„Mit dem Diabetologen philosophieren“

3 Minuten

„Mit dem Diabetologen philosophieren“

Wer Fabian Brüggemann kennenlernt, trifft auf einen selbstbewussten Mann, der ganz selbstverständlich mit seinem Diabetes lebt. Gedanken macht er sich trotzdem darüber. Ein Interview mit einem, der bemerkenswert offen mit diesem Teil seines Lebens umgeht.

Gute Balance zwischen Leben und Arbeiten

Ein helles Büro mit Schreibtischen, Computern, Telefonen – der Arbeitsplatz von Fabian Brüggemann. An einer Wand steht ein Sofa, daneben der Tischkicker für ein Spiel zwischendurch: Eine gute Balance zwischen Leben und Arbeiten ist Fabian Brüggemann wichtig.

Das ist mit ein Grund, warum er nicht mehr in einer Unternehmensberatung arbeitet, sondern hier an der Uni Köln hilft, ein Campus Management System einzuführen; hiermit können z. B. Studenten sich für eine Klausur anmelden und Dozenten Noten eingeben. Was ist sonst noch wichtig in Fabian Brüggemanns Leben?

Diabetes fast vergessen

Er ist sportlich, reist gern, mag Hunde. Dass er Typ-1-Diabetes hat, vergisst er manchmal fast. Die Krankheit begleitet ihn seit 20 Jahren, seit er 11 Jahre alt ist. Eingestellt wurde er in Bad Oeynhausen, seine Mutter kam mit in die Klinik. “Es hat sich aber ziemlich schnell ergeben, dass ich das alles selbst machen konnte”, erzählt er.

Zu Schulzeiten hatte er einen festen Tagesablauf – optimal für die damals übliche Therapie. Inzwischen ist mit seinem Leben auch seine Therapie flexibler geworden: Er spritzt Levemir und Humalog und kommt gut damit zurecht.

Kosten und Fixkosten

“Wenn man Kosten und Fixkosten trennt, kann man viel besser planen” – hier spricht der Wirtschaftsinformatiker Brüggemann, und er vergleicht diese betriebswirtschaftliche Erkenntnis mit den Vorteilen, die ihm die Behandlung mit analogem Basal- und Mahlzeiteninsulin bringt.

Einen Monat nach Indien reisen, Couchsurfing in Russland und im Baltikum, Auslandssemester, die häufigen Buffets in der Unternehmensberatung – ohne die neuen Insuline hätte er das alles nicht machen können, sagt er.

Keine Geheimniskrämerei

Auf dem Schreibtisch liegt das Blutzuckermessgerät. Ja, Fabian Brüggemanns Kollegen wissen von Anfang an Bescheid über seinen Diabetes. In seinem Beruf als Angestellter sei das auch kein Problem: “Ich kann aber auch Menschen verstehen, die es lieber im Hintergrund halten wollen. Aber ich fände das einfach zu anstrengend.” Schlechte Erfahrungen hat Fabian Brüggemann noch nicht gemacht, im Gegenteil: “Diabetes wird teilweise als Plus gesehen, weil man ja damit beweist, dass man selbstverantwortlich ist und damit umgehen kann.”

Und er hat noch etwas Interessantes beobachtet: Diabetes eignet sich gut als Smalltalk-Thema: “Man wird darauf angesprochen und hat sofort etwas, worüber man sprechen kann.” Allerdings kann er es nicht leiden, wenn Leute meinen, alles besser zu wissen als er – und ihm ungefragt Ratschläge geben.

Die Diabetes-Philosophie

Die letzte Schulung liegt drei Jahre zurück, viel Neues hat er dort nicht gelernt. “Ich will mir nicht anmaßen, dass ich alles weiß, aber mich interessiert eher, wie man mit dem Diabetes umgeht, welche Einstellung man dazu hat. Das Konkrete, Praktische findet man jeden Tag aufs Neue selbst heraus. Die Menschen sind auch einfach zu verschieden, um generalisierte Tipps zu geben. Mein Stoffwechsel ist sicher anders als der von einem Mädchen mit 45 Kilo.”

Mit dem Diabetologen will er deshalb auch ein bisschen philosophieren können über den Diabetes – und sein Arzt sollte sich mit Sport auskennen: Wann genau sollte er die Sport-BE essen? Wie wirkt sich der Sport auf Dauer auf seine Werte aus? Ist es besser, mit guten Werten zu Hause zu bleiben – oder sollte man sich doch noch einmal zum Sport aufraffen?

Antwort auf brennende Frage

Und dann gibt es noch eine Frage, die er schon vielen Ärzten gestellt hat: Wenn er beim Schwimmen mitten auf dem See eine Unterzuckerung hat – soll er dann möglichst schnell ans Ufer schwimmen oder besser langsam? Zumindest darauf hat er kürzlich eine Antwort bekommen: So schnell schwimmen wie möglich, sagte ihm Dr. Renner aus München. Durch die Adrenalinausschüttung gehe der Blutzucker nicht weiter runter.

Coach und Experte

Fabian Brüggemann hat auch eine Ausbildung zum systemischenCoach gemacht. Bei dieser Art der Beratung betrachtet der Coach zusammen mit seinem Klienten, welche Position er in einem System einnimmt, z. B. in seinem Arbeitsumfeld.

Die Lösungen für Probleme trägt der Klient dabei schon in sich, er ist der Experte. Hier schließt sich der Kreis unseres Gesprächs, denn Fabian Brüggemann hat die Haltung Der Patient ist der Experte längs verinnerlicht.


von Nicole Finkenauer-Ganz

Kontakt:
Kirchheim-Verlag, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz, Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0,
Fax: (0 61 31) 9 60 70 90, E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2013; 62 (2) Seite 48-49

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Ähnliche Beiträge

EASD-Jahrestagung 2025: Die Diabetes-Forschung der Welt in Wien

Zur 61. Jahrestagung der Europäischen Gesellschaft für Diabetesforschung (EASD) traf sich die Diabetologie im September 2025 in Wien. Live waren 13 855 Personen dabei, im Internet verfolgten 1354 den Kongress.
EASD-Jahrestagung 2025: Die Diabetes-Forschung der Welt in Wien | Foto: EASD

4 Minuten

Nachgefragt Recht | Nur in besonderen Situationen: Mehrkosten für Ernährung geltend machen

Manche Menschen benötigen aus gesundheitlichen Gründen eine kostenaufwendige Ernährung. Allerdings kann man diese Mehrkosten in Deutschland nur im Ausnahmefall bei Sozialamt, Krankenkasse oder Finanzamt geltend machen. Hier fassen wir die Möglichkeiten zusammen.
Nachgefragt Recht | Nur in besonderen Situationen: Mehrkosten für Ernährung geltend machen | Foto: New Africa - stock.adobe.com

3 Minuten

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Community-Frage

Mit wem redest du
über deinen Diabetes?

Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Community-Feed

  • Wir freuen uns auf das letzte virtuelle Community-MeetUp des Jahres! 🎄Morgen, Donnerstag, um 18 Uhr. Alle Infos findet ihr hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-dezember-2/

  • Hey, brauche Eure Hilfe. Habe den G7 genutzt. Als der über mehrere Monate (Frühjahr/Sommer 2025) massive Probleme (teils Abweichungen von 150 mg/dL, Messfaden schaute oben heraus) machte bin ich zum G6 zurückgegangen. Dessen Produktion wird nun eingestellt. Ich habe solche Panik, wieder den G7 zu nutzen. Habe absolut kein Vertrauen mehr in diesen Sensor. Aber mit meiner TSlim ist nur Dexcom kompatibel. Ich weiß nicht was ich machen soll, ich habe solche Angst.

    • Mit “meinem” Omnipod 5 wird der Dexcom G7 Ende 2026 voraussichtlich der einzige verfügbare Sensor sein.

      So richtig begeistert über die Einstellung des G6 bin ich auch nicht, auch wenn es absehbar war.
      Ich habe einfach die Hoffnung, dass die Qualitätsprobleme beim G7 bis dahin ausgestanden sind.

      Ich warte das Thema noch einige Monate ab.
      Wenn ich Ende 2026 feststelle, dass die Kombination aus meiner Pumpe und dem CGM für mich nicht funktioniert, bin mir sicher, dass meine Diabetes-Ärztin und ich eine gute Lösung für mich finden.

      Hier habe ich aufgeschnappt, dass für die t:slim wohl eine Anbindung des Libre 3 in der Mache ist:
      https://insulinclub.de/index.php?thread/36852-t-slim-mit-libre-3-wann/
      Leider steht keine überprüfbare Quelle dabei. 🤷‍♂️

      Ein weiterer mir wichtiger Gedanke:
      Angst und Panik sind in diesem Zusammenhang vermutlich keine hilfreichen Ratgeber. Hoffentlich schaffst Du es, dem Thema etwas gelassener zu begegnen.
      (Das sagt der Richtige: Ich habe in meinem letzten DiaDoc-Termin auch die Hausaufgabe bekommen, mal zu schauen, was mir gut tut.)

    • @ole-t1: Hey Ole, ganz lieben Dank für Deine Nachricht. Die Produktion des G6 endet laut einem Artikel auf dieser Seite ja zum 1. Juli 2026. Wann der Libre3 mit der TSlim kompatibel sein wird weiß man ja noch nicht. An sich gefällt mir Dexcom auch besser als Libre und die erste Zeit lief der G7 ja auch super bei mir. Ich kann mir schwer vorstellen, dass der G7 von heute auf Morgen nicht mehr bei mir funktioniert? Es gab ja auch das Gerücht das Dexcom eine zeitlang Produktionsprobleme hatte, dass wäre ja eine Erklärung, aber da geht Dexcom natürlich auch nicht mit hausieren.

    • @bloodychaos: Moin, ich benutze den G 7 seit Dezember 2022 (vorher G 6). Seit Dezember 2024 in Kombination mit der t:slim X 2 Ja, es hat immer mal wieder einen Sensor gegeben, der nicht richtig funktioniert hat . Dann wurde ein neuer gesetzt, der Vorfall an Dexcom gemeldet und es gab dann wenige Tage später einen neuen Sensor.
      Wie ole-t1 schon geschrieben hat, erst einmal die Ruhe bewahren und nicht in Panik verfallen. Alle auf dem Markt erhältlichen Sensoren haben Schwankungen in der Genauigkeit ihrer Angaben. Wichtig ist daher zu beurteilen, ob das, was der Sensor anzeigt, überhaupt sein kann.
      Zum Beispiel durch blutiges Nachmessen (dabei bitte dran denken, dass der Gewebezucker, den die Sensoren messen, rd. 20-30 Minuten hinter dem Blutzucker hinterher hinkt).

  • loredana postete ein Update vor 1 Woche

    Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.

Verbände