Passt Alkohol bei Diabetes?

4 Minuten

© boule1301 - stock.adobe.com
Passt Alkohol bei Diabetes?

Alkohol kann entspannend wirken, schmeckt vielen Menschen und gehört, besonders in Gesellschaft, meistens mit dazu. Im Zusammenhang mit Diabetes sind in Bezug auf Alkohol ein paar Aspekte zu bedenken, abhängig vom Diabetes-Typ und der aktuellen Diabetes-Therapie.

Alkoholische Getränke gelten heute in unserer Gesellschaft als legalisierte Drogen, deren Konsum auf der ganzen Welt verbreitet ist. Der durchschnittliche Alkohol-Konsum liegt weltweit bei jährlich 6,2 Liter reinem Alkohol pro Kopf. Laut Daten der NACoA (National Association for Children of Alcoholics, Interessenvertretung für Kinder aus Suchtfamilien) liegt der jährliche Pro-Kopf-Konsum hierzulande bei derzeit 10,6 Liter reinem Alkohol.

Neben seiner berauschenden Wirkung hat Alkohol einen hohen Energiewert von 7 Kilokalorien pro Gramm. Wird etwas Alkoholhaltiges konsumiert, wird die Freigabe von Zucker aus der Leber blockiert. Gleichzeitig wird die Empfindlichkeit gegenüber Insulin höher. Wie verhalten sich Menschen mit Diabetes im Hinblick auf Alkohol?

Alkohol beeinflusst den Blutzucker über Stunden

Wenn die Feste so gefeiert werden, wie sie fallen, ist Wissen zur Wirkung des Alkohols im Körper bedeutsam, um sich nicht in Gefahr zu bringen. Alkohol verhindert die Ausschüttung von Glukose aus der Leber über Stunden. Abhängig von der aufgenommenen Menge kann dadurch der Blutzucker abfallen oder stark schwanken. Im Fall einer Insulin-Therapie kann es zu Unterzuckerungen (Hypoglykämien) kommen, welchen gezielt entgegengewirkt werden sollte.

Folglich rät man Menschen mit Typ-1-Diabetes und Menschen mit Typ-2-Diabetes mit Insulinbehandlung zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol. Ferner sollte er als Genussmittel betrachtet werden und nicht täglich zum Leben dazugehören.

Wie viel Alkohol ist tolerabel?

Als Grenzwerte gelten bei Frauen eine maximale Menge von 10 Gramm und bei Männern von 20 Gramm Alkohol pro Tag. Allerdings werden Alkoholika vom weiblichen Körper langsamer abgebaut als vom männlichen. Wenn ein höheres Körpergewicht vorliegt, sind alkoholische Getränke zusätzliche Kalorien, die das Gewicht unnötig belasten. Alkohol ist deshalb bei einer gewollten Gewichtsabnahme ungeeignet.

Unterzuckerungen mit Kohlenhydraten vorbeugen

Idealerweise sollte Alkoholgenuss an eine Mahlzeit mit Kohlenhydraten geknüpft sein, um einer Unterzuckerung vorzubeugen. Zudem zeigt ein Blick auf die Blutzuckerwerte, ob Gegenmaßnahmen für zu hohe oder zu niedrige Blutzuckerwerte erforderlich sind. Kommt beim Alkoholkonsum zusätzlich Bewegung ins Spiel, wie beim Tanzen oder einer langen Wanderung, werden die Zucker-Reserven im Körper zusätzlich verbraucht und das Risiko für eine Unterzuckerung steigt. Erschwerend kommt hinzu, dass Alkohol den Körper entwässert, was den Flüssigkeitsbedarf erhöht.

Es kommt auch darauf an, welche Art Alkohol konsumiert wird. Mixgetränke wie Wodka-Orange oder Cocktails mit süßen Zutaten liefern einen hohen Anteil schneller Kohlenhydrate, mit der Folge entsprechender kurzfristiger Blutzucker-Anstiege und eines erhöhten Risikos für nächtliche Unterzuckerungen. Zum Alkohol etwas zu essen, verzögert dessen Aufnahme im Magen und dämpft die Reaktionen teilweise ab. Auch eine Kombination mit Mineralwasser, Gemüsesäften oder Fruchtstücken wäre ein praktikabler Kompromiss.

Je besser informiert, desto besser der Umgang mit Bier und Co

Für unerfahrene Gemüter im Umgang mit Alkohol empfiehlt sich, begleitet zu sein von jemandem, der sich mit Unterzuckerungen und ihrer Behandlung auskennt. So lässt sich bei Bedarf schnell Hilfe leisten. Die Anzeichen der Hypoglykämie können auch mit Trunkenheit verwechselt und unbehandelt, gerade bei Jugendlichen, lebensbedrohlich werden. Einen Diabetes-Ausweis dabeizuhaben, ist ebenfalls sinnvoll.

Praxis-Tipps zum Umgang mit Alkohol

  • Kontrollieren Sie ihre Blutzuckerwerte öfter, wenn Sie Alkohol trinken.
  • Nehmen Sie, wenn Sie eine Insulintherapie durchführen, keine zu starken Korrekturen der Blutzuckerwerte vor. Halten Sie sie lieber etwas höher.
  • Eine Begleitung sollte in den Umgang mit Diabetes eingeweiht sein und gegebenenfalls, vor allem bei Unterzuckerungen, helfen können.
  • Ein eigenes Limit für die Alkoholmenge ist sinnvoll. Es gilt, sich dann auch daran zu halten.
  • Es ist sinnvoll, während des Alkoholgenusses Lebensmittel mit Kohlenhydraten zu essen, um das Risiko für eine Unterzuckerung zu senken.
  • Empfehlenswert ist, schnell wirksame Kohlenhydrate zur Behandlung einer Unterzuckerung dabeizuhaben.
  • Geben Sie sich vor dem Schlafengehen keinesfalls mit einem Blutzucker unter 180 mg/dl (10,0 mmol/l) zufrieden, sondern essen Sie in diesem Fall noch etwas Kohlenhydrathaltiges.
  • Ein Diabetes-Notfall-Armband oder ein Hinweis beziehungsweise ein Diabetiker-Ausweis im Geldbeutel ist für den Notfall hilfreich. Rettungskräfte können somit gezielt und schnell helfen. Denn Ihre Sicherheit geht auch beim Feiern immer vor.

Wie lässt sich der Tag nach dem Alkoholgenuss mit Diabetes managen?

Vor der Nachtruhe sollte unbedingt der Blutzucker kontrolliert werden und keinesfalls unter 180 mg/dl (10,0 mmol/l) liegen, eher höher. Bei der Verfügbarkeit eines kontinuierlichen Glukose-Mess-Systems sollte der Alarm unbedingt eingeschaltet und nicht auf stumm geschaltet sein, um vor einer nächtlichen oder morgendlichen Hypoglykämie geschützt zu sein. Um den Alarm wirklich zu hören, kann man den Alarmgeber in ein Glas stellen, um das Geräusch zu verstärken.

Begründet durch den langsamen Alkoholabbau mit nur 0,1 Promille pro Stunde kann auch eine verzögerte Hypoglykämie bis zu 24 Stunden nach dem Alkoholkonsum auftreten. Zum Schutz vor nächtlichen Hypoglykämien kann eine kleine Menge Kohlenhydrate vor dem Schlafengehen gegessen werden. Alternativ lässt sich die Insulindosis nach unten anpassen. Vor dem Schlafengehen empfiehlt es sich, viel Wasser zu trinken, um den Folgen einer Entwässerung, Muskelkrämpfen und dem gefürchteten “Kater” entgegenzuwirken.

Bereits kleine Mengen Alkohol beeinflussen den Diabetes

Wenn in einer ausgelassenen Feierlaune eine ordentliche Mahlzeit vergessen wurde, kann das schwere Folgen haben. Ob Faschingszeit, Geburtstag oder Hochzeit: Bei größeren Mengen Alkohol können Leber und Muskulatur als Organe, die sonst zuverlässig Zucker speichern und abgeben, ihrer eigentlichen Aufgabe nicht nachkommen. Gehirn und Muskulatur benötigen ständig Energie, doch Alkohol hemmt diese Prozesse. Wirkt gleichzeitig Insulin im Körper, verstärkt sich dieser Effekt.

Wichtig zu wissen ist, dass in dieser Situation das blutzuckersteigernde Hormon Glukagon, als Medikament gegeben als Nasenspray oder Spritze, nicht wirken kann, da die Leber durch den Alkohol blockiert wird. Diese gestörte Zucker-Abgabe aus der Leber beginnt bereits ab einem Blutalkohol-Spiegel von 0,45 Promille. Wie lange diese Stoffwechselprozesse unterdrückt werden, hängt vom Alkoholkonsum ab und, ob etwas Kohlenhydrathaltiges dazu gegessen wurde. Therapien, die das Risiko für Unterzuckerungen besonders erhöhen, stellen Insulin-Behandlungen und Tabletten mit Sulfonylharnstoffen oder Gliniden dar. Kontrollen des Blutzuckers zwischendurch geben Sicherheit.

Komasaufen bei Diabetes besonders gefährlich

Komasaufen, also in kurzer Zeit sehr viel Alkohol zu trinken, ist ein Trend, der oft mit jungen Erwachsenen in Verbindung gebracht wird. Er ist bei Menschen mit Typ-1-Diabetes mit einem enormen Risiko verknüpft. Es bedeutet nicht, dass überhaupt kein Alkohol zum Leben dazugehören sollte. Jedoch empfiehlt es sich, trotzdem vorsichtiger zu sein als Altersgenossen ohne Diabetes.


von Dr. Nicola Haller

Avatar von nicola-haller

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2023; 72 (3) Seite 29-31

 

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Ähnliche Beiträge

EASD-Jahrestagung 2025: Die Diabetes-Forschung der Welt in Wien

Zur 61. Jahrestagung der Europäischen Gesellschaft für Diabetesforschung (EASD) traf sich die Diabetologie im September 2025 in Wien. Live waren 13 855 Personen dabei, im Internet verfolgten 1354 den Kongress.
EASD-Jahrestagung 2025: Die Diabetes-Forschung der Welt in Wien | Foto: EASD

4 Minuten

Nachgefragt Recht | Nur in besonderen Situationen: Mehrkosten für Ernährung geltend machen

Manche Menschen benötigen aus gesundheitlichen Gründen eine kostenaufwendige Ernährung. Allerdings kann man diese Mehrkosten in Deutschland nur im Ausnahmefall bei Sozialamt, Krankenkasse oder Finanzamt geltend machen. Hier fassen wir die Möglichkeiten zusammen.
Nachgefragt Recht | Nur in besonderen Situationen: Mehrkosten für Ernährung geltend machen | Foto: New Africa - stock.adobe.com

3 Minuten

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Community-Frage

Mit wem redest du
über deinen Diabetes?

Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Community-Feed

  • Wir freuen uns auf das letzte virtuelle Community-MeetUp des Jahres! 🎄Morgen, Donnerstag, um 18 Uhr. Alle Infos findet ihr hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-dezember-2/

  • Hey, brauche Eure Hilfe. Habe den G7 genutzt. Als der über mehrere Monate (Frühjahr/Sommer 2025) massive Probleme (teils Abweichungen von 150 mg/dL, Messfaden schaute oben heraus) machte bin ich zum G6 zurückgegangen. Dessen Produktion wird nun eingestellt. Ich habe solche Panik, wieder den G7 zu nutzen. Habe absolut kein Vertrauen mehr in diesen Sensor. Aber mit meiner TSlim ist nur Dexcom kompatibel. Ich weiß nicht was ich machen soll, ich habe solche Angst.

    • Mit “meinem” Omnipod 5 wird der Dexcom G7 Ende 2026 voraussichtlich der einzige verfügbare Sensor sein.

      So richtig begeistert über die Einstellung des G6 bin ich auch nicht, auch wenn es absehbar war.
      Ich habe einfach die Hoffnung, dass die Qualitätsprobleme beim G7 bis dahin ausgestanden sind.

      Ich warte das Thema noch einige Monate ab.
      Wenn ich Ende 2026 feststelle, dass die Kombination aus meiner Pumpe und dem CGM für mich nicht funktioniert, bin mir sicher, dass meine Diabetes-Ärztin und ich eine gute Lösung für mich finden.

      Hier habe ich aufgeschnappt, dass für die t:slim wohl eine Anbindung des Libre 3 in der Mache ist:
      https://insulinclub.de/index.php?thread/36852-t-slim-mit-libre-3-wann/
      Leider steht keine überprüfbare Quelle dabei. 🤷‍♂️

      Ein weiterer mir wichtiger Gedanke:
      Angst und Panik sind in diesem Zusammenhang vermutlich keine hilfreichen Ratgeber. Hoffentlich schaffst Du es, dem Thema etwas gelassener zu begegnen.
      (Das sagt der Richtige: Ich habe in meinem letzten DiaDoc-Termin auch die Hausaufgabe bekommen, mal zu schauen, was mir gut tut.)

    • @ole-t1: Hey Ole, ganz lieben Dank für Deine Nachricht. Die Produktion des G6 endet laut einem Artikel auf dieser Seite ja zum 1. Juli 2026. Wann der Libre3 mit der TSlim kompatibel sein wird weiß man ja noch nicht. An sich gefällt mir Dexcom auch besser als Libre und die erste Zeit lief der G7 ja auch super bei mir. Ich kann mir schwer vorstellen, dass der G7 von heute auf Morgen nicht mehr bei mir funktioniert? Es gab ja auch das Gerücht das Dexcom eine zeitlang Produktionsprobleme hatte, dass wäre ja eine Erklärung, aber da geht Dexcom natürlich auch nicht mit hausieren.

    • @bloodychaos: Moin, ich benutze den G 7 seit Dezember 2022 (vorher G 6). Seit Dezember 2024 in Kombination mit der t:slim X 2 Ja, es hat immer mal wieder einen Sensor gegeben, der nicht richtig funktioniert hat . Dann wurde ein neuer gesetzt, der Vorfall an Dexcom gemeldet und es gab dann wenige Tage später einen neuen Sensor.
      Wie ole-t1 schon geschrieben hat, erst einmal die Ruhe bewahren und nicht in Panik verfallen. Alle auf dem Markt erhältlichen Sensoren haben Schwankungen in der Genauigkeit ihrer Angaben. Wichtig ist daher zu beurteilen, ob das, was der Sensor anzeigt, überhaupt sein kann.
      Zum Beispiel durch blutiges Nachmessen (dabei bitte dran denken, dass der Gewebezucker, den die Sensoren messen, rd. 20-30 Minuten hinter dem Blutzucker hinterher hinkt).

  • loredana postete ein Update vor 1 Woche

    Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.

Verbände