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SELBSTDISKRIMINIERUNG – die Verinnerlichung gesellschaftlicher Vorurteile
3 Minuten
Meistens sprechen wir beim Thema Diskriminierung darüber, dass wir von anderen Menschen abgelehnt werden, schief angeschaut, belehrt oder mit Sprüchen konfrontiert werden, die uns lähmen und negativ beeinflussen. Selten oder noch nie habe ich allerdings von Selbstdiskriminierung gelesen. Betrifft es nur mich?
Selbst- und Fremdwahrnehmung
Viele Außenstehende oder sogar fast alle würden mich wahrscheinlich als selbstbewusst beschreiben. Ich wirke stark, entschieden – ich bin wahrscheinlich ein klassischer (weiblicher) „Leithammel“. Doch hinter meinen vier Wänden ist mein Leben anders und tief in mir selbst erschließt sich nochmal eine ganz andere Welt.

Es fühlt sich an wie verschiedene Kleidungsschichten, die man anzieht – auf die nackte Haut (Ich selbst) das Unterhemd (daheim) und dann den Pulli für die Außenwelt (Arbeit, Freunde etc.).
In der Außenwelt wird mein Diabetes oft abgetan: „Diabetes ist ja eine Volkskrankheit.“ – „Dagegen kann man heute ja viel tun.“ – „Es lässt sich doch hervorragend damit leben.“ – „Wie es dir mit der Krankheit geht und wie lange du damit gesund lebst, liegt doch in deiner eigenen Hand. Welcher andere kranke Mensch kann das schon von sich behaupten…“
Stichwort: Stress
Gegen diese Statements lässt sich nur schwer etwas sagen. Obwohl wir alle wissen, dass wir beim Diabetes viel Eigenverantwortung durch unseren Lebensstil tragen, so gibt es dennoch äußere Einflussfaktoren, die uns die Steuerung der Krankheit manches Mal erschweren. Bei mir heißt das Stichwort Stress.
Ob chronischer Zeitmangel, Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper und Aussehen, Schlafmangel, seelischer Kummer oder Existenzängste – meine Alltagssorgen produzieren ständig Stress und das spiegelt sich in meinen Zuckerkurven wider.
Das Blöde daran ist der Teufelskreis… Stress bringt die Zuckerwerte durcheinander, wodurch man mehr regulieren muss. Das wiederum erhöht die Anzahl der Unter- und Überzuckerungen. Daraus resultiert, dass man zu viel isst oder trinkt und eher zunimmt als abnimmt. Das steigert die Unzufriedenheit und produziert wieder Maßnahmen und Stress, um dagegen anzukämpfen.
Unzufriedenheit auf allen Ebenen
Daheim werde ich gerne mal wegen meines Übergewichts und Aussehens kritisiert. Gerne werde ich gefragt, warum ich kein Interesse habe, etwas dagegen zu tun? (Wer meinen letzten Artikel gelesen hat, weiß vielleicht, warum…) Die geringere Zeit für die häusliche Ordnung führt ebenfalls zur interfamiliären Unzufriedenheit und wenn die Kinder das fünfte Mal in der Woche meine Kochkünste ablehnen oder ausspucken, hat man auch an dieser heimischen Säule das Gefühl, komplett versagt zu haben.

Freunde habe ich gefühlt schon länger keine mehr, was schlicht daran liegt, dass ich kein Sozialleben habe. Ich wohne nicht mehr in meiner alten Heimat und seit ich Kinder habe, bin ich gefühlt sowieso nur noch am Putzen, Arbeiten und Überleben. Alleine der Gedanke, abends wegzugehen, lässt mich erstmal auf mein Konto schauen, danach in meinen Kleiderschrank und schließlich in mein Telefon nach Leuten, die Lust und Zeit hätten. Jeder dieser drei Schritte ist für sich sehr deprimierend.
Schritt für Schritt stürze ich in die Selbstdiskriminierung. Ich mache mich für alles verantwortlich und systematisch fertig. Ich will nicht mehr in Spiegel gucken, traue mich auf keine Waagen. Ich fühle mich prinzipiell schlechter als andere Menschen – versuche es mir aber nicht anmerken zu lassen – es sei denn, ich bin mal alleine und für mich.
Selbstbestrafung und Selbstdiskriminierung
Es ist wie eine Ablehnung durch sich selbst, die dann leider auch mal in ein „SCHEISS DRAUF“ resultiert. Die zu Frustfressen oder miserablem Spritzverhalten führt – als wolle ich mich für alle Unzulänglichkeiten in meinem Leben selbst bestrafen.
Selbstdiskriminierung bedeutet für mich, dass man manchmal allen anderen in der Gesellschaft recht gibt und sich selbst für einfach dumm und unfähig empfindet, mit Diabetes und dem eigenen Leben klarzukommen. In der Selbstdiskriminierung gibt es keinen Selbstschutz mehr.
Für die Therapie von Selbstdiskriminierung bei psychischen Krankheiten gibt es Selbsthilfegruppen – aber was gibt es bei der Selbstdiskriminierung überforderter Diabetiker?
Gesellschaftliche Vorurteile oder eigene Denkweise
Es fühlt sich an wie ein Selbststigma. Doch woher kommt es? Ist es am Ende doch nur eine Reaktion auf gesellschaftliche Vorurteile, die verinnerlicht wurden?
Ich bemühe mich, meine Denkweise hinter der Selbststigmatisierung zu hinterfragen. Dafür führe ich mir gesellschaftliche Klischees vor Augen, die im Grunde nicht mehr sind als Verallgemeinerungen meiner Krankheit.
Die einzige Waffe in diesem Kampf wäre es, das Selbstwertgefühl bewusst zu steigern. Für aufwendige Tätigkeiten oder Freiräume habe ich allerdings keine Ressourcen. Doch ich denke mir, dass es manchmal schon richtig sein könnte, meine Erkrankung einfach für mich zu behalten, um kein „Öl ins Feuer zu schütten“ und mir keine weiteren dumme Sprüche anhören zu müssen. Wie heißt es so schön: „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.“
Erzählt uns, ob ihr wegen des Diabetes bereits Diskriminierung erlebt habt. Alles zur Aktion findet ihr hier: #DiabetesDiskriminierung
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig