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Eine überwältigend große Anzahl Ärztinnen und Ärzte fordern in einem Offenen Brief an Bundesregierung Maßnahmen gegen Fehlernährung. Auch Krankenkassen und Fachgesellschaften unterstützen dieses Ansinnen.
Mehr als 2.000 Ärztinnen und Ärzte fordern von der Bundesregierung wirksame Maßnahmen gegen Fehlernährung. Es sei höchste Zeit, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel und die zuständigen Ministerinnen und Minister „ernst machen“ mit der Prävention von Fettleibigkeit, Diabetes und anderen chronischen Krankheiten, heißt es in einem Offenen Brief, den ein breites Bündnis aus 15 Ärzteverbänden, Fachorganisationen und Krankenkassen unterstützt.
In dem Schreiben fordern die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner eine verständliche Lebensmittelkennzeichnung in Form einer Nährwert-Ampel, Beschränkungen der an Kinder gerichteten Lebensmittelwerbung, verbindliche Standards für die Schul- und Kitaverpflegung sowie steuerliche Anreize für die Lebensmittelindustrie, gesündere Rezepturen zu entwickeln – etwa durch eine Sonderabgabe auf gesüßte Getränke. Unter den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern sind mehr als 1.300 Kinder- und Jugendärzte, 222 Diabetologen und 58 Professoren der Medizin.
„In Sachen Prävention ist Deutschland ein Entwicklungsland. Während zahlreiche andere Staaten in Europa im Kampf gegen Fehlernährung bei Kindern und Jugendlichen die Lebensmittelwirtschaft in die Pflicht nehmen, setzt die Bundesregierung weiterhin auf freiwillige Vereinbarungen mit der Industrie und auf Programme für Ernährungsbildung. Das ist die falsche Strategie“, erklärte Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ).
Die Unterschriftenaktion hatte der Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) gemeinsam mit der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Verbraucherorganisation foodwatch gestartet.
Zahlreiche Fachorganisationen haben sich angeschlossen:
„Vermisst jemand von Ihnen in Restaurants die Raucher? Ich nicht. Ging das Abendland unter? Oder die freie Wirtschaft? Nein. Klare gesetzliche Rahmenbedingungen zur Prävention helfen uns allen, gesünder zu bleiben. Seit Jahren wird politisch gestritten und privat zugenommen. Gesundheit ist ein Mix aus Eigenverantwortung, Aufklärung und gesellschaftlichen Regeln. Deshalb ist es höchste Zeit für wirksame Zuckersteuer, konsequente Werbeverbote und eine sinnliche und humorvolle Vermittlung von Gesundheitskompetenz in den Schulen“, erklärte der Arzt und Wissenschaftsjournalist Eckart von Hirschhausen.
„Zucker-Getränke sind keine Durstlöscher, sondern Dickmacher. Wenn nur noch halb so viel Zucker in Limonade drin ist, bleibt sie immer noch süß. Und niemand wird etwas vermissen. Wetten?“
Laut Robert Koch-Institut gelten 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland als übergewichtig oder adipös. Im Vergleich zu den 1980er- und 1990er-Jahren hatte der Anteil übergewichtiger Kinder um 50 Prozent zugenommen, der Anteil adipöser Kinder hatte sich verdoppelt. Im letzten Jahrzehnt sind diese Zahlen nicht weiter angestiegen, haben sich jedoch auf dem hohen Niveau stabilisiert. Bei Erwachsenen gelten 67 Prozent der Männer und 53 Prozent der Frauen als übergewichtig sowie 23 Prozent der Männer und 24 Prozent der Frauen als adipös.
Besorgniserregend sind auch die Zahlen der Diabetes-Erkrankungen: In Deutschland leben derzeit 6,7 Millionen Menschen mit Diabetes – eine Steigerung um etwa 38 Prozent seit Beginn des Jahrtausends, altersbereinigt um etwa 24 Prozent.
„Den Tsunami der Lebensstilerkrankungen kann man nicht mit kosmetischen Maßnahmen stoppen. Die Bundesregierung sollte endlich umsetzen, was Weltgesundheitsorganisation und Fachleute seit Jahren fordern: Die gesunde Wahl muss zur einfachen Wahl werden. Dazu gehören eine verständliche Lebensmittel-Ampel und eine Abgabe auf gesüßte Getränke“, erklärte Dietrich Garlichs, Beauftragter des Vorstands der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG).
Dass die „Kehrtwende in der Adipositas-Epidemie“ nicht mithilfe „freiwilliger Selbstverpflichtungen der Lebensmittelwirtschaft“ gelingen werde, zeige etwa die „Erfahrung beim Thema an Kinder gerichtete Werbung“, erklärten die Autorinnen und Autoren des Offenen Briefs. Die von der Bundesregierung geplante Strategie zur freiwilligen Reduktion von Zucker, Fett und Salz in Lebensmitteln sei „zwar begrüßenswert“, der zu erwartende Effekt jedoch „sehr begrenzt“.
Quelle: gemeinsame Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) und von foodwatch
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