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In erster Linie ist Ihr Kind Ihr Kind UND es hat genau wie Sie als Eltern viele Herausforderungen und Aufgaben zu meistern. Das gilt für alle Familien, unabhängig davon, ob eine chronische Erkrankung vorliegt oder nicht. Das Leben stellt uns immer wieder vor neue Herausforderungen und alles, was neu ist, verursacht häufig erst einmal Angst und Stress. Wir betreten unbekanntes Terrain und das macht uns Angst. Aber wir dürfen neue Erfahrungen machen. Wir wissen nur begrenzt, wie die Dinge funktionieren können, und dadurch machen wir auch Dinge, die nicht funktionieren, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Das ist rückblickend oft sogar großartig, denn so entwickeln wir uns weiter. Wir lernen aus unseren Erfahrungen, wenn wir nicht jeden "Fehler" verteufeln. Mit der Diagnose des Diabetes ist es genauso – und unabhängig davon, wie alt das Kind bei der Diagnose ist, verändert sich das Leben schlagartig und gravierend. Plötzlich und unerwartet geraten alle in Stress.
Das ist erst einmal nicht schlimm, denn akuter Stress hat eine Funktion. Er sichert unser Überleben. Unsere Sinne werden geschärft und wir können in gefährlichen Situationen schneller reagieren. Erst wenn Stress dauerhaft anhält, macht er uns krank. Er schwächt unser Immunsystem und unsere Leistungsfähigkeit. Nicht zuletzt hat Stress Einfluss auf unsere Blutzuckerwerte, da Stresshormone dem Insulin entgegenwirken.
An dieser Stelle beginnt oft ein Teufelskreis. Die Versorgung des Diabetes ist nicht so, wie wir sie gern hätten. Die Situation des Stoffwechsels entspricht nicht unserer Erwartung. Unser Kind setzt Absprachen nicht um … Beispielsweise wird gegessen, ohne Insulin dafür abzugeben, oder das Insulin wird immer wieder erst nach dem Essen gespritzt. Korrekturen, die abgesprochen waren, erfolgen nicht … Vielleicht kommt Ihnen das bekannt vor. Häufig sind wir Eltern dann verärgert und geraten, wenn etwas nicht funktioniert, in Stress. Das gilt auch für das Kind. Es zeigt sich in unseren Handlungen und oft in der Art, wie wir dann miteinander sprechen. Das Kind weiß schon, was es gerade nicht so gemanagt hat, wie es sinnvoll gewesen wäre. Manchmal ist das auch ein Signal an Sie: ein Appell zum Zuhören, Nachfragen und zur Kommunikation.
Wenn wir verärgert oder wütend sind, sprechen wir in Vorwürfen. Wir werden laut, wir streiten, wir reden aneinander vorbei, weil wir oft nicht mehr zuhören. In der Absicht, es gut und richtig zu machen, vergessen wir oft, dass es so viele Einflüsse gibt, die wir nicht immer kontrollieren können. Manchmal hat es mit dem Diabetes nichts zu tun. Wenn Kinder beispielsweise wachsen, wenn die Pubertät einsetzt, wenn Stress mit Freunden oder in der Schule auftritt, dann hat das auch Einfluss auf den Glukosewert. Dazu kommt, dass auch die Kinder bereits vielfältigen Aufgaben und Herausforderungen zusätzlich zur Diabetesversorgung ausgesetzt sind. Auch sie managen bereits viele Dinge altersabhängig selbstständig und der Diabetes ist Teil ihres Lebens.
In der Schule kommt es manchmal zu Ausgrenzung aufgrund der Erkrankung. Ihr Kind bleibt dann trotzdem Diabetes-Manager und auch Manager geraten in Stress. Stress entsteht unter anderem durch die Bedeutung, die wir Dingen geben, durch unsere Bewertungen. Was, wenn es kein schlechtes Ergebnis gibt? Was, wenn jedes Ergebnis und vielleicht gerade das, das uns im ersten Moment nicht gefällt, genau richtig ist? Das Ergebnis lässt sich im Nachhinein nicht ändern, doch wir können es nutzen, um für die Zukunft wichtige Erkenntnisse zu gewinnen. So fällt der Vorwurf weg und wir kommunizieren auf einer anderen Ebene miteinander.
Ihr Kind hat eine Absprache nicht umgesetzt. Was taucht dann normalerweise auf? Ärger? Unverständnis? Wut? Wie wäre ein Gedankenwechsel? Ihr Kind hat eine Absprache nicht umgesetzt? Großartig! Warum denn nicht? Was ist sonst noch los? Was können wir in der Zukunft ändern? Wurde wirklich alles nicht umgesetzt? Neue Fragen und neue Gedanken werden die Kommunikation verändern. Es lohnt sich, erst einmal nachzufragen: Was ist wirklich passiert? Sonst neigen wir dazu, in unseren Interpretationen zu sprechen, und das führt häufig zu Missverständnissen. Stellen Sie Fragen, statt Dinge vorauszusetzen. Wenn es kein Gut oder Schlecht gibt, sondern funktional oder nicht funktional für das gewünschte Ergebnis, wenn erst einmal alles sein darf, werden neue Fragen und Erkenntnisse auftauchen.
Die Leistung des Kindes anerkennen, auch wenn sie vielleicht nicht unserer eigenen Erwartung entspricht. Den Fokus bewusst auf das lenken, was funktioniert. Dafür dankbar zu sein und das auch zu sagen. Das bedeutet nicht, dass es keine Absprachen und Regeln mehr gibt. Das bedeutet auch nicht, keine Konsequenzen zu ziehen. Auch das ist wichtig, um eine chronische Erkrankung zu versorgen. Je nach Alter des Kindes sind die Tragweiten von Handlungen nicht immer klar. Hier heißt es, liebe- und absichtsvoll darüber zu sprechen, welche Bedingungen durch das Kind erfüllt werden sollen und welche Konsequenzen folgen, wenn Absprachen nicht eingehalten werden. Legen Sie dies gemeinsam fest und kommunizieren Sie es klar, damit später keine Schuldzuweisungen entstehen oder das Kind sich bestraft fühlt. Sind Konsequenzen und Bedingungen bekannt, ist das Umsetzen keine willkürliche Bestrafung.
Holen Sie die Kinder ins Boot, formulieren Sie klar Ihre Ziele – und feiern Sie sich gemeinsam, wenn sie erreicht wurden. Alle sitzen im selben Boot, aber haben verschiedene Aufgaben. Um anzukommen, muss man miteinander kommunizieren. Wenn nötig, dürfen Sie den Kurs wechseln. Alle müssen das Ziel kennen und lernen gemeinsam jeden Tag dazu. Ihr Diabetes-Manager tut das auch – geben Sie Ihrem Kind dafür Anerkennung. Finden Sie gemeinsame Lösungen und denken Sie daran: Auch ein Manager braucht manchmal eine Pause. Dauerstress macht krank. Manchmal gelingen Dinge besser, wenn man loslässt. Plötzlich fallen einem andere Lösungen ein. Das bedeutet nicht, den Diabetes zu vernachlässigen, doch manchmal kommt man mit Gelassenheit schneller zum gewünschten Ergebnis und zu mehr Familienfrieden.
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