- Psyche
“Du musst deinen Kurs ändern, wenn der Wind sich dreht.”
4 Minuten
Leicht ist es nicht, das Glück zu finden. Es gibt ja oft auch Gründe, mit seinem Schicksal zu hadern, sich unzufrieden und unglücklich zu fühlen – der Diabetes kann einer dieser Gründe sein. Wie kann es trotzdem gelingen, Glück zu erleben, glücklich zu sein? Kann man Glück sogar lernen? Gibt es ein Patentrezept? Und was hat das alles mit dem Segeln zu tun? Lesen Sie dazu ein Interview mit dem Psychotherapeuten Dr. Volker Reinken.
Herr Dr. Reinken, gibt es eine Definition für Glück?
Das Glück liegt immer im Auge des Betrachters. Es kommt auf die Einstellung an, mit der man Dinge tut oder erlebt. Wissenschaftlich gesehen unterscheiden Glücksforscher zwischen dem Zufallsglück, etwa einem Lottogewinn, und dem Lebensglück, also dem Glücksgefühl. Und es gibt, wenig poetisch, die Biochemie -Definition: Dopamin, Serotonin, Endorphine, Noradrenalin – die Stoffe, die biochemisch Glücksgefühle erzeugen.
Was bedeutet das – im Auge des Betrachters?
Wenn uns andere sagen: “Du müsstest doch eigentlich glücklich sein” und man ist es nicht, bringt uns das nicht weiter – letztlich entscheiden wir nämlich selbst, ob wir glücklich sind. Im “World Happiness Report” wird konkret nach Glücksfaktoren gefragt. Dinge wie Arbeitszufriedenheit, Sicherheit, die Lebenserwartung, ob man verlässliche Menschen um sich hat und freie Entscheidungen treffen kann. Für eine andere, europaweite Studie wurden Menschen direkt befragt und es wurde herausgefiltert, dass Menschen in einer guten Partnerschaft, mit Kindern und mit einem guten Einkommen die glücklichsten sind. Im “World Happiness Report” hingegen zeichnet sich ein klares Nord-Süd-Gefälle ab.
Kann man Glücklichsein denn lernen?
Ja, von Kindesbeinen an! Es gibt ein Zitat von Karl Valentin: “Wir brauchen unsere Kinder nicht zu erziehen, sie machen uns sowieso alles nach.” Tiefenpsychologisch gesehen bekommen wir vieles von unseren Eltern mit. Wir werden geprägt durch ihre Haltung uns und dem Leben gegenüber. Wenn jemand ständig hört: “Pass auf, die Welt ist schlecht und sei vorsichtig”, dann erzeugt das bei Kindern viel eher Unsicherheit und Alarmbereitschaft. Wenn viel Urvertrauen herrscht und Eltern vorleben, dass das Glück in kleinen Dingen liegt und nicht im großen Wurf, auf den man ewig wartet und den man sowieso nie vollkommen erreichen kann, erzeugt das eine andere Prädisposition beim Kind. Wer es schafft, sich an kleinen Dingen zu erfreuen, der hat schon von vorneherein ein ganz anderes Lebensgefühl.
Basiert das Glücksempfinden auch auf genetischer Veranlagung?
Absolut. Nicht alles setzt sich zwingend durch, aber es gibt nachweislich eine genetische Komponente. Eine eher pessimistische oder eher optimistische Einstellung wird in Familien weitergegeben.
Gibt es Glücksstrategien?
Natürlich kann man versuchen, seine Ansichten zu ändern. Manche Menschen haben die Angewohnheit, Katastrophen quasi herauf zu beschwören. Schlechte Gedanken bei sich selber zu bemerken und sie zu stoppen, kann man aber lernen. Patienten rate ich zum Beispiel, ein Goldblättchen-Tagebuch zu führen, indem sie Glücksmomente notieren. Das hilft, ein anderes Bewusstsein für Glück zu schaffen. Insgesamt ist es aber komplexer. Es geht um einen Lebensentwurf, auch im Sinne einer Work-Life-Balance. Dazu gehört, dass man sich um sich selbst kümmert, die eigenen Leistungsgrenzen respektiert, für gutes Essen und Bewegung sorgt, für ausreichend Schlaf. Es geht auch um die Frage: Wie stehe ich in Beziehung zu meinen Mitmenschen? Wie ist mein soziales Netz, das mich stärkt? Wie fähig bin ich, mit Konflikten umzugehen? Die dritte Ebene ist die Frage nach dem Sinn: Was macht mein Leben aus und wo möchte ich hin? All das sind Komponenten für ein glückliches Leben.
- Diplom-Psychologe Dr. Bernhard Kulzer vom Diabetes Zentrum Mergentheim hat darüber einen Artikel im Diabetes-Journal geschrieben.
- Ein Beispiel für einen erfolgreichen Umgang mit dem Diabetes und ein glückliches Leben ist Erik Momsen – sein Porträt und seine Erfolgsfaktoren im Umgang mit der Krankheit sind ebenfalls im Diabetes-Journal erschienen.
- Wie resilient – also widerstandsfähig in seelischen Dingen – Sie selbst sind, können Sie durch diesen Test herausfinden.
Sollte man also einen Plan für sein Leben erstellen?
Ja und Nein. Man sollte sich Ziele setzen und überlegen, was man aus seinem Leben machen möchte. Allerdings man muss in der Lage sein, mit dem Strom zu gehen, sich und seinen Plan zu verändern und lernen, Dinge so anzunehmen, wie sie sind. Ich vergleiche das gern mit dem Segeln: Man möchte ein bestimmtes Ziel ansteuern, aber die Windrichtung ändert sich – dann kann es sein, dass ich einen ganz anderen Kurs fahren muss, weil sich der Wind gedreht hat. So ist das auch im Leben.
Kann das Glücksempfinden ein dauerhafter Zustand sein?
Nein. Das funktioniert leider nicht. Das ist wie mit der Liebe: Anfangs hat man ein Hochgefühl des Verliebtseins, das sich aber im Laufe der Zeit verflüchtigt und durch ein tieferes Gefühl von Liebe, Verbundenheit und Vertrauen ersetzt wird.
Wie sehr ist das Glück an das Schicksal gekoppelt?
Sehr. Die Frage ist: Wie viel kann ein Mensch tragen? Harte Schicksalsschläge wirken sich zwangsläufig auf das persönliche Glück aus. Da kommt es darauf an, wie man das verarbeiten kann und wie man damit umgeht. Wichtig ist außerdem die sogenannte Resilienz: Wie sehr habe ich gelernt, mit schwierigen Situationen umzugehen? Jemand, dem als Kind alles abgenommen, der in Watte gepackt und ständig bevorzugt wurde, hat es sicherlich schwieriger im Leben als jemand, der schon als Kind gefordert wurde. Nichtsdestotrotz muss man sagen: Es gibt bei jedem Grenzen des Ertragbaren.
Ist Glück denn ansteckend?
Ja. Dafür haben wir eigene Nerven, die sogenannten Spiegelneuronen. Sie sorgen dafür, dass wir fühlen, was ein anderer fühlt – Empathie also.
Sollte man also bewusst etwas für das Glück anderer tun?
Darin liegt meiner Ansicht nach ein wesentlicher Aspekt des eigenen Empfindens von Glück: Jeder strebt danach, glücklich zu sein. Sich dabei gegenseitig zu helfen und zu unterstützen, kann wiederum sehr beglückend sein. Es gibt viele Möglichkeiten im Alltag: Jemandem die Tür aufhalten, kleine Geschenke oder gemeinsam Zeit zu verbringen. Letzteres ist für uns Menschen ein Grundbedürfnis. Wichtig sind auch Lob und Bestätigung. Nicht so viel darüber nachzudenken, wo ich selbst gelobt werden könnte, sondern vielmehr schauen, für was kann ich den anderen loben? Wie kann ich ihn bestätigen in dem, was er tut? Wenn man das berücksichtigt und umsetzt, erhält man in der Regel ganz viel zurück!
- Francois Lelord: Hectors Reise oder Die Suche nach dem Glück: Pieper, 2008
- Paul Watzlawik: Anleitung zum Unglücklichsein: Pieper, 1988
- Barbara Ann Kipfers: 14.000 Gründe glücklich zu sein: Könemann, 1998
Quelle: Pressemitteilung der Helios Privatklinik Allgäu vom 10. September 2015
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig