Coping-Strategie als Diabetes-Begleiter?

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Coping-Strategie als Diabetes-Begleiter?

Dr. Nicola Haller ist Vorsitzende des Verbands der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland (VDBD). Es ist wichtig, sagt sie, dass Betroffene in der Schulung lernen, den Diabetes selbst zu managen, die Krankheitsbürde gut zu bewältigen und einen positiven Lebenswandel im Alltag umzusetzen. Über Probleme sollte mit dem Diabetesteam offen gesprochen werden.

Warum geschieht mir das mit dem Diabetes?“ Die Frage stellen sich viele Menschen – sie bleibt ohne richtige Erklärung. Dazu spüren viele Patienten nach der Diagnose auch die „Last der Verantwortung“: Die Lebensführung mit Diabetes kann sehr anstrengend verlaufen – und manch eine/r ist beschämt, wenn sich trotz aller Überlegungen um ein möglichst perfektes „Krankheitsmanagement“ keine Erfolge einstellen. Urlaub vom Diabetes geht eben nicht.

Schnell erklärt:
Coping (bewältigen, überwinden): Strategie, damit chronisch Kranke ihre Bürde besser bewältigen und mit Belastungen, Stress, Angst besser zurechtkommen können

Es kostet viel Zeit, Blutzuckerschwankungen immer wieder zu hinterfragen – es gibt einfach viele mögliche Ursachen dafür! In der Diabetes-Schulung und -Beratung wird das Selbstmanagement zwar angestoßen und vermittelt, jedoch können nicht alle Lebenslagen diskutiert werden, und es kommen immer neue hinzu. Zum Umsetzen der aktuellen Diabetestherapie kommt der ständige Anpassungsbedarf hinzu. Da kann man schon mal müde werden …

Diabetes gut koordinieren

In der Diabetesversorgung ganz vorne stehen das Selbstmanagement sowie das Verordnen geeigneter Medikamente. Zum Selbstmanagement gehören auch Informationen zu Ernährung und Bewegung. Das erworbene Wissen kann aber von vielen nicht immer konsequent umgesetzt werden im Alltag. Störgrößen können berufliche Herausforderungen sein oder das Nebeneinander von Diabetes und Familie oder Partnerschaft. Wichtiges Ziel der Diabetesschulung ist es, den Teilnehmenden dabei zu helfen, Veränderungen des Lebenswandels umzusetzen – gerade jene, die nützlich sind für die Diabetestherapie.

Natürlich soll dabei die Lebensqualität erhalten bleiben. Der Diabetes, egal welche Form, sollte gut in das eigene Leben integriert werden. Laut aktuellen Leitlinien sollen Patienten selbst beteiligt sein an den Therapieentscheidungen und diese gemeinsam mit dem Arzt/Diabetesteam finden – Betroffenen fällt es dadurch leichter, die Therapie zu akzeptieren und umzusetzen.

Eine chronische Erkrankung ist eine psychische Herausforderung

Wie wird die Diabeteserkrankung verarbeitet, wie kann man sein Leben anpassen an eine chronische Erkrankung? Die psychologische Sichtweise benötigt mehr Beachtung. In den letzten 20 Jahren hat man sich mehr und mehr damit beschäftigt, mit welcher Strategie gerade chronisch Kranke ihre Bürde besser bewältigen können („Krankheits-Coping“). Und es gibt immer feinere psychologische Hilfestellungen. Die psychologische Unterstützung ist aber kein selbstverständlicher Baustein einer Betreuung von chronisch Kranken. Hierdurch wären aber eine bessere Lebensqualität und eine deutliche Reduktion der Behandlungskosten denkbar.

Viele Menschen mit Diabetes wünschen sich eine umfassende Kontrolle – erreichen diese aber normalerweise nicht. Wie befreiend könnte die Vorstellung sein, dass der Diabetes erklärbar verliefe und restlos kontrollierbar wäre! Besser ist, sich vom Ziel der gänzlichen Kontrolle zu verabschieden – man ermöglicht sich selbst damit, sich inner- wie äußerlich weiterzuentwickeln.

Wer selbstständig im Alltag Entscheidungen trifft und seine Therapie anpasst, der übernimmt Verantwortung. Der Begriff „Empowerment“ (Ermächtigung) ist hier sehr wichtig: Diabetestraining durch Schulungen soll die Menschen in die Lage versetzen, die Therapie mit einem realistischen Aufwand zu gestalten, gemäß ihren eigenen Zielen und Wünschen – auch, um Wohlbefinden zu fördern und Akut- und Begleiterkrankungen zu verhindern.

Coaching und Apps unterstützen

Coaching gilt als eine mögliche Unterstützung dabei, die Diabetestherapie „immer im Blick und immer dabeizuhaben“, um Risiken wie bei den geschilderten Beispielen zu vermeiden.

Diverse Programme und Apps wie MyDiabetes, AOK Coach und Thieme Coach gibt es schon. Mit der Gesundheitsplattform Thieme Coach von Thieme TeleCare werden Patienten in ihrer individuellen Erkrankungssituation unterstützt. Die dazugehörige App Thieme Coach bildet die digitale Oberfläche, mit der Patienten ihre Gesundheit managen.

Coaching-Programme mit persönlichen und digitalen Komponenten sorgen für Nachhaltigkeit, sodass man idealerweise unterschiedliche Ziele erreichen kann:

  • Stärkung des Selbstmanagements und Empowerments der Teilnehmer,
  • Verbesserung der Therapiebeachtung (Therapieadhärenz) und Motivation der Teilnehmer,
  • Senken von Kosten und Krankenhausaufenthalten der Teilnehmer.

Es ist sicher eine Geschmacksfrage, wie jeder das Ziel verfolgt, dem Trott mit Diabetes zu entkommen. Für alle geltende Empfehlungen gibt es an dieser Stelle nicht. Die Eigeninitiative, das Alltägliche zu hinterfragen, ebenso eigene Handlungen und nicht, einfach alles eben laufen zu lassen, sind jedoch gute Ansätze.

Darüber reden, sich Hilfe suchen!

Kürzlich berichtete eine 20-jährige Patientin, dass sie sich um ihren Diabetes nicht richtig kümmern könne, weil die häusliche Situation mit ihrer Mutter sie so anstrenge. Das zeigt: Ständige Diskussionen ums Alltägliche lassen die gekonnte Routine vergessen und führen in eine Spirale von Selbstvorwürfen und Ignoranz der Wirklichkeit. Dann ist es sinnvoll, sich Unterstützung auch im therapeutischen Team zu suchen, indem man über die bestehenden Probleme offen spricht. Lösungen können vielschichtig und gewinnbringend sein, wenn man darüber redet.

Typ-1-Diabetes fordert auch die Familie

Der Typ-1-Diabetes fordert nicht nur den Betroffenen selbst, sondern auch die Familie, die Menschen, die mit ihm zusammen leben im Alltag: „Typ-F-Diabetes“ ist das Stichwort. Eltern oder Partner sind manches Mal zu schnell mit Vorwürfen unterwegs, und der Alltag verkompliziert sich. Das Diabetesinformationsportal „DiabInfo“ bietet Podcasts mit Experten zu psychosozialen Themen in Bezug auf Typ-1-Diabetes in der Familie an.

Auch das Schulungsprogramm „DiaLife“ für Angehörige wird zukünftig eine verbesserte Kommunikation unterstützen können. Eine wichtige Coping-Strategie ist, gemeinsam mit dem therapeutischen Team zu besprechen, wie mehr Lebensqualität zu gewinnen ist, auch wenn der Diabetes „immer mit dabei“ ist. Schön, wenn Sie wie Heike Führ von multiple-arts.com sagen könnten: Ich glaube an mich! Ich weiß, dass etwas in mir ist, das größer und mächtiger ist, als jedes Hindernis.

Schwerpunkt: „Diabetes – immer dabei“


von Dr. Nicola Haller

Avatar von nicola-haller

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2021; 70 (9) Seite 27-29

 

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  • cesta postete ein Update vor 1 Woche

    Hallo zusammen, ich habe eine Frage an euch. Ich habe seit 4 Jahren Typ 1 LADA und bisher nur mit Basalinsulin ausgekommen. Seit 3 Wochen muss ich nun auch zu jeder Mahlzeit Humalog spritzen. Für die Berechnung wiege ich immer alles ab. Könnt ihr eine App empfehlen, die bei der Berechnung der Kohlenhydrate unterstützt? Oder habt ihr andere Tipps wie man sich daran gewöhnt? Ich wiege bisher alles ab und kann mir gar nicht vorstellen, dass ich mir das zukünftig merken kann bzw. wie ich die Kohlenhydrate schätzen kann. Vielen lieben Dank für eure Hilfe! Liebe Grüße, Christa

    • Hallo cesta, ich habe gute Erfahrungen mit der WETID App gemacht. Hier erhältst du für fast alle Lebensmittel BE – Werte. Man kann auch das Portionsgewicht eingeben und erhält dann die entsprechenden BE’s.
      Die App mit Werbung war bisher kostenlos. App ohne Werbung und im Abo ist besser.

      LG von kw = Kurt mit Diabetes Typ 3c

    • Hallo Christa! Ich verwende die FDDB app. LG Sarah (Lada)

    • @kw: Vielen lieben Dank für den Tipp!

    • @moira: Vielen lieben Dank für den Tipp!

  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo Heike, oh da hast du aber auch viel geschafft. Ja ich habe die Kinder mit Diabetes bekommen und meine Kinder sind 26,25,23 und bald 19 🥰….und wie du hoffe bald wieder fit zu sein. Beruflich wechsle ich jetzt vom Kinderhospiz wieder in die Krippe da es dort vorausschaubarer ist als im Schichtdienst. In der Hoffnung der Diabetes lässt sich dort wieder besser einstellen. Eigentlich sollte ich auch die Ernährung wieder umstellen, das weiß ich aber es fällt mir so schwer. Wie ist das da bei dir. Was machen deine Werte ? Viele Grüße Astrid

    • mayhe antwortete vor 1 Woche

      @sveastine: Hallo liebe Astrid, sag mal kann es sein, daß du in den Wechseljahren bist? Ich habe meine schon hinter mir, aber das war zuckertechnisch eine der schwierigsten Zeiten, weil ständig alles durcheinander war. Damals war ich allein 2 x in der Diabetes Klinik Bad Mergentheim zum Anpassen innerhalb von 3-4 Jahren. Die Hormonwirkungen waren der Wahnsinn. Jetzt ist es wieder deutlich ruhiger. Was hast du eigentlich für eine Versorgung? Pen? Pumpe? Insulin? Sensor?
      Ich habe die Tandem tslim mit Sensor und Novorapid. Und das ist für mich der game changer gewesen. Seitdem werden die zuckertechnischen Anstrengungen auch mit guten Werten belohnt. Liebe Grüße Heike

    • sveastine antwortete vor 1 Woche

      @mayhe: Hi, ja ich bin in den Wechsel Jahren schon eine ganze Weile und nehme Hormone. Das ist denke ich ist der Hauptgrund der Schwankungen, aber das geht schon seit ca 3 Jahren so, was doof ist. Ich hab das gleiche System wie du tslim und Dexcom, trotzdem schwierig.aber für Bad Mergentheim lt. Diabetologe zu gut um die Genehmigung dafür zu bekommen 🤷🏻‍♀️

    • @sveastine: Das ist ja witzig, das du dieselbe Versorgung hast. Also bist du da optimal versorgt. Jetzt verstehe ich deinen Frust. Nach den Behandlungen in Bad Mergentheim war es wenigstens eine Weile besser. Warst du schon mal in Reha wegen dem Zucker? Ist zwar nicht Bad Mergentheim, aber manche Rehakliniken machen das wohl echt gut. Du musst “nur” darauf achten, dass sie ein spezielles Angebot für Typ1er haben. Ich war 2019 in der Mediclin Klinik Stauffenberg, Durlach. Das war okay. Am wichtigsten fand ich den Austausch mit den Mitpatienten. Aber natürlich ist der Aufwand für dich bei 4 Kindern für 3 Wochen, sehr hoch. Und eine Garantie dafür das dann länger besser läuft gibt es nicht. Ich fand es aber immer wichtig, den zuckertechnischen Input und die Solidarität zu erfahren. Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Nicht Durlach, sondern Durbach.

  • Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

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