Lässt sich die Darmflora beeinflussen?

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Lässt sich die Darmflora beeinflussen?

Die Darmflora wird heute häufig auch Mikrobiom genannt. Mit Mikrobiom ist eigentlich die Masse aller Mikroorganismen im menschlichen Körper gemeint. Erkenntnisse darüber sind durch neue technische Möglichkeiten in den letzten Jahren gewachsen; viele offene Fragen könnten dadurch nun vielleicht beantwortet werden. Dr. Astrid Tombek kennt den aktuellen Stand der Forschung.

Schnell erklärt
Mikrobiom: häufige Bezeichnung für die Darmflora; eigentlich Masse der Mikroorganismen im menschlichen Körper

Präbiotika: Bestandteile von Lebensmitteln, die die Darmbakterien beeinflussen können

Probiotika: Bakterien, die gegessen werden und sich im Darm ansiedeln sollen

Im Darm von gesunden Menschen herrscht eine große Artenvielfalt (Biodiversität) – das haben Forscher herausgefunden. Und es gibt Erkenntnisse, dass die Darmflora bei gesunden Menschen aus anderen Keimen zusammengesetzt ist als bei Kranken. Nicht eindeutig klar ist, ob negative Keime mit einer geringen Artenvielfalt krank machen oder ob in einem kranken Organismus günstige Keime in einer hohen Artenvielfalt nicht überleben können.

Fakt ist, dass Menschen mit Übergewicht und Diabetes weniger günstige und mehr ungünstige Bakterien im Darm haben. Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes findet sich dabei neben einer reduzierten Vielfalt insbesondere ein Rückgang von Bakterien, die kurzkettige Fettsäuren wie Buttersäure oder Propionsäure bilden. Kurzkettige Fettsäuren spielen eine große Rolle in der Regulation von Entzündungsprozessen.

Einfluss des Essens auf das Mikrobiom

Seit langer Zeit ist bekannt, dass eine ballaststoffreiche Lebensmittelauswahl sich positiv auf die Insulinresistenz (Unempfindlichkeit der Körperzellen für Insulin) bei Typ-2-Diabetes auswirkt. Die klassischen Hafer- oder Ballaststofftage werden heute deshalb wieder gern eingesetzt, um eine massive Insulinresistenz zu behandeln.

Viele Studien belegen den Vorteil von Ballaststoffen. Welche Wirkmechanismen dafür jedoch genau verantwortlich sind, ist zum Teil noch fraglich. Schon 1908 ging der Nobelpreis an Ilja Iljitsch Metschnikow, der zu diesem Thema forschte und schrieb: „… die lange Lebenserwartung einiger Ethnien ist die Folge einer Balance zwischen pathogenen und nonpathogenen Darmbakterien durch Konsumtion von fermentierter Milch mit darin lebenden Mikroorganismen.“ Dies war der Grundstein für die Erkenntnis, dass Darmbewohner im menschlichen Körper eine wichtige Rolle spielen.

Neuere Studien bestätigen, dass mit einer Gewichtsabnahme auch eine Verbesserung bei den positiven Bakterien einhergeht. Andere Studien befassen sich mit den Inhaltsstoffen der Ernährung und welchen Einfluss sie auf das Mikrobiom haben könnten. Lebensmittel, die die Darmflora beeinflussen können, werden häufig Präbiotika genannt.

Es sind im klassischen Sinn Lebensmittel oder Lebensmittelinhaltsstoffe, die sich günstig auf die Darmbewohner auswirken, da sie unverdaut in die tieferen Darmabschnitte gelangen und dort Bakterien als Nahrung dienen. Durch die Versorgung der Darmbakterien mit Präbiotika werden sowohl ihre Arten als auch ihre Anzahl beeinflusst.

Was sind Präbiotika? Und wie wirken sie?

Als besonders wirksame Präbiotika gelten Oligosaccharide wie Inulin, Frukto-Oligosaccharide (FOS) und Galakto-Oligosaccharide (GOS), die z. B. in Chicorée, Artischocken, Lauch, Knoblauch, Zwiebeln, Weizen, Roggen, Bananen, Topi­nam­bur, Hafer, Gerste, Sojabohnen, Mais und Schwarzwurzeln vorkommen. Auch Muttermilch hat einen hohen Anteil an GOS.

