Germanische Neue Medizin – Was steckt hinter dieser gefährlichen Behandlungsmethode?

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Germanische Neue Medizin – Was steckt hinter dieser gefährlichen Behandlungsmethode?

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In Hannover stand Anfang diesen Jahres ein Ehepaar vor Gericht, weil es den Diabetes seiner vierjährigen Tochter mit der Methode der „Germanischen Neuen Medizin“ behandeln ließen. Das heißt: Sie gaben ihr immer weniger Insulin, um ihren Körper von dem lebenswichtigen Hormon „abzugewöhnen“. Und so kam es, wie es kommen musste. Weihnachten 2009 wurde das Mädchen mit Atemstillstand ins Krankenhaus eingeliefert und starb. Während des Prozesses fiel immer wieder der Begriff „Germanische Neue Medizin“ und dessen Vertreter Dr. Ryke Geerd Hamer. Dieser verlor bereits 1996 seine Genehmigung, als Arzt zu praktizieren.

Aber warum?

Die von ihm entwickelte „Germanische Neue Medizin“ ist ein Gegenstück zur Schulmedizin. So heißt es sogar auf seiner Homepage: „Die Schulmedizin befasst sich mit Symptomen, die GNM kennt die Ursachen einer jeden so genannten Krankheit, die gleich die Therapie mit einschließt!“

Bei diesen Behandlungsmethoden werden Medikamente abgelehnt, da diese den eigenen Heilungsprozess des Körpers verlangsamen.

Zudem sei der Auslöser jeder Krankheit ein „biologischer Konflikt“, ein psychischer Schock also. Dieser müsse behandelt werden und die Krankheit würde wieder verschwinden – egal um welche Krankheit es sich handelt.

So behauptet Dr. Hamer sogar, dass Krankheiten wie Krebs „sinnvolle biologische Sonderprogramme“ des Körpers seien und schon selbst die beginnenden Heilungsprozesse sind.

Heilungsprozesse dürfen nur in absoluten Ausnahmefällen durch Medikamente unterstützt werden.

Im Zentrum dieser Heilmethode steht besonders, dem Patienten die Angst vor der Krankheit zu nehmen und die Psyche, den biologischen Konflikt zu erkennen und zu heilen. Die „Germanische Neue Medizin“ hat mittlerweile weltweit viele Anhänger, die hinter dieser Methode stehen und die konventionelle Schulmedizin kategorisch ablehnen.

Dr. Hamer und seine „GNM“ sorgten schon etliche Male für Aufsehen.

1997 standen erstmals Eltern vor Gericht, weil sie ihrer Tochter, die an einem Tumor litt, die Chemotherapie verweigerten. Als ihnen deswegen das Sorgerecht entzogen wurde, flohen sie nach Spanien. Man konnte sie jedoch aufspüren. Dem Mädchen wurde anschließend der kiloschwere Tumor entfernt und die Eltern landeten vor Gericht.

Ein ähnlicher Fall ereignete sich 2009. Dr. Hamer erklärte ein krebskrankes Mädchen als gesund und behauptete sogar, er könne „wirklich keinen Grund finden, woran das Mädchen sterben könnte“. Nur sechs Wochen später verstarb das Mädchen. Es scheint unfassbar, dass Menschen auf solche „Quacksalber“ hereinfallen.

Ein Hauptaspekt soll die antisemitische Haltung der „GNM“ sein.

So scheinen die meisten Anhänger wohl aus der rechten Szene zu stammen und die „jüdische Schulmedizin“ abzulehnen. So behauptet Hamer dazu, dass die meisten Onkologen Juden seien und keine anderen Juden mit einer Chemotherapie behandeln würden, da bei diesem Verfahren kleine Chips in den Patienten injiziert würden, in denen sich Giftkammern befinden. Diese würden dann durch einen Satelliten aktiviert, um gezielt zu töten.

Dennoch, oder gerade deswegen schockte der Fall in Hannover die Welt. Ein kleines Mädchen musste sterben, weil dessen Eltern auf die Methoden von Dr. Hamer vertrauten.

Wie konnte es dazu kommen?

Der Internetauftritt der „Germanischen Neuen Medizin“ klingt wohl für die meisten gruselig, dennoch wirbt die Homepage von Dr. Hamer mit der allwissenden Lösung, sogar Werbefilme gibt es. Und auch ich selbst musste schon zu oft miterleben, wie sich Anhänger dieser Medizin in die Diabetes-Community einschleusten und ihre Medizin anpriesen wie eine Religion, die uns alle ins Paradies führen wird. Und ich selbst habe auch eine E-Mail erhalten, in der mir die Heilung meines Diabetes Typ 1 versprochen wurde.

Insulin sei nicht die Lösung, dass bräuchten wir doch überhaupt gar nicht. Nicht, wenn wir erst mal mit dieser Therapie beginnen würden.

Heilung von innen, durch Ernährung, mit Präparaten, gutem Willen und Glauben. Sorry, nein! Mich macht so etwas extrem wütend und das schlägt sich auch in meinen Antworten nieder. Aber ich habe Angst, denn ich weiß, dass es da draußen immer noch Menschen gibt, die für solche Methoden anfällig sind und sich leicht um den Finger wickeln lassen. Immerhin werden sie mit Heilung gelockt – wer würde das nicht schön finden? Und einen Versuch ist es doch wert?

Nein! Der Fall der kleinen Sieghild, die an ihrem Diabetes starb, vor nicht einmal 6 Jahren, mitten in Deutschland, sollte uns allen die Augen öffnen!

Und meine Bitte geht an alle da draußen:

Lasst euch nicht von merkwürdigen Methoden locken.

Hinterfragt immer alles ganz genau und bedenkt: Im Moment gibt es einfach keine Heilung für Typ-1-Diabetes. Vertraut nicht auf „alternative Medizin“. Wir brauchen unser Insulin, das ist Fakt. Es ist keine Heilung, aber es ist Leben. Das Leben von jedem von uns und unseren Kindern. Die kleine Sieghild konnte noch nicht selbst über ihre Behandlung bestimmen und das macht mich so unfassbar wütend und traurig und ich hoffe, dass wir alle solche Schlagzeilen nie wieder lesen müssen.

 

 

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