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Je älter man wird, umso schwerer wird es mit dem Abnehmen. Wer Insulin spritzt, nimmt nicht so leicht ab. Eine Schilddrüsenerkrankung kann sich auf das Gewicht auswirken. Alle diese Sätze waren für mich in den vergangenen Jahren willkommene Ausreden, warum es mit dem Abnehmen nicht klappen wollte. Obwohl eigentlich eine ganz simple Tatsache dahintersteckte: Ich esse mehr, als ich verbrenne.
Für mich war vor ein paar Wochen ein Punkt erreicht, an dem ich die Faxen dicke hatte. Ich brachte knapp 71 Kilo auf die Waage und fühlte mich unwohl. Ein paar meiner Lieblingsjeans zwackten, und wenn ich mich auf die Treppe setzte, um meine Schuhe zuzubinden, dann fluppte beim Vornüberbeugen eine unschöne Speckrolle über meinen Hosenbund. Vor meiner Diagnose Typ-1-Diabetes (ohne Gewichtsverlust, ohne sonstige Symptome) im März 2010 hatte ich 63 Kilo gewogen und mich mit diesem Gewicht und in Größe 38 rundum wohlgefühlt. In den knapp acht Jahren Diabetesdauer habe ich also beinahe acht Kilo zugelegt. Jedes Jahr ein Kilo drauf? Diese Reihe will ich nicht länger fortsetzen!
Eine Diabetesberaterin in meiner Diabetespraxis gab mir den Tipp, meinen Fitbit-Aktivitätstracker nicht nur zum Schrittezählen, sondern auch zur Kontrolle meiner Kalorienbilanz zu nutzen. Immerhin kennt der Tracker mein Alter, mein Gewicht und meine tägliche Schrittzahl bzw. sonstige körperliche Aktivitäten, die ich manuell eingeben kann. Und damit kann der Algorithmus recht passabel ausrechnen, wie viele Kalorien ich verbrauche. Gleichzeitig kann man mit der Fitbit-App auf eine umfangreiche Lebensmitteldatenbank zurückgreifen und jedes Essen haarklein dokumentieren.
In der Datenbank sind sowohl die rohen Lebensmittel als auch unzählige Fertigprodukte oder Gerichte bei Restaurantketten gespeichert. Ich kann also 50 Gramm Haferflocken mit 100 ml Vollmilch und einer halben Tasse Blaubeeren oder eine Tasse voll Feldsalat mit 80 Gramm Hähnchenbrustfilet und einem Esslöffel Olivenöl ebenso eingeben wie einen „Quinoa XYZ Salat“ von Dean David oder einen Snickers Stick (aktuell ein beliebter Hypohelfer bei mir).
Seit Mitte Januar nutze ich mein Fitbit also auch als Kalorientracker. Ich habe ihm verraten, dass ich gern abnehmen würde, woraufhin mir die App vorerst ein pragmatisches Zwischenziel von 66 Kilo vorgeschlagen hat. Da ich lieber gemächlich als mit einer Crash-Diät vorgehen möchte, empfahl die App mir außerdem, ein tägliches Kaloriendefizit von 500 kcal zu erzielen. Wer ein Kilo Fettmasse verlieren will, muss 7.000 kcal einsparen – falls es mir also gelänge, mein Kaloriendefizit konsequent einzuhalten, müssten nach Adam Riese 2 Kilo Gewichtsverlust pro Monat machbar sein. Ich war hochmotiviert, nicht zuletzt, weil auch mein Mann seit Jahresbeginn sein Gewicht reduzieren will. Gemeinsam gelingt es eindeutig besser, beim Essen auf kalorienarme Varianten zu achten, alle selbst zubereiteten Nahrungsmittel akribisch abzuwiegen und zu dokumentieren – oder auch mal eine Mahlzeit ausfallen zu lassen.
