„Diabetiker“? Oder „Mensch mit Diabetes“?

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„Diabetiker“? Oder „Mensch mit Diabetes“?

Schon seit Jahren gibt es Diskussionen, wie Menschen, die an Diabetes erkrankt sind, genannt werden dürfen: „Diabetiker“ oder „Menschen mit Diabetes“? Was steckt hinter dieser Diskussion? Wie denken Sie darüber? Wir stellen Ihnen hier die Überlegungen eines Mitglieds der Redaktion vor – und bitten Sie um Ihre Meinung mit unserer Umfrage.

Was bin ich: ein Diabetiker oder ein Mensch mit Diabetes? Diese Frage taucht regelmäßig in den Medien auf, aktuell in der Zeitschrift Diabetes Ratgeber. Denn die amerikanische Diabetes-Gesellschaft hat für das Jahr 2016 aktualisierte Behandlungsempfehlungen herausgegeben – und dort heißt es, aus dem Englischen übersetzt: „In Übereinstimmung mit der Position der amerikanischen Diabetes-Gesellschaft, dass Diabetes Menschen nicht definiert, wird der Ausdruck ‚Diabetiker‘ nicht mehr verwendet, wenn es in den Standards of Medical Care in Diabetes um Menschen mit Diabetes geht.“

Das greift der Diabetes-Ratgeber auf und wählt den Titel „Diabetiker? Nein, Mensch mit Diabetes“. Auch Organisationen stellen sich heute meist auf den Standpunkt, der Begriff „Diabetiker“ sei diskriminierend. Warum eigentlich?

„Diabetiker“ kein Problem

Das Diabetes-Journal hat bereits im Jahr 2008 eine Online-Umfrage durchgeführt – mit dem Ergebnis, dass von 316 Antwortenden 73,4 Prozent die Bezeichnung „Diabetiker“ bevorzugen, nur 26,6 Prozent „Mensch mit Diabetes“. Das ist sicher keine repräsentative Umfrage, aber sie zeigt: Fragt man Betroffene außerhalb von Organisationen, stellt „Diabetiker“ für die Mehrzahl kein Problem dar.

Auch in Blogs und anderen Internetformaten reden die Autoren oft von „Diabetikern“. Ist es also vor allem der Blick anderer auf die Betroffenen, der das als diskriminierend empfindet? Oder die Beugung von Organisationen vor dem vermeintlich politisch Korrekten?

Wie weit gehen wir?

Wenn wir nur noch von Menschen mit Diabetes sprechen dürfen, wo hören wir dann mit dieser „Korrektheit“ auf? Dürfen wir dann noch von Flüchtlingen sprechen oder müssen das Menschen sein, die aus ihrer Heimat geflohen sind? Oder darf ein Autofahrer ein solcher sein oder muss er ein Mensch sein, der Auto fährt? Der Arbeitnehmer wird zu einem Menschen, der einen Arbeitsplatz hat, und der Kranke zu einem Menschen mit einer Krankheit. Denn alle diese Eigenschaften sind nur einzelne eines Menschen, über keine allein definiert er sich.

Spielt Akzeptanz eine Rolle?

Vielleicht steckt aber auch etwas ganz anderes hinter der Diskussion. Seit ich aktiv über mich und meinen Diabetes sprechen kann (die Diagnose wurde gestellt, als ich zwei Jahre alt war), bin ich selbstverständlich Diabetikerin. Ich lebe mit der Krankheit, ich habe sie als Bestandteil meiner selbst akzeptiert. Könnte Nicht-Akzeptieren die Hürde sein, von „Diabetikern“ zu sprechen?


von Dr. Katrin Kraatz

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (4) Seite 14

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