Durch Präbiotika wird die Konzentration an kurzkettigen Fettsäuren erhöht, zudem stimulieren sie das Wachstum von Bifidobakterien und Lakto­bazillen, die als günstige Keime gelten. Sie vermindern außerdem das Eindringen von krankmachenden Keimen in die Darmschleimhaut.

Folgende Ballaststoffe können als Präbiotika wirken: Flohsamenschalen, Leinsamen, Akazienfasern, Weizenkleie, resistente Stärke, Frukto- und Galakto-Oligosaccharide, Amylopektin, Citruspektin, Vollkornhirse, Buchweizen, Erdmandeln, Baobab (Affenbrotbaum). Dies erklärt auch, warum Ballaststoffe so wichtig in der Ernährung bei Typ-2-Diabetes sind und warum Ballaststofftage so effektiv sind bei einer Insulinresistenz.

Es gibt aber auch Nährstoffe, die negative Einflüsse auf das Mikrobiom haben. Dazu gehört Eiweiß in extremen Mengen, wie sie Kraft­sportler oft verzehren. Aber sehr strikte Low-Carb-Diäten sowie eine Ernährung mit sehr hohem Fettanteil, raffinierten Kohlenhydraten und Stärke (also mit vielen Weißmehlprodukten, Süßigkeiten, süßen Getränken und eine Fülle an Fertiggerichten) sind ungünstig.

Die Wirkung von Probiotika auf das ­Mikrobiom

Bei Probiotika, also Bakterien, die gegessen werden und sich im Darm ansiedeln, ist die Studienlage sehr unterschiedlich. Probiotika können Lebensmitteln zugesetzt sein – ein Beispiel sind probiotische Joghurts – oder sie werden als Nahrungsergänzungspräparate angeboten. Meistens sind Synbiotika im Handel, die sowohl probiotische Keime als auch präbiotische Wirkstoffe enthalten.

Forscher wollen durch den Einsatz von Probiotika folgende positive Effekte gesehen haben: niedriger Body-Mass-Index (BMI), eine reduzierte Übergewichtsentwicklung und reduzierte Gewebeentzündung sowie eine verminderte Insulinresistenz. Ferner tragen Probiotika dazu bei, die physiologische Darmbarriere zu erhalten, und wirken Entzündungen entgegen.

Eine zusammenfassende Analyse vieler Studien kam zu dem Ergebnis, dass es keine Zusammenhänge mit Molkereiprodukten gab. Dennoch bewerten Experten Naturjoghurt als positiv, weil mit dem Konsum von Joghurt ein geringeres Risiko für Typ-2-Dia­betes verbunden war. Menschen mit Typ-2-Diabetes zeigten in diesen Studien eine geringere Leberverfettung.

Allerdings scheinen Probiotika nicht bei allen Menschen gleich gut zu wirken: In der Gruppe der Resisters überlebten die Probiotika im Darm nicht, bei den Persisters hingegen schon. Die Forscher schließen daraus, dass nicht für jeden Menschen der Einsatz von Probiotika sinnvoll ist und dass sie im schlimmsten Fall auch bei dem einen oder anderen schädlich sein könnten.

Die Gene spielen eine zentrale Rolle

Eine genetische Veranlagung gibt vor, welche Arten von Bakterien im Darm vorherrschen und ob bzw. welche Arten durch die Nahrungs- oder Ergänzungsmittel überleben können. Eine ungünstige Ernährung und Erkrankungen wie Übergewicht und Typ-2-Diabetes beeinflussen das Darmmilieu negativ.

Eine ballaststoffreiche Ernährung dagegen wirkt sich positiv auf den Typ-2-Dia­betes aus. Konkret heißt das: Sinnvoll ist eine betont pflanzenhaltige, ballaststoffreiche Lebensmittelauswahl. Auch ist es empfehlenswert, weniger Fleisch (besonders rotes Fleisch) zu essen, da sonst die Artenvielfalt gehemmt wird.

Schwerpunkt: „Vom Essen und Fasten bei Diabetes“

von Dr. Astrid Tombek
Dr. Astrid Tombek, Diabetes- und Ernährungsberatung,
Diabetes Zentrum Mergentheim,
Theodor-Klotzbücher-Straße 12, 97980 Bad Mergentheim,
Tel.: 0 79 31/5 94-1 61,
E-Mail: ­ tombek@diabetes-zentrum.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2019; 68 (6) Seite 30-32

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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