50 Jahre gelebte Selbsthilfe: Jubiläumsveranstaltung der Diabetiker Baden-Württemberg (DBW)

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Jubiläum der Diabetiker Baden-Württemberg (DBW): 50 Jahre gelebte Selbsthilfe | Foto: Michael M. Roth, MicialMedia
Foto: Michael M. Roth, MicialMedia
50 Jahre gelebte Selbsthilfe: Jubiläumsveranstaltung der Diabetiker Baden-Württemberg (DBW)

Am 20. Juli 2025 feierten die Diabetiker Baden-Württemberg (DBW) ihr 50-jähriges Jubiläum – ein halbes Jahrhundert Engagement für Menschen mit Diabetes. In der historischen Karlsburg im Karlsruher Stadtteil Durlach war für jede und jeden etwas dabei: ein buntes Bühnenprogramm, kreative Angebote für Kinder, kulinarische Genüsse, Gelegenheit zum Austausch – und viel Raum für Rückblick und Ausblick.

„Selbsthilfe ist mehr als nur Austausch – sie ist gelebte Solidarität.“ Mit diesen Worten eröffnete Helene Klein, Vorstandsvorsitzende des DBW, die Veranstaltung. Sie bedankte sich bei allen, die im vergangenen halben Jahrhundert Teil des DBW waren, hob insbesondere das ehrenamtliche Engagement der Mitglieder hervor und verkündete: „Wir dürfen auf diese 50 Jahre stolz sein.“

50 Jahre, in denen sich viel verändert habe, in denen viel gelernt und erreicht wurde. Dennoch bleibt der Alltag mit Diabetes herausfordernd. Darum gilt auch heute noch: „Kein Arztbesuch ersetzt ein Gespräch mit jemandem, der selbst betroffen ist.“ Die Selbsthilfe ist laut Helene Klein eine wichtige Stimme für Menschen mit Diabetes sowohl politisch als auch gegenüber Ärzten und Krankenkassen, sie begleitet und unterstützt. Die DBW-Vorsitzende ist überzeugt, dass die Selbsthilfe trotz neuer Herausforderungen auch in Zukunft eine Stimme bleibt, die gehört wird.

Video mit Statements und Impressionen von der Jubiläumsveranstaltung

Video und Schnitt: Nils Gräff und Christian Duda

Unverzichtbar: Selbsthilfe im Gesundheitswesen

Als erster Gratulant betrat Professor Dr. Ralf Lobmann, erster Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Diabetologie Baden-Württemberg e.V. (ADBW), die Bühne. Die ADBW arbeitet seit 30 Jahren eng mit dem DBW zusammen. Prof. Lobmann erklärte, dass Fachkräfte die Selbsthilfe brauchen, „weil sie uns auch Impulse gibt, an die wir zum Beispiel in unserem Alltag oftmals nicht denken“.

In seinem anschließenden Vortrag ging er auf aktuelle Herausforderungen in der Diabetologie ein: die älter werdende Bevölkerung, den Fachkräftemangel und die wachsende Zahl der Menschen mit Diabetes. Er hob die Bedeutung von Prävention, aber auch einer guten Behandlung durch qualifiziertes Personal hervor.

Dr. Ute Leidig, Staatssekretärin im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg, würdigte die Arbeit des DBW, die über die Landesgrenzen hinaus politisch relevant sei. Gesundheit ist laut Dr. Leidig eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. „Selbsthilfe ist ein unverzichtbarer Teil des Gesundheitswesens, sie ergänzt die medizinische Versorgung durch persönliche Erfahrung und stärkt die Selbstwirksamkeit der Betroffenen.“

Der DBW trage mit all seinen Formaten dazu bei, dass Diabetes in der Mitte der Gesellschaft ankomme – nicht als Tabuthema, sondern als Teil des Alltags vieler Menschen. Zudem sorgt der Selbsthilfeverband laut Dr. Leidig dafür, dass Betroffene gesehen, informiert und begleitet werden.

Gemeinsam Sichtbarkeit und Angebote schaffen

Nach der Pause ergriff Leonhard Stärk, Vorsitzender der Deutschen Diabetes Föderation (DDF), dem Dachverband des DBW, das Wort. Er sprach seinen Dank und Respekt für ein beachtliches Jubiläum aus und hob die fachliche Expertise von Helene Klein hervor, mit der sie auch die DDF unterstützt. Mit Blick auf die Zukunft erklärte er: „Diabetesselbsthilfe wird digitaler, schneller und individueller – und damit auch herausfordernder.“

Der steigende Wunsch nach intensiverer Teilhabe mache erforderlich, dass die Selbsthilfe sich noch stärker einbringe. Gleichzeitig dürfe sie aber kein Lückenfüller werden für ein gescheitertes Gesundheitssystem. Der DBW gebe hier wichtige Impulse für andere Selbsthilfeverbände. Leonhard Stärk plädierte dafür, dass die Selbsthilfeorganisationen ihre Kräfte stärker bündeln, um die politische Sichtbarkeit von Menschen mit Diabetes zu erhöhen und das Gesundheitssystem gemeinsam zu gestalten.

Dass es wichtig ist, Netzwerke zu vergrößern und Verbindungen zu stärken, fand auch Friederike Habighorst-Klemm, Vorstandsmitglied des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg, einem langjährigen Fördermitglied des DBW. Die Partnerschaft stärkt seit 20 Jahren die Zusammenarbeit zwischen Vor-Ort-Apotheken und der Diabetes-Selbsthilfe.

Der Lions Club ist enger Kooperationspartner des DBW. Gemeinsam arbeiten sie an Kinder- und Jugendveranstaltungen, dem Fahrsicherheitstraining und Events, z. B. im Rahmen des Weltdiabetestages. „Die Zielsetzung ist ganz klar bei uns: Awareness steigern und Lebenssituation von Betroffenen verbessern“, so Prof. Dr. Hans-Peter Hammes. Eindrucksvoll ist dies bei einer Veranstaltung zum Weltdiabetestag vor einigen Jahren gelungen, bei der über 200 Blutzuckertestungen durchgeführt wurden. Das Ergebnis: Etwa 15 Prozent der getesteten Personen hatten ein Diabetesrisiko, von dem sie zuvor nichts wussten.

Motivation im Alltag mit Diabetes

Um Menschen, die ihren Diabetes täglich managen, ging es im Vortrag des Psychologen Dr. Berthold Maier vom Diabetes Zentrum Mergentheim. Er gab Tipps, wie Betroffene sich immer wieder selbst motivieren können. Dabei sei Einsicht bei fehlender Motivation eine wichtige Voraussetzung, danach sollten die vielfältigen Ursachen ermittelt und Schritt für Schritt überwunden werden.

Er befragte auch das Publikum nach dessen persönlicher Motivation im Umgang mit Diabetes. Genannt wurde neben dem Wunsch, für die Familie möglichst lange fit und gesund zu bleiben, auch das Argument, dass ohne gute Werte vieles nicht funktioniere.

Abwechslung für Groß und Klein

Für lockere Abwechslung sorgten zwei Schauspielerinnen des Improtheaters Stuttgart. Begleitet am Klavier brachten sie die Zuschauerinnen und Zuschauer unter anderem mit einer Ein-Wort-Geschichte und einer Szene aus Sätzen des bisherigen Programms zum Lachen. Durch die musikalischen Einlagen der Pianistin Anna Kaplan vergingen die Pausen zwischen den Vorträgen wie im Flug.

Kinder konnten sich beim kreativen Basteln austoben oder beim Tanzworkshop eine Choreografie einstudieren, die sie am Ende des Tages unter begeistertem Applaus auf der Bühne präsentierten.

Während der Mittagspause strahlten die Besucherinnen und Besucher mit der Sonne um die Wette. Vor der Karlsburg wurden an den Food Trucks nicht nur leckere Mahlzeiten, sondern auch das Wetter und das Miteinander genossen. Das Museum in einem der oberen Stockwerke bot interessante Einblicke zur Geschichte der Diabetiker Baden-Württemberg, aber auch der Entwicklung der Diabetes-Technologie.

Elke Brückel, Prof. Dr. Eberhard Siegel und Dr. Albrecht Dapp – drei „Urgesteine“ des DBW, wie Moderator Sascha Schworm sie bezeichnete – führten Interessierte auf eine Reise durch die Zeit. Nebenan informierten Aussteller in der Industrieausstellung über die neusten Entwicklungen in der Diabetes-Therapie.

Vielfältige Angebote der Selbsthilfe

Reiner Hub, Anica Towae und Eric Bayerschen stellten zum Abschluss die verschiedenen Angebote des DBW vor: von Diabetes Guides, Sozialreferenten und Sozial-Informationen bis hin zu digitalen Elterntreffen, Webinaren und verschiedenen Erlebnisangeboten für Kinder. „Wir sind die Ergänzung zur Medizin“, erklärte Reiner Hub. Er ist Gründer von DIAschulisch, einem Diabetes-Fortbildungsangebot für Erziehungs- und Lehrkräfte, das während der Veranstaltung mehrfach positiv hervorgehoben wurde. Es ermöglicht Kindern und Jugendlichen mit Diabetes mehr Teilhabe am Kita- und Schulalltag.

Nicht nur deshalb ist Anica Towae, Jugendreferentin des DBW, sich sicher: „Die Selbsthilfe hat Bestand.“ Wie der DBW zukunftsfähig bleiben möchte, berichtete der stellvertretende Vorsitzende Dr. Eric Bayerschen. Der Verband möchte sowohl bestehende Selbsthilfegruppen erhalten als auch neue digitale Angebote schaffen, wie beispielsweise die neue Website.


von Janina Seiffert

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