Zucker: Süßer Verführer

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Zucker: Süßer Verführer

Drei von vier industriell hergestellten Produkten wird Zucker zugesetzt: für längere Haltbarkeit, eine angenehme Konsistenz – und weil der Verbraucher durch das Übermaß an süßen Geschmacksrichtungen auf süß konditioniert ist.

Ein auf Dauer erhöhter Zuckerkonsum hat Auswirkungen auf Gewicht, eine nichtalkoholbedingte Fettleber, das Risiko für Typ-2-Diabetes …und er erhöht das Risiko, vorzeitig zu altern. Die weltweit konsumierten Zuckermengen sind über die Jahrzehnte deutlich gestiegen. Bestes Beispiel sind die besonders bei Kindern und Jugendlichen beliebten Softdrinks: Im Jahr 1960 tranken Menschen im Schnitt 14 Liter, 1977 waren es 65 Liter und 2014 satte 120 Liter pro Jahr.

Da ist es kein Wunder, dass das Geschäft mit Limonade und Co boomt. Bei Kindern und Jugendlichen liegt die Menge noch höher: 146 Liter pro Jahr. Umgerechnet sind das zwei Gläser mit rund 40 g Zucker pro Tag. So werden die Kleinsten bereits in Kindertagen an den süßen Geschmack gewöhnt. Manches Kind isst jährlich eine größere Zuckermenge, als es selbst wiegt. Und mit dem süßen Geschmack werden im Lauf des Lebens positive Erinnerungen verknüpft – die Zuckerbrause ist fester Bestandteil geworden.

Meist bleibt es nicht bei Getränken – die Industrie tüftelt ständig an neuen Verführungen. Der Markt ist stabil: Etwa 178 Mio. Tonnen Zucker wurden weltweit im Erntejahr 2016/17 produziert. So kommt es, dass ein Deutscher im Schnitt täglich 70 g zugesetzten Zucker isst. Auch wenn Schokolade und Co für viele kein Bestandteil des alltäglichen Lebens ist, ist es schwer, nicht geradewegs in die Zuckerfalle zu tappen.

Die 5 größten Zuckerfallen
Ein Großteil der täglichen Zuckermenge wird unbewusst über fertig verarbeitete Lebensmittel konsumiert – Zuckerfallen!
  1. Die große Gruppe versteckter Zucker z. B. in Milchprodukten, Frühstücksflocken, Smoothies etc.
  2. Falsche Botschaften auf der Verpackung, in der Werbung etc.; zum Beispiel: weniger süß, reduzierter Zuckergehalt von 30 %
  3. Trügerische Natur wie: aus Ursüße, aus Direktsaft, aus Natursüße, 100 % Frucht ohne Zuckerzusatz
  4. Ablenkungsmanöver: fettreduziert oder fettarm/-frei, zugunsten eines höheren Zuckeranteils
  5. Untergejubelter Zucker in Produkten, bei denen der tatsächliche Gehalt deutlich unterschätzt wird; typisch in pikanten Saucen, Ketchup, Fertigrotkohl, Feinkostsalaten wie Weiß- und Rotkohlsalat, Essiggemüse, Cornflakes

Sensibel machen gegen zu viel Zucker

Süßigkeiten, gezuckerte Milchprodukte, Softdrinks: Das Budget zum Bewerben von Süßigkeiten belief sich im Jahr 2014 in Deutschland auf insgesamt 713 Mio. Euro. Es ist also kein Wunder, dass die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG), die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe die Forderung des Verbraucherschutzvereins foodwatch unterstützen: Zuckerwerbung, die sich gezielt an Kinder und Jugendliche richtet, soll verboten werden. Foodwatch fordert dabei vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, gegen “Influencer-Marketing” der Hersteller bekannter Softdrinks und Süßwaren vorzugehen.

Bestes Beispiel für den steigenden Zuckerkonsum sind die besonders bei Kindern und Jugendlichen beliebten Softdrinks: Im Jahr 1960 tranken Menschen im Schnitt 14 Liter, 1977 waren es 65 Liter und 2014 satte 120 Liter pro Jahr.

Gegen „Influencer“ auf Youtube

Besonders in den sozialen Kanälen wie Youtube und Instagram präsentieren Jugend-Idole mit sehr hoher Internet-Reichweite (Influencer) kurze Videos und Posts; dabei sollen die jugendlichen Konsumenten Lust auf zuckerreiche Produkte bekommen. Influencer suggerieren dabei, dass Limo, Smoothies oder bestimmte Riegel im Trend liegen.In einer britischen Studie wurden schwer übergewichtige Jugendliche im Alter von 11 bis 19 Jahren befragt: Mehr als die Hälfte gaben an, sich durch Werbung massiv unter Druck gesetzt zu fühlen. Sie konsumierten mehr ungesunde Lebensmittel als Normalgewichtige. Selbst in der Gruppe der Jugendlichen ohne Gewichtsprobleme sahen dies 40 Prozent auch so.

Der stärkste Einflussfaktor in der Umwelt des Menschen auf den Kalorienverzehr ist die Werbung, so der aktuelle Bericht von Cancer Research UK2. Im Ergebnis des Berichts heißt es weiter, dass sich Werbung für Junkfood auszahlt: Sehen junge Menschen auch nur eine Junkfood-Werbung am Tag, erhöht sich der Kalorienverzehr durchschnittlich um 18.000 Kilokalorien pro Jahr. Von allen Werbekanälen war die Nutzung sozialer Medien am effektivsten: Dort gezeigte Werbung war übergewichtigen Jugendlichen am meisten in Erinnerung geblieben.

Leider gibt es in Deutschland nach wie vor keine funktionierende Kontrolle für verantwortungsvolles Kindermarketing. Seitens der Hersteller heißt es, die Werbung richte sich nicht an Minderjährige, sondern sei für junge Erwachsene konzipiert. Doch wenn zum Beispiel Fußball-Idole für Chips, Nuss-Nougat-Creme oder Cola werben, spricht dies nicht nur junge Erwachsene an – und das wissen die Hersteller auch.

Solange es keine einheitlichen Regelungen für Produzenten von Süßigkeiten, Softdrinks und Milchprodukten gibt, sind die Verbraucher gefragt: Je besser und genauer sie sich auskennen, desto weniger tappen sie in die Zuckerfalle. Doch auch hier liegt der Hase im Pfeffer: Beobachtungen zeigen, dass besonders Eltern übergewichtiger Kinder den tatsächlichen Zuckergehalt zum Beispiel im Fruchtjoghurt deutlich niedriger einschätzen, als er wirklich ist.

Dutzende Begriffe für Zucker

Der beste und gesündeste Weg ist, Zucker so gut es geht aus der alltäglichen Nahrung auszugrenzen. Für Zucker gibt es eine Menge an Bezeichnungenin Zutatenlisten wie Saccharose, Dextrose, Raffinose, Glukose, Fruktosesirup, Stärkesirup, Laktose, Maltose, Gerstenmalz, Süßmolkenpulver u. v. m.

Zuckernamen in Zutatenlisten
Agavendicksaft und andere Dicksäfte, Ahornsirup, Dextrin, Dextrose (Fachbegriff für Traubenzucker), Disaccharide, Farin, Fruktose-Glukose-Sirup, Fruktosesirup, Fruchtkonzentrat oder -püree, Gerstenmalz, Gerstenmalzextrakt, Glukose (Fachbegriff für ­Traubenzucker), Glukose-Fruktose­Sirup, Glukosesirup, Hexosen, Honig, Isoglukose, Invertzucker, Karamellsirup, Laktose (Fachbegriff für Milchzucker), Maltodextrin, Maltose, (Fachbegriff für Malzzucker), Malzextrakt, Monosaccharide, Raffinade, Raffinose, Saccharose (Fachbegriff für Rüben- und Rohrzucker, also Haushaltszucker), Stärkesirup, Süßmolkenpulver, Traubenfruchtsüße, Weizendextrin

Viele davon bringen Verbraucher nicht automatisch damit in Verbindung – das gilt z. B. für Farin oder Hexose: Beide sind Zucker genau wie Honig oder Fruchtzucker. Je weiter vorne sie in der Zutatenliste stehen, desto höher ist der Zuckeranteil am Gesamtprodukt.

Schwerpunkt Zucker – die Last mit der süßen Lust

von Kirsten Metternich von Wolff
Kirchheim-Verlag, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz,
Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0, Fax: (0 61 31) 9 60 70 90,
E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2018; 67 (6) Seite 18-21

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  • insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche

    Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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