Mahlzeiten ausfallen zu lassen, ist tatsächlich manchmal die einzige Option, um das gewünschte Kaloriendefizit zu erreichen. Denn wie ich dank meines Aktivitätstrackers gelernt habe, verbraucht mein Körper an einem körperlich faulen Tag, an dem ich nur in meinem Heimbüro sitze, arbeite und maximal 3.000 Schritte gehe, gerade einmal etwas über 1.600 kcal. Wenn ich mein Ziel von 10.000 Schritten erreiche, komme ich auf einen Tagesverbrauch von immerhin 2.000 kcal. Und wenn ich eine Stunde Sport treibe, komme ich auf 2.300 bis 2.400 kcal.
Gleichzeitig habe ich gelernt, dass meine Standardmahlzeiten deutlich mehr Kalorien enthalten, als ich bis dato immer gedacht habe. Hättet ihr gedacht, dass ein ausgiebiges Sonntagsfrühstück mit 2 mit Butter bestrichenen Brötchen, etwas Räucherlachs, Schinken, Käse, Marmelade, einem Ei und etwas Quark mit Obstsalat schnell die Marke von 1.000 kcal knacken kann? Wenn ich mich dann nicht ordentlich bewege, bleiben für den Rest des Tages nur noch 600 kcal übrig, von denen man nur schwer satt werden kann. Das etwas mühselige Dokumentieren meiner Nahrungsaufnahme hilft mir derzeit also ganz enorm, den Energiegehalt meines Essens besser einzuschätzen und damit auch rechtzeitig auf die Bremse zu treten, wenn mein Kalorienkontingent erschöpft ist.
Es gelingt mir nicht jeden Tag, wirklich 500 kcal weniger zu mir zu nehmen, als ich verbrauche. Insbesondere in Restaurants oder an Buffets ist es manchmal sehr schwer, die Menge korrekt abzuschätzen und dann auch diszipliniert zu bleiben. Oder wenn meine Mutter zu Besuch kommt und einen Apfelkuchen mitbringt. Aber bislang habe ich jeden Tag immerhin ein Kaloriendefizit zwischen 100 und 600 kcal erreicht und binnen vier Wochen 1,5 Kilo abgenommen. So langsam gewöhnt sich mein Magen an kleinere Portionen, knurrt nicht mehr ganz so laut und sendet früher das Signal „ich bin satt“ an mein Gehirn.
Es ist zwar manchmal nicht leicht, aber ich denke, dass ich bis zu meinem Zwischenziel durchhalten und dann mit 63 Kilo das nächste Ziel in Angriff nehmen kann. Wie lange ich das genaue Dokumentieren dann fortführen werde, weiß ich noch nicht. Doch dass ich zum Anbraten nun das Olivenöl esslöffelweise abzähle, anstatt es großzügig in die Pfanne zu gießen, ist eine Gewohnheit, die ich sicherlich auch langfristig beibehalten werde. Ebenso wie ich den extra gereichten Brotkorb im Restaurant leichter links liegen lasse, seit ich jede Scheibe Brot mit Aioli eintragen muss und mir damit nur unnötig meinen Schnitt verhageln würde.
Passend zu meinem aktuellen Ernährungsprogramm habe ich ein tolles Buch entdeckt, in dem eine Ernährungsberaterin aufräumt mit diversen Diätmythen von „Mein Stoffwechsel ist kaputt“ über „Ich bin genetisch so veranlagt“ oder „Nach dem Abnehmen nimmt man immer wieder umso mehr zu“ bis hin zu „Mit einer Schilddrüsenerkrankung kann man nicht abnehmen“. Die Autorin weiß, wovon sie spricht: Sie hat sich viele Jahre lang an diese Mythen geklammert und wog 150 Kilo, bevor sie radikal abspeckte. Wenn ihr also ebenfalls ein paar Pfunde loswerden möchtet, dann empfehle ich euch zum einen also gnadenloses Kalorienzählen in Kombination mit Bewegung (siehe oben) und – wenn euch das noch nicht restlos überzeugt – die Lektüre von „Fettlogik überwinden“ von Dr. Nadja Hermann. Viel Erfolg!
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