- Leben mit Diabetes
„Positiv verknüpft“: Hobby Fotografie und Alltag Diabetes
5 Minuten
Die meisten Diabetes-Journal-Leserinnen und -Leser kennen den Diabetes von sich selbst oder von engen Angehörigen. Für Diabetes-Journal-Chefredakteur Prof. Thomas Haak ist der Diabetes Berufsalltag. In seiner Klinik hat er täglich mit Menschen zu tun, die auch mal gern erzählen von ihrem Leben mit Diabetes – so wie Ingenieurin und Hobby-Fotografin Martina Mader.

Im Frühjahr war Martina Mader im Diabetes Zentrum Mergentheim – und als sie Chefarzt Prof. Dr. Thomas Haak von ihrem Beruf und ihren Hobbys erzählte, wurde dieser hellhörig und bat sie um ein Interview. Hier das Ergebnis:
Diabetes-Journal (DJ): Wie haben Sie die Diagnose Diabetes als 10-jähriges Kind damals empfunden?
Martina Mader: Ich habe gar nicht verstanden, was los ist. Meine Mutter war niedergeschlagen, und das hat mir Angst gemacht. Ich hatte, wie wohl fast jedes Kind, Angst vor Spritzen und wollte das anfangs nicht selbst machen. Über die Zukunft und darüber, dass der Diabetes für immer bleibt, habe ich mir keine Gedanken gemacht. Da meine Mutter selbst Diabetikerin ist und sie mich entsprechend betreute, war das für mich wohl gar nicht so eine große Sache. Das kam wohl eher in der Pubertät oder sogar erst danach.
DJ: Welche Rolle spielt der Diabetes überhaupt in Ihrem Leben?
Mader: Eine Rolle kann man dem Diabetes ja eigentlich gar nicht zuweisen. Es gibt mich nun mal nicht ohne. Natürlich geht er mir, wenn es mal wieder nicht richtig läuft, fürchterlich auf die Nerven. Da ist dann auch schon echt viel Frust dabei, wenn er mir den Tag vermiest. Aber insgesamt kann man doch recht gut mit Diabetes leben, solange man ihn nicht ignoriert. Ich will mich vom Diabetes nicht aufhalten lassen und alles tun, worauf ich Lust habe.
Ich vernachlässigte meinen Diabetes sehr lange und habe Glück, dass ich den Spätfolgen bisher entkommen konnte. Das schlechte Gewissen, das ich in der Phase mir selbst gegenüber hatte, führte dazu, dass ich mir Hilfe suchte. Dabei begann ich, mich positiv damit auseinanderzusetzen und mein Hobby, die Fotografie, mit Diabetes zu verknüpfen.
„Hilfe“: Das Bild soll zeigen, dass man nicht alles allein schaffen muss.
DJ: Gab es negative Erlebnisse mit Diabetes, die Sie nicht loslassen?
Mader: Sehr negativ ist mir in Erinnerung geblieben, dass sogenannte Freunde nie begriffen haben, dass ich bei gemeinsamen Feiern auch ungezuckerte Getränke brauche. In Sportgruppen haben viele auch nicht verstanden, warum ich jetzt plötzlich doch nicht mitmachen kann. Oder mir wurde mein Traubenzucker weggefuttert, ohne mir etwas zu sagen. Auch dass das Wort behindert als Schimpfwort benutzt wurde, nur weil man jemanden ohne Behinderung nicht mochte, war für mich total schrecklich.
Während meines Studiums half ich beim Deutschen Roten Kreuz mit. Dabei bemerkte ich, dass der Stress beim Auslösen des Melders und die Angst, den Einsatz nicht sicher abarbeiten zu können, meinen Blutzucker stark erhöhen. Das Risiko war mir zu groß. Außerdem hätte ich wohl psychisch die Einsätze nur schwer verarbeitet. Deshalb quittierte ich damals den aktiven Dienst. Für die anderen Ehrenamtlichen war mein Diabetes nie ein Hindernis. Die fanden höchstens spannend, mal von einem Betroffenen zu hören.
DJ: Haben Sie Erlebnisse mit Diabetes, die Sie positiv in Erinnerung haben?
Mader: Ich habe gute Erinnerungen an verschiedene Erlebnisse, aber dass daran der Diabetes einen Anteil hat, kann ich nicht sagen. Ich habe durch die Fotos versucht, solche Erlebnisse zu schaffen. Dass die Fotos nun Interesse bei Ihnen geweckt haben, werte ich als positives Erlebnis.
Martina Mader: „Manche meiner Fotos sind düster, wirken bedrohlich.“ Stimmt, wie man hier am Beispiel „Angst“ sehen kann.
DJ: Wie kamen Sie auf die Idee, Umwelttechnik zu studieren?
Mader: Ich hatte in der Schulzeit schon viel Interesse an Naturwissenschaften, konnte mich nur nicht für eine entscheiden. Also suchte ich ein Studium, das alles verbindet. Dabei auch noch am Umweltschutz zu arbeiten, hat mir gefallen.
DJ: Ihr Beruf ist teilweise auch Ihr Hobby, weil Sie sich auf Dampfdruckanlagen spezialisiert haben, oder?
Mader: Ich bin Sachverständige für Dampf und Druck beim TÜV Nord. Die Arbeit ist für mich eine Herausforderung, weil ich mich immer wieder auf neue Aufgaben, Anlagen und Kunden einstellen muss. Der Diabetes muss entsprechend eingestellt werden, damit keine gefährlichen Situationen entstehen. Das klappt sehr gut.
Ich könnte mir nicht vorstellen, einen Bürojob zu machen. Ich darf als Sachverständige auch historische dampfbetriebene Fahrzeuge, z. B. Lokomotiven, Dampftraktoren, prüfen. Das machen nur wenige Sachverständige. Es ist toll, wie die alte Technik heute noch funktioniert und oft viel eleganter als die neue Technik ist. Und wer darf schon regelmäßig direkt neben dem Lokführer eine Probefahrt machen 🙂
DJ: Sie haben interessante Hobbys: Wie kommt man auf Jonglieren?
Mader: Zufall! Ich übte mal in der Schulzeit, mit drei Bällen zu jonglieren, hatte es aber nie weiterverfolgt. An der Uni habe ich dann mal mit einem Studenten gemeinsam gegessen, und wir unterhielten uns über unsere Hobbys. Durch ihn erfuhr ich von der Unisportgruppe „Jonglieren und Artistik“ und bin dabeigeblieben. Es gibt für mich keinen besseren Ausgleich. Sogar in der Diabetesklinik hatte ich meine Jongliersachen dabei. Ich trete nicht auf, für mich ist das Meditation und Sport.
DJ: Ihre Fotos beeindrucken sehr. Seit wann fotografieren Sie?
Mader: Vielen Dank! Ich kaufte mir 2015 meine erste Spiegelreflexkamera. Bis dahin hatte ich überhaupt keinen Schimmer, was man alles einstellen kann und wie damit die Bilder beeinflusst werden. Ich arbeitete dann erst mal ein Buch zur Kamera durch und machte dann verschiedene Kurse und Workshops. Vieles kann man sich über Videos im Internet aneignen. Wenn ich etwas Spannendes sehe, probiere ich so lange rum, bis ich ein gutes Foto habe, das meistens ganz anders aussieht als auf der Vorlage.
Selbstbewusst auf dem Pen durchs Weltall: „Der Flieger“ – beim Shooting sehr oft abgestürzt.
DJ: Was möchten Sie mit Ihren Bildern ausdrücken und den Menschen sagen?
Mader: Eigentlich wollte ich bisher gar nichts ausdrücken, sondern hatte einfach nur Spaß am Fotografieren und daran, mir meine Bilder und die anderer anzusehen. Die gezielte Bildaussage fing erst in Verbindung mit dem Diabetes an. Eigentlich war das auch nur für mich gedacht. Aber ich habe beim Klinikaufenthalt gemerkt, dass ich mit meinen Gefühlen rund um den Diabetes nicht allein bin.
Bei dem Bild „Sweets“ war es mir wichtig, dass man auf den ersten Blick gar nicht sieht, dass es sich um Diabetes dreht. Einem Diabetiker sieht man es ja auch nicht an. Das Shooting war einem guten Blutzuckerwert nicht sehr zuträglich, da die Modelle am Ende vernichtet wurden. Das Bild „Hilfe“ mit den zwei Figuren und dem Pen soll zeigen, dass man nicht alles allein schaffen muss. Dazu gehört das Bild „Allein“ (siehe großes Bild oben).
Diese Bilder sind nach einem guten Gespräch bei meiner Diabetologin entstanden. Der „Flieger“, der selbstbewusst seinen Pen durchs Weltall reitet, soll motivieren. Der ist beim Shooting allerdings sehr oft abgestürzt.
„Einfach nur Spaß gemacht“: Bild „Pen“.
|
Interview: Prof. Dr. Thomas Haak
|
![]() |
|
Chefarzt Diabetes Zentrum Mergentheim
Theodor-Klotzbücher-Straße 12
97980 Bad Mergentheim
E-Mail: info@diabetes-zentrum.de
|
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2020; 69 (9) Seite 40-42
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Ähnliche Beiträge
- Behandlung
Diabetes-Anker-Podcast: Von der Insulin-Entdeckung zu modernen Diabetes-Therapien – mit Prof. Thomas Forst
- Begleit-Erkrankungen
Jeder Dritte erkrankt an Gürtelrose: Vorsorge für Ältere und chronisch Kranke besonders wichtig
3 Minuten
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Über uns
Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.
Community-Frage
Mit wem redest du
über deinen Diabetes?
Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.
Werde Teil unserer Community
Community-Feed
-
insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 1 Tag
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
-
moira antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
-
-
hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
-
lena-schmidt antwortete vor 2 Wochen, 1 Tag
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
-
connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
-
Kaffee, Kekse … und ein 


Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig