- Leben mit Diabetes
Ein süßer Typ No. 1 – eine unterhaltsame Autobiografie
4 Minuten
“Honigsüßer Typ No. 1” – so nennt Andrea Mühlen ihren Diabetes. Welche Herausforderungen die Diagnose Typ-1-Diabetes mit sich bringt und wie es sich anfühlt, plötzlich rund um die Uhr mit einem solchen Begleiter leben zu müssen, beschreibt sie authentisch und unterhaltsam in ihrer Autobiografie. Das Diabetes-Journal hat mit der Autorin über ihr Buch gesprochen.
Diabetes-Journal: Frau Mühlen, möchten Sie zu Beginn einige Sätze zu Ihrer Person sagen?
Andrea Mühlen: Ja, sehr gerne. Ich habe seit 40 Jahren Typ-1-Diabetes, bin Mutter und Ehefrau und arbeite als Lehrerin an einer Grundschule.
DJ: Der Titel ihres Buchs lautet “Honigsüßer Typ No. 1”. Wie sind Sie darauf gekommen?
Mühlen: In der Entstehungsphase des Buchs traf ich mich mit meiner Schwägerin, um Sie zu bitten, eine Karikatur oder einen Cartoon von mir und meinem Mann zu entwerfen – was sie leidenschaftlich als Hobby betreibt. Im Gespräch kam uns der Gedanke, den Diabetes ebenfalls als Figur darzustellen. Schließlich spielt er ja auch eine Hauptrolle in meinem Buch. In diesem Zusammenhang entstand die Idee der Darstellung als Tropfen. Symbolisch für den Blutstropfen, für den Urintropfen und für den Insulintropfen. Als diese Figur dann auch noch einen Körper und Arme bekam, war für mich relativ schnell klar: Das ist mein “Typ No. 1”. Irgendwie fehlte mir dann aber noch ein Adjektiv. Nahe lag “honigsüß” , abgeleitet von der medizinischen Fachbezeichnung des Diabetes mellitus – und schon war der “Honigsüße Typ No. 1” entstanden.
DJ: Was erwartet die Leser und Leserinnen?
Mühlen: Sie erwartet eine ganz persönliche, offene Lebensgeschichte von mir – 40 Jahre Diabetes mit dazugehörigen Höhen und Tiefen. Angefangen von der Urinkontrolle und einem strikten Diätplan über die intensivierte Therapie bis zum CGM-System und zur Pumpentherapie. Darüber hinaus beschreibe ich verschiedene Stationen meines Lebens wie meine Partnerschaft, meine Schwangerschaften, das Leben mit Kindern, mein Berufsleben, meine Hobbys und auch meine Erfahrungen auf Reisen oder bei Krankenhausaufenthalten. Abgerundet wird das Ganze durch fachkundige Kommentare meines Mannes, der an wichtigen Stellen Problematiken aufgreift und Zusammenhänge für Leser und Leserinnen erklärt. Hinzu kommen noch Cartoons der beteiligten Figuren, Fotos sowie Berichte von Wegbegleitern und Wegbegleiterinnen
DJ: Was hat Sie motiviert, ein so persönliches Buch zu schreiben?
Mühlen: Ich habe sehr lange mit meinem Diabetes im Verborgenen gelebt. Ich wollte nicht auffallen und nichts Besonderes sein. Irgendwann habe ich mir die Frage gestellt, ob es nicht besser für mich wäre, darüber zu sprechen. Ich habe begonnen, mich mehr zu öffnen. Auch meine Pumpe und mein CGM habe ich offener getragen und nicht mehr versucht, sie zu verstecken. Die Gespräche und die neue Offenheit haben mir gutgetan. Ich bemerkte, dass ich viel über mich selbst und den Diabetes dazulernen konnte. Diese Erfahrung war meine größte Motivation für das Buch.
DJ: Welche Rolle hat Ihr Mann, auch als Diabetologe, beim Entstehen des Buchs gespielt?
Mühlen: Eine sehr große. Am Anfang kam die Idee von mir. Als ich mit ihm darüber sprach, war er sofort begeistert. Wir hatten beide schnell das Gefühl, dass eine Kombination von Alltagsgeschichten und verständlich formulierten Fachinformationen für Leser ansprechend sein könnte.
DJ: Wie alt waren Sie, als Sie die Diagnose Typ-1-Diabetes bekamen?
Mühlen: Ich war 13 Jahre alt und mit meinen Eltern im Osterurlaub, als meine Mutter zum ersten Mal sagte: “Bei der Blutabnahme vor den Ferien war der Blutzuckerwert nicht so gut. Wir müssen da noch mal hin zur Kontrolle. Es könnte sein, dass du Diabetes hast.” Eine Woche später stand die Diagnose Diabetes fest.
DJ: Wie ging es danach weiter?
Mühlen: Die Diagnose Diabetes haut einen erst mal um, es bricht eine Welt zusammen. Man stellt sich tausend Fragen, wie das Leben wohl weitergehen wird. Wir hatten das Glück, im Diabetesforschungsinstitut in Düsseldorf auf kompetente Personen zu treffen, die meine Eltern und mich genau dort abholten, wo wir standen: bei unserer Hilflosigkeit. Ich konnte noch ein Jahr mit strikter Diät überbrücken, die Blutzuckerwerte im Griff halten. Danach benötigte ich Insulin und spritzte jeweils morgens und abends und den Rest des Tages lebte ich strikt nach einem Diätplan. Es folgten dann die zum jeweiligen Zeitpunkt üblichen Therapieprogramme bis zum aktuellen CGM-System. Davon abgesehen, habe ich ein normales und glückliches Leben geführt. Halt immer ein bisschen komplizierter und organisierter, aber es ging.
DJ: Welche Rolle haben Ihre Familie und Freunde gespielt?
Mühlen: Für meine Eltern schien die Diagnose tatsächlich schlimmer zu sein als für mich. Ich war mitten in der Pubertät und bin dadurch unheimlich schnell erwachsen geworden. Ich merkte, ich muss das alleine in den Griff bekommen. Ich konnte als Jugendliche jede Aktivität, jeden Sport, jede schulische Klassenfahrt mitmachen. Meine Eltern vertrauten mir und das war sehr hilfreich. Meine Freunde wussten zwar, dass ich Diabetes habe, mehr jedoch nicht. Heute sieht es mit den Freunden anders aus. Da ich offener bin, komme ich viel ins Gespräch mit ihnen. Mein Mann hat mich als Mensch mit Diabetes kennengelernt und sich bewusst für mich entschieden. Es hat ihn nicht abgeschreckt. Meine beiden Söhne, die auch im Buch zu Wort kommen, haben gelernt, mit ihrer Mutter und dem Diabetes zu leben, und das war nicht immer schön. Sie haben mich auch in Situationen erlebt, die ich ihnen gerne erspart hätte.
DJ: Wie würden Sie aus heutiger Sicht das Verhältnis zu Ihrem honigsüßen Typ No. 1 und seinen Einfluss auf Ihr Leben beschreiben?
Mühlen: Mein honigsüßer Typ No. 1 ist immer da. Und er lächelt mich in seiner klebrigen Art, wie ich das jetzt gerne nenne, immer von vorne an und rammt mir dann in den unmöglichsten Momenten ein Messer in die Rippen. Das heißt, wir können gut miteinander leben, aber er stört auch immer wieder mal. Ich denke, jeder Mensch mit Diabetes kennt dieses Gefühl. Heute kann ich ruhiger bleiben und manchmal auch darüber schmunzeln, wenn er stört und mich ärgert. Ich bin glücklich mit meinem Leben – so, wie es jetzt ist. Mein honigsüßer Typ No. 1 gehört dazu.
DJ: Haben Sie einen Ratschlag, den Sie Menschen mit Diabetes gerne mit auf den Weg geben möchten?
Mühlen: Mein Ratschlag ist: Hört auf euer Herz, sprecht über das, was euch beschäftigt. Sind keine Ansprechpartner im persönlichen Umfeld verfügbar, können Diabetesteams und Selbsthilfegruppen eine Anlaufstelle sein. Darüber hinaus gibt es auch Social-Media-Plattformen zum Erfahrungsaustausch. Ich habe inzwischen gemerkt, dass es mir hilft, wenn ich das Gefühl habe, nicht allein zu sein mit meinen Herausforderungen.
DJ: Was soll Ihr Buch bewirken?
Mühlen: Ich hoffe, dass mehr Menschen, die auch an Diabetes erkrankt sind, offener mit ihrer Geschichte umgehen, dass sie über ihren Diabetes ins Gespräch kommen und feststellen, dass es anderen Menschen ähnlich geht. Ich möchte zeigen, dass man nicht allein mit seiner Erkrankung ist, und Mut machen, aus dem Verborgenen herauszutreten. Zudem greift das Buch viele Aspekte für Menschen mit Typ-F-Diabetes auf – also Familie oder Freunde. Sie erfahren hier, wie ein Leben mit Diabetes funktionieren kann, und es soll helfen zu verstehen, wieso Menschen mit Diabetes manchmal so ticken, wie sie ticken. Die Kombination aus Erfahrungsbericht eines Menschen mit Diabetes und Alltagssituationen, ergänzt mit medizinischen Erklärungen, kann darüber hinaus auch eine gute Informationsbasis für Diabetesteams sein.
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2023; 72 (5) Seite 10-11
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 4 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 3 Wochen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 2 Wochen, 2 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig