Hypos früh erkennen und verhindern

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Hypos früh erkennen und verhindern

Wer Diabetes hat und Medikamente einsetzt, die den Insulinspiegel im Blut erhöhen, kann auch eine Unterzuckerung (Hypoglykämie, „Hypo“) bekommen. Was ist dann zu tun? Eine Übersicht.

Der Experte:


Dr. Martin Lederle ist Arzt für Innere Medizin und Diabetologie. Er praktiziert in der Diabetes­praxis am Medizinischen Versorgungszentrum Ahaus.

Zudem ist Dr. Lederle langjähriges Redaktions­mitglied und schreibt regelmäßig für die Zeitschriften Diabetes-Journal und Diabetes-Forum.

Man spricht von einer Hypoglykämie – umgangssprachlich auch von einer „Hypo“ –, wenn der BG-Wert auf unter 50 mg/dl (2,8 mmol/l) abfällt (BG-Wert=Blutglukosewert).

  1. Symptome, die durch die hormonelle Gegenregulation entstehen. Diese sind: Herzstolpern, Herzrasen, Schwitzen, Hitzegefühl, Zittern, Schwäche, Angst, Heißhunger.
  2. Symptome, die durch eine Funktionsstörung des Gehirns aufgrund Glukosemangels entstehen. Die Ausprägung der Symptome hängt ab vom aktuellen BG-Wert:

Ausgeprägte neurologische Ausfälle treten in der Regel erst auf, wenn der Blutglukosewert unter 30 mg/dl (1,7 mmol/l) abfällt. Man spricht von einer schweren Hypoglykämie, wenn die betroffene Person sich nicht mehr selbst helfen kann und auf Fremdhilfe angewiesen ist.

Hypoglykämien und Medikamente

Hypoglykämien können bei Patienten mit Diabetes mellitus nur dann entstehen, wenn Medikamente eingesetzt werden, die den Insulinspiegel im Blut erhöhen. Es gibt auch blutzuckersenkende Medikamente, die den Insulinspiegel im Blut nicht erhöhen und somit auch in der Regel keine Hypoglykämie verursachen können.

Blutzuckersenkende Medikamente, die eine Hypoglykämie verursachen können:
  • Sulfonylharnstoffe: z. B. Glibenclamid, Glimepirid
  • Glinide: z. B. Repaglinid (in Deutschland nur noch eingeschränkt verordnungsfähig)
  • Insuline

Blutzuckersenkende Medikamente, die in der Regel keine Hypoglykämie verursachen können *:

  • Metformin
  • Gliptine: z. B. Sitagliptin (Xelevia, Januvia), Vildagliptin (Galvus), Saxagliptin (Onglyza)
  • Alpha-Glukosidase-Hemmer: z. B. Acarbose
  • SGLT-2-Hemmer: z. B. Dapagliflozin (Forxiga), Empagliflozin (Jardiance)
  • GLP-1-Rezeptoragonisten: z. B. Liraglutid (Victoza), Dulaglutid (Trulicity), Exenatid (Byetta, ­Bydureon), Semaglutid (Ozempic)

* Fast alle Medikamente dieser Gruppe können nur blutzuckersenkend wirken, wenn im Körper noch genug Insulin gebildet wird. Wenn die Insulineigenproduktion zu gering ist, dann wirken diese Medikamente nicht mehr ausreichend und es muss eine Insulintherapie durchgeführt werden.

Jeder Patient mit Diabetes, der ein blutzuckersenkendes Medikament einnimmt, muss wissen, ob dieses Medikament eine Unterzuckerung verursachen kann. Wenn dies der Fall ist, muss er auch die Möglichkeit haben, BG-Selbstkontrollen durchzuführen, um eine Hypoglykämie rechtzeitig erkennen zu können.

Die Symptome, die bei einer Hypoglykämie auftreten, können bei unterschiedlichen Menschen sehr unterschiedlich sein: Der eine hat Sehstörungen, die andere muss schwitzen. Das Symptombild einer Hypoglykämie kann sich auch bei Menschen im Verlauf eines langen Zeitraumes ändern.


Dies ist eine gekürzte Version eines Beitrags von Dr. Martin Lederle. Sie möchten mehr über Unterzuckerungen, schwere Hypoglykämien und Hypo-Wahrnehmungsstörungen und Pseudo-Hypoglykämien wissen? Das können Sie in der Langversion dieses Artikels nachlesen.


Hypoglykämie: Was tun?

Wenn der BG-Wert unter den Normalbereich abfällt, dann besteht dringender Handlungsbedarf. Ohne Zeitverzögerung muss umgehend dafür gesorgt werden, dass der Wert nicht weiter abfällt. Also nicht: Ich kann den Hof noch zu Ende fegen, dann kann ich immer noch reagieren, sondern: Besen aus der Hand legen und sofort Glukose zuführen!

Die dringend benötigte Glukose kann am besten in flüssiger Form zugeführt werden: mit 200 ml Saft oder normal gezuckertem Softgetränk. Darin sind in der Regel etwa 10 g Glukose/100 ml enthalten. Glukose, in flüssiger Form zugeführt, gelangt vom Magen direkt in den Dünndarm und somit an den Ort, wo die Glukose rasch ins Blut aufgenommen wird.

Nach der Glukosezufuhr kann eine BG-Messung erfolgen. Je nach Grund für die Hypo­glykämie (z. B. längere körperliche Betätigung) müssen anschließend noch langsam aufnehmbare Kohlenhydrate zugeführt werden.

Extra-Tipp von Dr. Lederle: Bei einem Blutglukose-Wert von unter 70 mg/dl bzw. 3,9 mmol/l ist die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt. Somit kann unter diesem Blutglukose-Wert ein Kraftfahrzeug nicht mehr sicher geführt werden. Nähere Informationen hierzu finden Sie in den Empfehlungen für Kraftfahrer mit Diabetes unter Behandlung mit Sulfonylharnstoffen und/oder Insulin aus der Patientenleitlinie „Diabetes und Kraftverkehr“, 1. Auflage 2019

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