zuckerneubildung, die Glukoneogenese, eingeschleust.
Diese verstärkte Zuckerneubildung in der Leber kann nur durch zusätzliches Insulin unterdrückt werden. Deshalb wird auch für eine kohlenhydratfreie Mahlzeit eine bestimmte Insulinmenge benötigt. Diese richtet sich nach dem Energiegehalt der gegessenen Eiweiß- und Fettmenge, die sich als FPE erfassen lässt.
DJ: Was ist dabei zu beachten?
Dr. Lippmann-Grob: Die FPE sollte nur verwendet werden, wenn die normalerweise mit BE oder KE bereits erfasste zusätzliche Kalorienmenge deutlich überschritten wird. Zu einer BE oder KE gehören knapp 50 Kilokalorien Fett-Eiweiß-Gemisch. In der FPE werden allerdings 100 Kilokalorien Fett-Eiweiß-Gemisch erfasst. Die Insulinmenge für eine FPE sollte verzögert, etwa nach ein bis vier Stunden, abgegeben werden, denn Fett verzögert die Magenentleerung. Andererseits gibt es die Zuckerneubildung aus Eiweiß mittels Umweg über die Leber. Die erforderliche Insulinmenge für eine FPE ist umstritten. Sie reicht von älteren Angaben wie 0,5 Einheiten pro FPE nach Howorka aus dem Jahre 1987 bis hin zu Mengen wie für eine BE oder KE nach Kordonouri von 2010.
- 427 kcal (1787 kJ)
- 35 g Kohlenhydrate
- 23 g Fett
- 20 g Eiweiß
1. Möglichkeit: Fett-Kalorien: 23 g x 9 kcal = 207 kcal+ Protein-Kalorien: 20 g x 4 kcal = 80 kcal, Kalorien aus Fett und Protein zusammen: 287 kcal, FPE: 287 : 100 = 2,8
2. Möglichkeit: Kohlenhydrat-Kalorien: 35 g x 4 kcal = 140 kcal, 427 kcal (Gesamtkalorien) – Kohlenhydrat-Kalorien =Fett-Protein-Kalorien: 287 kcal, FPE: 287 : 100 = 2,8
DJ: Welche Praxistipps haben Sie für Diabetes-Journal-Leser?
Dr. Lippmann-Grob: Nach unserer Erfahrung im Diabetes Zentrum Mergentheim ist für Erwachsene ein FPE-Faktor in der Größenordnung wie ein BE- oder KE-Faktor zu groß. Ich empfehle, vom älteren FPE-Faktor (0,5 Einheiten Insulin) auszugehen und ihn entsprechend den Verläufen anzupassen. Grundvoraussetzung für eine gute Erarbeitung ist die möglichst genaue Schätzung des Energiegehalts. Ferner ist eine gute Dokumentation der Einflussfaktoren wie Größe des Fleischstücks, Verzögerungsdauer, Begleitumstände wichtig. Dazu, insbesondere zu Beginn, auch der Verzicht auf begleitenden Alkoholgenuss.
So lassen sich in der Zusammenschau mehrerer Versuche individuelle, tageszeitabhängige FPE möglichst sauber herausarbeiten. Das Ausmaß des Blutzuckeranstiegs unterliegt jedoch individuellen Schwankungen und sollte durch Blutzuckermessungen überprüft werden. Die verzögerte Insulinabgabe ist nur mit einer Insulinpumpe über einen verzögerten, sprich verlängerten oder dualen Bolus, durchführbar. Bei der intensivierten Insulintherapie muss der Blutzuckeranstieg später korrigiert werden.
DJ: Herr Dr. Lippmann-Grob, wir danken Ihnen für diese Tipps.
Das Interview führte Dr. Astrid Tombek.
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2014; 63 (12) Seite 30-31
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gingergirl postete ein Update vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus -
hexle postete ein Update vor 1 Woche, 2 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 4 Tagen, 7 Stunden
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*
LG Sndra
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG