Fünf erprobte Strategien gegen den Stress

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Fünf erprobte Strategien gegen den Stress

Überforderung ist wahrscheinlich für keine Mutter und keinen Vater ein unbekanntes Phänomen. Es gibt im Familienalltag für die meisten Eltern immer wieder Situationen, in denen sie nicht mehr weiter wissen oder sich von der Flut der Anforderungen überwältigt fühlen.

Kommt es häufiger vor, dass Eltern die Nerven verlieren oder fühlen sie sich aufgrund der Belastung dauerhaft erschöpft, ist es sinnvoll, langfristig etwas im Familienalltag zu verändern. Die folgenden fünf Strategien können dabei hilfreich sein.

1. Vorgehensweisen für kritische Situationen

Es gibt in den meisten Familien Situationen, die immer wieder zu Überforderung oder Überlastung führen. Sie können mit beruflichen Anforderungen zusammenhängen (sehr früher Arbeitsbeginn, Überstunden) oder einfach regelmäßig im Alltag auftreten (Bettgeh-Prozedur, Hausaufgaben, Essenszeiten).

Wenn Eltern sich in so einer Situation akut völlig überwältigt fühlen und nur noch schreien und weinen möchten, kann es momentan hilfreich sein, die Situation zu verlassen, um sich beruhigen zu können. So kann verhindert werden, dass Eltern die Kinder oder einander beschimpfen, ihnen "die Hand ausrutscht" oder sie in anderer Art und Weise die Fassung verlieren. Einige Minuten in einem anderen Raum oder an der Luft können helfen, sich zu beruhigen. Natürlich muss sichergestellt sein, dass die Kinder dabei gut versorgt sind. Wenn möglich, kann der Partner gebeten werden, die Situation zu übernehmen.

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Bei bekannten, immer wiederkehrenden kritischen Situationen können Eltern Überlastung vorbeugen, indem sie die Situationen neu strukturieren und im Voraus planen. In einer ruhigen Atmosphäre besprechen sich erst die Eltern und dann Eltern und Kinder gemeinsam. Dabei legen sie fest, wie die Regeln für diese kritischen Situationen aussehen sollen, verteilen Aufgaben altersangemessen und gerecht und legen Konsequenzen fest, für den Fall, dass sich jemand nicht an die Regeln hält.

Gibt es z. B. immer wieder morgens beim Fertigmachen Streit und Geschrei, könnte zu den Regeln gehören: Mama und Papa stellen den Wecker früh genug und stehen auch tatsächlich auf; das Schulkind legt am Abend vorher seine Anziehsachen raus und packt die Schultasche; ein Elternteil deckt den Frühstückstisch und kümmert sich um das Kleinkind, das andere Elternteil bereitet die Pausenbrote zu.

Immer gilt, dass die Regeln zum Alter und Entwicklungsstand des Kindes passen müssen. Wenn zwei Partner anwesend sind, sollten sich auch beide an der Vorausplanung kritischer Familiensituationen beteiligen. Besprechen Sie die neuen Regeln genau mit ihrem Kind und bleiben Sie zunächst dabei, wenn es diese umsetzt (z. B. die ersten Male helfen oder überwachen, wenn das Kind seine Kleidung heraussucht, damit sichergestellt ist, dass es weiß, was Sie von ihm erwarten).

Überlegen Sie vorab, was Sie tun werden, wenn Ihr Kind sich nicht an die Regel hält. Das ist wichtig, weil es schwierig ist, in der Situation spontan angemessen zu reagieren. Unter Zeitdruck ist dann die Wahrscheinlichkeit viel höher, dass Eltern schreien oder schimpfen. In diesem Beispiel könnte eine angemessene Konsequenz sein, dass eine abendliche Freizeitaktivität erst begonnen werden darf, wenn die Aufgabe (Kleider rauslegen) erledigt ist.

Die erarbeiteten Regeln können schriftlich festgehalten werden um ihre Verbindlichkeit zu erhöhen. Und wenn es klappt, loben sie Ihre Kinder oder vielleicht gibt es eine schöne Familienaktivität (ein besonderes Essen, ein Spiel spielen), mit der sie sich gemeinsam belohnen können. Solche Regelungen gelten nicht für die Ewigkeit. Sie müssen immer wieder neu überdacht und verändert werden.

2. Prioritäten setzen

Der Alltag mit Kindern stellt immer wieder eine Vielzahl von Anforderungen. Häufig kommen so viele zusammen, dass nicht alle zu bewältigen sind.

Das kann besonders für Eltern belastend sein, die ihre Aufgaben sowohl in familiärer als auch in beruflicher Hinsicht sehr ernst nehmen, ein hohes Verantwortungsbewusstsein haben und sich nicht gerne mit halben Sachen zufriedengeben. Gerade für sie ist es besonders wichtig, Prioritäten zu setzen. Sich ganz bewusst zu fragen, was gerade die wichtigsten Aufgaben sind und sich klar zu machen, dass manchmal nicht alles möglich ist. Überlegen Sie, welche Dinge auch einmal unerledigt bleiben oder nur zu 70 Prozent erledigt werden können (z. B. bei vermehrten Anforderungen und Terminen Aufgaben im Haushalt kürzen oder streichen).

3. Freiräume schaffen

Gerade wenn Eltern spüren, dass ihnen alles über den Kopf wächst, ist es wichtig, sich im Familienalltag regelmäßig Freiräume zu verschaffen und etwas für sich tun. Oft reichen kurze Erholungsphasen aus. Es muss nicht immer der Wellnesstag sein (gegen den natürlich auch nichts einzuwenden ist). Für viele Eltern ist es bereits erholsam, alleine und in Ruhe eine Tasse Kaffee zu trinken oder eine halbe Stunde ein Buch zu lesen. Überlegen Sie, wenn möglich mit Ihrem Partner gemeinsam, wie Sie diese kurzen Auszeiten für beide Elternteile sicherstellen können. Eine gute Erholungsmöglichkeit für Körper und Geist ist Bewegung. Regelmäßig eine halbe Stunde joggen kann dabei erholsamer sein als der zweistündige Lauf alle vierzehn Tage.

Alle Aktivitäten oder Erholungszeiten lassen sich besser umsetzen, wenn feste Termine und Regeln Verbindlichkeit schaffen. Regelmäßigkeit erleichtert dabei auch jüngeren Kindern die Akzeptanz.

4. Gedanken überprüfen

Viele Anforderungen im Familienalltag – zumal im Alltag mit einem chronisch kranken Kind – sind objektiv eine Herausforderung und schwierig unter einen Hut zu bekommen. Und dennoch gilt der Satz: Stress entsteht im Kopf. Nicht im Sinne von "ich bin selber Schuld an meinen Problemen", sondern im Sinne von "ich kann etwas ändern, indem ich meine Bewertung ändere". Gedanken können eine schwierige Situation unerträglich machen und Gefühle der Hilflosigkeit und Angst auslösen, oder sie können eine schwierige Situation zu einer Herausforderung werden lassen, eine ungünstig gelaufene Erziehungssituation zu einer Erfahrung.

Häufig tauchen in belastenden Situationen automatisch negative Gedanken auf. Wenn es z. B. viel Geschrei beim Ins-Bett-Bringen gab und zusätzlich noch die Wäsche liegen geblieben ist, könnte eine automatische Bewertung sein: "Ich bin eine schlechte Mutter.", oder: "Ich schaffe das alles nicht."

Es ist hilfreich, solche negativen und angstmachenden Sätze aufzuspüren und gezielt durch neutrale, hilfreiche Sätze zu ersetzen und sich diese immer wieder vorzusagen. In diesem Beispiel könnte das sein: "Nur weil ich heute Abend laut geworden bin, bin ich keine schlechte Mutter. Ich überlege mir, wie ich mit der Situation morgen ruhiger umgehen will." Oder auch: "Ich fange jetzt mit dem Wichtigsten an und sehe, wie weit ich komme. Es ist auch in Ordnung, wenn ich nicht alles schaffe."

5. Unterstützung holen

Mit jemandem gleichgesinnten oder einer vertrauten Person zu sprechen, entlastet, auch wenn keine konkrete Lösung dabei herauskommt. Das kann das Gespräch vor dem Kindergarten sein, bei dem sich herausstellt, dass auch die vermeintlich perfekte Mutter es morgens nicht geschafft hat, zu duschen und seit zwei Tagen das gleiche Shirt trägt, oder das Telefonat mit einer Freundin oder der Mutter. Unterstützung einholen bedeutet aber auch, sich ein tragfähiges Netzwerk aufzubauen, das z. B. Fahrgemeinschaften oder wechselseitige Kinderbetreuung möglich macht. Großeltern, Tagesmütter und Babysitter können für Freiräume und Entlastung ermöglichen.

Wenn Eltern sich anhaltend überfordert fühlen, sollten sie professionelle Hilfe aufsuchen. Das kann eine kurze Beratung oder Information zu bestimmten Themen oder Situationen sein. Viele soziale Einrichtungen bieten Erziehungsberatung an oder Seminare, die Eltern in ihrem Alltag unterstützen (z. B. zu den Themen Haushaltsorganisation, Rechtsfragen, Pubertät oder Partnerschaft). Sind die Probleme andauernd und Eltern deutlich belastet und eingeschränkt, können psychologische oder ärztliche Psychotherapeuten Hilfe bieten.

Fazit

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  • insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche

    Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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