3 Minuten
Das Diabetes-Eltern-Journal beantwortet Ihnen in jeder Ausgabe medizinische Fragen aus unterschiedlichster Perspektive. Besonder wichtig für Eltern von Kindern mit Diabetes sind daneben Fragen vor psychosozialem Hintergrund. Alle Fragen werden von ausgewiesenen Experten beantwortet.
Frau R.: Bei unserem 5-jährigen Sohn Andreas ist vor vier Monaten ein Typ-1-Diabetes festgestellt worden. Anfangs war er sehr krank, hat sich dann aber rasch wieder erholt, nachdem er in der Kinderklinik zwei Tage am Tropf war. Am dritten Tag hat er für seine Insulintherapie eine Insulinpumpe erhalten.
Ich war stationär mit aufgenommen, zusammen mit meinem Mann haben wir in mehreren Schulungen viel über die Behandlung des Diabetes erfahren. Nach zehn Tagen konnten wir entlassen werden, die Blutzuckerwerte waren jetzt sehr stabil um 100 mg/dl (5,6 mmol/l), der Insulinbedarf sehr gering: nämlich insgesamt nur acht Einheiten am Tag. Es hatte sich also sehr schnell die Erholungsphase des Diabetes bei unserem Jungen eingestellt.
Auch zu Hause lief alles gut, bis er vor vier Wochen Scharlach bekam. Er hatte plötzlich hohes Fieber, starke Halsschmerzen, mochte nichts mehr essen und trinken, war müde und abgeschlagen. Wir waren sehr beunruhigt, vor allem weil seine Blutzuckerwerte auf über 250 mg/dl (13,9 mol/l)angestiegen waren und trotz Korrekturinsulin kaum besser wurden.
Wir wohnen auf dem Land, zur Diabetesambulanz fahren wir über zwei Stunden, das Diabetesteam und unser Hausarzt waren nicht erreichbar, so dass wir völlig auf uns allein gestellt waren. Zum Glück war der Azetontest nur schwach positiv und nach häufigen kleinen Korrekturinsulin-Gaben gingen die Blutzuckerwerte langsam zurück.
Nachdem der Hausarzt ihm dann Antibiotika verschrieben hatte, ging es unserem Kind langsam besser. Nach einer Woche fühlte er sich wieder fast gesund. Die Blutzuckerwerte waren aber immer noch zu hoch, es dauerte nahezu drei Wochen, bis sich alles wieder normalisiert hatte.
Rückblickend fragen wir uns: Haben wir alles richtig gemacht? Hätten wir den Jungen gleich in die Kinderklinik bringen müssen (oft mehr als zwei Stunden Autofahrt)? Hätten wir den Notarzt rufen müssen? Was können Sie uns raten?
Dr. von Schütz: Sie sprechen ein sehr wichtiges Thema an: Was ist zu tun bei anhaltend sehr hohen Blutzuckerwerten, sei es im Rahmen einer Infektion oder z. B. eines Unfallereignisses.
Zunächst einmal: Sie haben alles richtig gemacht! Sie haben zusätzlich Insulin gegeben, sehr häufig den Blutzucker bestimmt und Azeton gemessen. Vermutlich hätte ein Notarzt sehr lange gebraucht, bis er eingetroffen wäre.
Und – obwohl Sie sicher daran gedacht haben, ein sehr wichtiges Prinzip haben Sie nicht erwähnt: Man muss immer auf eine ausreichenden Flüssigkeitszufuhr achten! Das Problem ist nur, dass Kinder oft nichts trinken wollen, wenn sie sehr krank sind und dann sogar ihr Lieblingsgetränk verweigern. Dann sollte man versuchen, dem Kind über mehrere Stunden etwa einen halben bis einen Liter Flüssigkeit pro Stunde löffelweise in vielen kleinen Portionen zuzuführen.
Wenn aber alle Bemühungen keinen Erfolg haben, der Blutzucker nicht sinkt, kleinste Flüssigkeitsmengen nicht toleriert werden und vor allem, wenn unstillbares Erbrechen hinzukommt, kann sich sehr rasch eine Ketoazidose – also eine Stoffwechselentgleisung – entwickeln. Das Kind muss dann umgehend stationär aufgenommen werden. Scheuen Sie sich nicht, den Notarzt zu rufen; er kann schon vor Fahrtantritt eine Infusion legen und dem Kind die notwendige Flüssigkeit geben.
Bei Kindern, die, wie ihr Sohn, eine Insulinpumpe tragen, kann es durch unbeabsichtigte Unterbrechung der Insulinzufuhr rasch zu hohen Blutzuckerwerten kommen. Abknicken des Katheters oder Herausrutschen der Nadel sind hierfür die häufigsten Ursachen.
Wenn sich der Blutzucker durch Bolusgaben mit der Insulinpumpe nicht zügig senken lässt, sollten Sie die Pumpe abkoppeln und das Insulin zur Korrektur der hohen Blutzuckerwerte mit der Insulinspritze oder dem Insulinpen geben.
Wie viel Korrekturinsulin in welchen Zeitabständen gegeben werden muss, ist individuell sehr unterschiedlich. Am besten besprechen Sie dieses wichtige Thema ausführlich mit Ihrem Diabetologen oder Ihrer Diabetesberaterin beim nächsten Termin in der Diabetesambulanz oder während einer ambulanten Folgeschulung.
von Dr. Wolfgang von Schütz
Oberarzt Pädiatrie III, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Krankenhaus „Auf der Bult“, Hannover,
Kontakt:
E-Mail: schuetz@hka.de
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2014; 7 (3) Seite 28
5 Minuten
Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Beliebte Themen
Ernährung
Aus der Community
Push-Benachrichtigungen