Meine Familie, mein Praxisteam, meine Diabetes-Lobby

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Meine Familie, mein Praxisteam, meine Diabetes-Lobby

Motivation monatlich_5
Quelle: Christian Purschke

Wie bei der FIFA oder in anderen einflussreichen Vereinen hat sich auch rund um Diabetes e.V. eine Ansammlung von Menschen gebildet, die es gut mit den Aktiven des Vereins meinen. Sie möchten nur das Beste für die Mitglieder und unterstützen, wo sie können. Mit mehr oder minder großem Erfolg.

Im Sinne der einfacheren Lesbarkeit wird in diesem Text die männliche Form gewählt, auch wenn natürlich Angehörige beider Geschlechter gemeint sind.

#1 Der Lebenspartner

Der oder die Lebenspartner/in ist für den Betroffenen – sofern vorhanden – oftmals der wichtigste Ansprechpartner. Im Idealfall weiß er genau, wann eine Hypoglykämie droht oder ob die Schilddrüsentablette genommen werden muss. Im Idealfall. In weniger idealen Fällen dauert es Monate, bis der Lebenspartner das Buch „Typ 1 für Dummies“ gelesen hat, um zumindest helfend eingreifen zu können, wenn es zu unvorhergesehenen Zwischenfällen kommt.

Die andere Seite der Medaille: Der Lebenspartner muss sich oft auch dämliche Spitznamen geben lassen und wird dann als lebendes Insulindepot missbraucht – ähnlich wie sich Katzenbesitzer oftmals auch als „Dosenöffner“ beschimpfen lassen müssen. Das ist natürlich nicht im Sinne einer für beide Seiten erfüllenden Beziehung und der Diabetiker darf sich nicht wundern, wenn hier Frust aufkommt. Man sieht, wie wichtig es ist, dass beide Seiten sich ernst genommen und ausreichend gebauchpinselt fühlen.

#2 Der Rest der Familie

Neben dem Lebenspartner zählen je nach Alter und Entwicklung des Diabetikers natürlich auch Kinder, Eltern und Großeltern zum Kreis der Familienlobby. Inzwischen trendhalber auch als „Typ-F“-Diabetiker bezeichnet, fühlt sich diese Gruppe von Funktionären natürlich ebenso krank und mitverantwortlich. Mit gutgemeinten Ratschlägen umsorgen sie den Betroffenen und weisen freundlich darauf hin, dass ein zweites Stück Kuchen gar nicht gut für den Zucker sein könnte. Der weiß natürlich, dass er ein zweites Stück Kuchen wunderbar vertragen kann und unterlässt tunlichst jegliche Diskussion mit den Familienmitgliedern.

Hervorzuheben ist hier ganz klar die Rolle der Eltern von noch minderjährigen Diabetikern. Ihnen kann wirklich nicht genug gedankt werden – sie sind für mich die einzigen Nicht-Diabetiker, die eigentlich als Diabetiker durchgehen können.

#3 Die Freunde

Der eine oder andere Diabetiker schafft es tatsächlich, auch engste Freunde über Jahre im Dunkeln darüber zu lassen, dass er Diabetiker ist. Ob das sinnvoll ist oder nicht, sei dahingestellt, aber es spricht Bände über die Qualität der Freundschaft. Natürlich sind Freunde oftmals der beste Partner des Diabetikers, denn sie stehen bereit, wenn Redebedarf besteht, sie schauen nicht kritisch, wenn man zu viele Süßigkeiten isst, und sie kennen einen so gut, dass sie sehr genau wissen, wann es wieder Zeit ist, die Glukosekonzentration zu messen.

Wirklich gute Freunde sind die, die einen den Diabetes vergessen lassen und dennoch den Traubenzucker auspacken, wenn es mal hart auf hart kommt.

#4 Der Hausarzt

Der Hausarzt ist oft derjenige, der die Verantwortung für die Erstdiagnose trägt. Er ist somit untrennbar mit dem Diabetes verbunden, im Idealfall jedoch immer nur derjenige, der die Überweisungen an den Diabetologen schreibt. Braucht man ihn wirklich einmal, dann hoffentlich „nur“ wegen einer Erkältung, eines Magen-Darm-Infekts oder ähnlicher Lappalien. Im Hintergrund ist er jedoch der gute Geist, der seine Patienten besser kennt, als man denkt, und entsprechend gute Tipps parat hat.

#5 Der Diabetologe

Der Diabetologe setzt HbA1c-Ziele und behauptet, er könne Bolus- und Basalinsulin anhand von Tabellen und Tagebüchern perfekt dosieren. Dabei vergisst er gerne, dass der Körper am Ende doch macht, was er will, und der Blutzuckerspiegel auch noch von körperlichem Befinden, Wetter und vielem mehr abhängt. Dennoch muss man dem Diabetologen dankbar sein, denn er schreibt die so wichtigen Verordnungen für Insulinpumpen, CGM-Systeme und ähnliche Hilfsmittel.

#6 Der Diabetesberater

Gibt es die eigentlich auch in männlich? Egal – sie sind für viele Diabetiker neben der eigenen Mutter der wichtigste Mensch im Leben. Dabei werden sie nur für wenige Minuten Gespräch bezahlt und müssen in dieser Zeit viel leisten. Neben den Anweisungen der Diabetologen und den vielen Wünschen der Patienten haben sie ein großes Wissen rund um die Krankheit, die Ernährung und die richtige Einstellung zu vermitteln und dabei noch eine positive Grundeinstellung zu vermitteln. Außerdem könnten sie oftmals genauso gut mit der nächsten Telefonzelle reden, denn oft genug werden ihre Ratschläge einfach ignoriert.

#7 Der Apotheker

Der Apotheker hat es schwer. Viele Hersteller vertreiben ihre Geräte nur noch direkt oder über Spezialversender, aber wenn nachts die Pumpe den Geist aufgibt, ist der Apotheker an der Ecke immer noch erste Wahl und muss für kurzfristigen Ersatz in Form von Pens sorgen. Das ist natürlich nicht fair. Andererseits lieben wir unseren Apotheker nicht nur dafür, sondern auch für freundliche Gespräche und eine heimelige Atmosphäre. Den Traubenzucker kauft man ob der Preise leider dann doch eher im Supermarkt.

#8 Die Spezialversender

Sie sind aus dem Leben eines Diabetikers nicht mehr wegzudenken. Viele Diabetiker suchen sich den Versender ihrer Wahl gar nach Art und Anzahl der kostenlosen Beigaben aus (sic) – das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Und der Verzicht auf Zuzahlungen sowie exklusive Vertriebsrechte für bestimmte Insulinpumpen machen es den Apothekern schwer. Dafür bekommt man beim Spezialversender aber fast immer eine perfekte und kompetente Beratung – und schnelle Lieferung ist garantiert.

#9 Die Arzneimittel- und Gerätehersteller – und die Apps

Man weiß nicht so recht, ob sie es wirklich gut meinen oder ob sie nur auf Profit aus sind. Seit Jahren werden Entwicklungen versprochen, die auf Linderung und gar Heilung hoffen lassen, doch es passiert einfach nichts. Werfen die gängigen Insuline so viel Gewinn ab, dass Neuentwicklungen verhindert werden? Der Verschwörungstheoretiker in uns ist geneigt, das zu glauben. Das FreeStyle Libre macht wieder Hoffnung auf Besserung, denn es ist in der Tat ein großer und vor allem bezahlbarer Schritt in die richtige Richtung. Und dennoch schafft es keiner, die verschiedenen Geräte sinnvoll zu vernetzen und somit ein Closed-Loop-System zu bauen, welches ein echter Durchbruch wäre.
Ach ja, und dann gibt es natürlich noch die unzähligen Apps und Programme aus dem Bereich „Health“. Apple sammelt fleißig Daten, man kann jeden Spaziergang samt Kalorienverbrauch und Höhenmetern dokumentieren und das obligatorische Foto vom Salatteller samt aktuellem Blutzuckerwert und passender Bolusabgabe muss natürlich bei Facebook gepostet werden.

#10 Die anderen Diabetiker in Foren und Gruppen

Man sollte meinen, dass in den einschlägigen Gruppen und Foren die beste Hilfe für alle Fragen rund um den Diabetes zu bekommen ist, denn so viele Menschen können ja gar nicht irren. Erfahrene Diabetiker geben ihr Wissen weiter und stellen perfekte Diagnosen anhand von großformatigen Bildern von Hautausschlägen und wunden Stellen. Das Problem ist nur: Man bekommt nicht nur eine Diagnose, sondern gleich mehrere und kann sich dann eine aussuchen.
Richtig gut eignen sich derartige Gruppen mitunter als Motivationshilfen, denn man erhält hilfreiche Ratschläge und motivierende Worte von vielen Gleichgesinnten. Das tut gut und kann einem den nötigen Kick geben, besser auf sich zu achten.
Regelrecht geächtet werden hier Menschen, die ihren Libre-Account gegen Bezahlung anbieten oder anderweitig von der Not anderer profitieren möchten.

Viele Menschen also, die uns im Verein Diabetes e.V. unterstützen und nur unser Bestes wollen. Meine Meinung: Natürlich hilft die Meinung anderer und guter Rat ist unschätzbar wertvoll, doch am Ende muss jeder selbst entscheiden, was für ihn das richtige ist, denn keiner kennt den eigenen Körper so gut wie man selbst.

Wen habe ich vergessen? Wer fühlt sich auf den Schlips getreten? Und wer ist Euer wichtigster persönlicher Lobbyist? Ich freue mich auf Eure Kommentare!


Hier kommt ihr zum nächsten Teil von Christians „Motivation monatlich“: Diabetiker dürfen das! – Top 7

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • moira antwortete vor 1 Woche

      Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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