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Veganes Essen boomt. Aber nicht jede Zubereitung dieser Fleisch-, Fisch- und Eierlosen Küche ist für Diabetiker optimal.
Belächelt wurden lange Zeit die Veganer, die Leute, die sich rein pflanzlich ernähren. Die im Gegensatz also zu vielen Vegetariern auch auf Fisch, Eier, Sahne, Butter verzichten. Doch inzwischen ist veganes Essen gerade in Großstädten wie in Berlin und München ein starker Trend – und in den besseren Restaurants geht ohne Reservierung gar nichts. Die Süddeutsche Zeitung stellte neulich vegane Restaurants in München vor, drei besonders interessante habe ich besucht:
Berühmt war der Koch Peter Ludik lange Zeit für seine Schweinshaxen. Doch weil seine Cholesterinwerte zu hoch waren, strich er alles Tierische von der Karte – und eröffnete 2010 Max Pett, ein heiß begehrter Szenetreff.
Ein chices, modern gestyltes Restaurant mit einer sehr flotten, sehr freundlichen weiblichen Bedienung. Ich bestelle zuerst eine Blumenkohlcréme-Suppe, die erfreulich heiß auf den Tisch kommt. Die Suppe duftet dezent und angenehm nach Kohl, ein feines Gericht für 5,50 Euro.
Palak Tofu heißt mein Hauptgericht. Das ist eine sehr große Portion mit Pilzen marinierter und geräucherter Tofu, wodurch dieses an sich geschmacksarme quark-ähnliche Produkt aus Sojamilch äußerst wohlschmeckend gerät. Sehr gut der absolut frische Spinat, die aromatischen Kirschtomaten, der körnige Basmati-Vollkornreis.
Perfekt zusammengebunden wird das Ganze durch ein dezent-scharfes Curry mit Kokosmilch und gekrönt von einem knusprigen Papardam, ein indisches Knusperbrot aus Linsen. Gereicht wird dazu Salat aus Mango-Chutney, pfiffig gewürzt mit rotem Pfeffer und Kreuzkümmel. Für 14,80 Euro ein hervorragender Gang.
Allerdings: Irgendwie fühlte ich mich trotz des scheinbar leichten Gerichts ein wenig „völlig“, weshalb ich eine Stunde später den Blutzucker messe: Meine Ahnung trügt nicht, der Wert liegt deutlich bei zu hohen 170 mg/dl. Geschuldet wahrscheinlich der Kokosmilch, dem Chutney, dem Reis und wohl vor allem der pürierten Blumenkohlsuppe, was den glykämischen Index nach oben treibt. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, die Suppe wegzulassen, satt machend ist das Hauptgericht schließlich schon allein.
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Direkt neben dem berühmten Münchner Viktualienmarkt liegt die Schrannenhalle, wo es hochwertige (und München teure) Lebensmittel und eine gehobene Gastronomie gibt. Mittendrin als eine Art gehobener Fastfood das vegane Boonian, wo mich die äußerst charmante gebürtige Perserin Anna bedient.
Einen älteren Mann spricht sie vertraut als „Opa“ an. Opa pendelt lange sein Essen – und ich will natürlich von seinem Wissen profitieren, rede ihn an: „Das gilt nur für mich“, lässt er mich wissen, setzt sich mit seinem gependelten Griechischen Salat abseits – und isst sehr konzentriert.
Wäre ich nur dem Opa gefolgt, anstatt einen Gemüsebratling zu bestellen. Manche Gerichte schmecken, wie sie heißen. Genießbar ist die Presspampe nur durch das feine, selbst gemachte Ketchup mit einem Hauch Kreuzkümmel und einem guten Krautsalat.
Weil ich wohl etwas enttäuscht aussehe, spendiert mir Anna noch ein Schälchen des gerade frisch gekochten Kichererbseneinstopfs mit Brokkoli, Spinat, Knoblauch, Limettenblättern. Leicht und dezent scharf schmeckt dieses vegane Gericht. Also sich bei diesem Edelimbiss eher ans frisch Gemachte halten.
Letzte Station meiner veganen Erkundungstour ist das „Café Ignaz“, mitten im schönen Schwabing. Als ich unter Woche hin will, ist dieses ungemein beliebte, seit Jahrzehnten bestehende Café drinnen und draußen restlos ausgebucht. Mehr Glück habe ich am Samstag nachmittag, obwohl ich prinzipiell skeptisch bin, wenn ein Lokal ganztägig Essen anbietet.
Meine Skepsis ist aber unbegründet, das bestellte Algen-Pilz-Zucchini-Gericht mit Reis ist frisch gemacht und schmeckt solide. Sehr angetan bin ich von kleinen, wirklich nach Pilzen schmeckenden Pfifferlingen, von den sehr frischen knackigen Algen, eine der besten nicht-tierischen Eiweißquellen. Auch hier ist wieder die Kokosmilch dabei, die wohl in der veganen Küche eine Art Sahne-Ersatz ist.
Korrekte 12,90 kostet die ziemlich große Portion. Mittags geht das, abends wäre es mir zu viel gewesen.
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Irgendwie scheinen die Veganer auf der Suche nach dem verlorenen tierischen Geschmack ganz gern zu fetten und vor allem süßen Zutaten zu greifen. Ein Blick in vegane Kochbücher bestätigt meinen Verdacht: Da fließen teilweise Ströme von Ahornsirup, Agavendicksaft, alles Stoffe, die vor Fruktose strotzen und inzwischen als ein Diabetes-Auslöser geltend.
Auch das viele Fett ist nicht ohne, wie die Ernährungsexpertin und Diabetes-Journal-Redakteurin Ingeborg Fischer-Ghavami weiß: „Fett kann die Insulin-Wirkung beeinträchtigen“. Irgendwie erinnern mich viele Rezepte an die Zeiten vor 15 Jahren, wo Johann Lafer noch voller Freude mit Ahornsirup gekocht hat. Damals hatte ihm wohl noch niemand gesagt, dass Ernährung auch etwas mit Gesundheit zu tun hat.
Gut gemacht von den dafür berühmten Profis von Gräfe und Unzer ist das Kochbuch „La Veganista“ von Nicole Just. Es enthält sehr feine und empfehlenswerte Gemüse- und Salatrezepte, etwa mit Fenchel, wobei natürlich die Desserts viel zu süß ausfallen. Und leider huldigt die Autorin einer Marotte, die ich häufig bei veganer Küche sehe: Sie will die Anmutung von Fleisch vermitteln, aber natürlich ohne Fleisch.
Da gibt es dann „Schmalz“, „Zwiebel-Mett“ und „Aufschnitt“. Bei Nicole Just ist das noch irgendwie nachvollziehbar, schließlich ist der Großvater Metzger. Prinzipiell ist das aber natürlich Unsinn, führt in die Irre und durch das viele Fett ist es auch ernährungsphysiologisch grenzwertig.
Vegan ist vegan, ist etwas Eigenständiges, muss das selbstbewusste Motto lauten. Was ich auch empfehle, ist weniger Sendungsbewusstsein: Viele Veganer halten sich für die besseren Menschen, weil sie „keine Tiere töten“. Sicher, ich wende mich auch gegen diesen maßlosen Fleischkonsum, gegen die rücksichtslose Massentierhaltung, plädiere dafür, Fleisch maßvoll zu essen – und dann vor allem auch alle Teile.
Was aber viele vergessen oder nicht wissen: Auch Pflanzen sind Wesen der Schöpfung, sind keine Sachen. So hat vor kurzem die fortschrittliche Schweiz den Schutz der Würde der Pflanzen in die Verfassung aufgenommen – und ich habe vor wenigen Monaten über einen Vortrag berichtet, wo eine Basler Forscherin sehr eindrücklich erklärte, wie Pflanzen miteinander kommunizieren, möglicherweise sogar so etwas wie eine Seele haben.
Da können Sie nur den Kopf schütteln? Dann lesen Sie noch einmal meinen Bericht “Pflanzen: Wesen mit Würde”
Gerade Diabetiker brauchen ganz besonders B6. Denn das Vitamin sorgt für einen konstanten Blutzuckerspiegel zwischen den Mahlzeiten, bremst den gefährlichen Unterzucker. Das Vitamin kann “aus tierischen Produkten besser vom Körper aufgenommen werden”, schreibt die auf orthemolekulare Medizin spezialisierte Münchner Klösterl-Apotheke in ihrem Klösterl-Journal.
Pflanzlich kommt es im Vollkorn, in Salaten, in Linsen vor. Das Vitamin ist aber extrem licht- und hitzeempfindlich, also auch an vegane Rohkost denken. Im Zweifel den Vitamin-Status im Vollblut bestimmen lassen und gegebenenfalls supplementieren. Wie das geht, habe ich in meinem Buch „Zucker zähmen“ beschrieben, das es hier gibt: www.kirchheim-shop.de
Prinzipiell ist die vegane Küche etwas Gutes, vor allem bei der starken Betonung auf Gemüse, Salat, frisches Obst. Aber sie muss leichter werden, weniger süß, weniger fett – sonst ist sie für Diabetiker problematisch. Spaßeshalber habe ich einmal meine Ernährungs- und Kochbücher „Schlemmen wie ein Diabetiker“ und „Schönkost“ durchgesehen und zu meiner Überraschung ganz viele vegane Rezepte gefunden, ohne dass ich sie natürlich so genannt habe.
Hier ein besonders Spannendes aus „Schönkost“, ein Chicorée-Salat. Und natürlich habe ich das Rezept nach meinem Motto „GeMessen essen“ so konzipiert, dass sich der Blutzuckeranstieg im schicklichen Rahmen bewegt.
So gut können die Leber-gesunden Bitterstoffe des Chicorée schmecken. Vor allem, wenn Apfel und Walnuss sich auch noch ein Stelldichein geben.
Zutaten für 2 Personen
2 schlanke Stangen Chicorée
1 kleiner Topaz-Apfel
4 frisch aufgebrochene, gehackte Walnüsse
1 halber Bund glatte Petersilie, fein gewiegt
1 TL Zitronensaft
1 halber EL Apfelessig
1 EL Olivenöl
1 Spritzer Walnussöl
Salz, schwarzer Pfeffer
Eine Marinade aus den Zutaten rühren und über den gewaschenen und erst dann in Streifen geschnittenen Chicorée gießen.
Funktioneller Faktor: Ein Salat, der apothekenpflichtig sein müsste. Die Ballaststoffe kurbeln die Verdauung an, die sanften Bitterstoffe stimulieren die Leber zur besseren Fettverbrennung, was der schlanken Linie zuträglich ist und gleich auch noch den Cholesterinspiegel senkt.
Reichlich Kalium entlastet das Herz, spült Überflüssiges heraus, bevor es sich in die Haut verschlacken kann. Bei so viel Chicorée-Power lässt sich die Walnuss nicht lumpen und senkt mit ihren ungesättigten Fettsäuren zusätzlich das Cholesterin, kräftig das Herz.
Guten Appetit!
von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de
, Internet: www.lauber-methode.de
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