- Soziales und Recht
AMNOG und neue Medikamente
3 Minuten
Vor drei Jahren ist es in Kraft getreten: das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG). Seither hat der Streit um die Kostenübernahme neuer Arzneimittel eine neue Dimension erreicht. In den letzten 36 Monaten wurden auch viele Diabetesmedikamente durchgecheckt.
AMNOG noch nicht in den Praxen angekommen
Noch sei das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) nicht in der Arztpraxis angekommen, erklärt die Techniker Krankenkasse (TK) in ihrem Innovationsreport 2014, der im April veröffentlicht wurde. Darin analysiert die Kasse neue Arzneimittel, darunter auch die Gliptine und Inkretinmimetika. Laut Report hätten 3 von 20 neu eingeführten Medikamenten im Jahr 2011 tatsächlich einen Zusatznutzen aufgewiesen. Selten sind neue Präparate demnach innovativ.
Die Analyse haben Wissenschaftler der Uni Bremen unter Leitung von Prof. Dr. Gerd Glaeske mit der TK vorgenommen – bereits zum zweiten Mal. Von den 20 Wirkstoffen, die im Report untersucht wurden, haben Hersteller im Nachhinein für 8 Wirkstoffe Warnhinweisschreiben verschickt.
„Einmalige Bewertung reicht nicht aus“
Trotz der frühen Nutzenbewertung, die der Gesetzgeber mit dem AMNOG vorgesehen hat, zeigt die Praxis, dass zum Zeitpunkt der Markteinführung oftmals noch keine ausreichenden Erkenntnisse über den therapeutischen Fortschritt neuer Arzneimittel im realen Versorgungsalltag vorliegen.
“Eine einmalige Bewertung neuer Arzneimittel reicht im Grunde nicht aus”, erklärt Dr. Jens Baas, Vorsitzender des TK-Vorstands. “Was wir brauchen, sind weitere Spätbewertungen mit Erfahrungen aus dem Versorgungsalltag – in der Medizin würde man sagen: Nachuntersuchungen, um den tatsächlichen Nutzen neuer Medikamente besser einschätzen zu können.”
G-BA weist Kritik zurück
Diese Kritik hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) inzwischen abgewiesen: “Die Forderung der Techniker Krankenkasse, neue Arzneimittel sollten auch nach einer frühen Nutzenbewertung weiteren Bewertungen unterzogen werden, ist richtig, wenn zum Zeitpunkt der Nutzenbewertung noch Evidenzlücken vorliegen”, teilte der G-BA-Vorsitzende Josef Hecken im April mit.
In diesen Fällen befriste der G-BA seine Beschlüsse jedoch bereits – daher sei eine Folgebewertung schon längst geübte Praxis. Unabhängig davon habe der pharmazeutische Unternehmer bei neuer Evidenzlage ohnehin die Möglichkeit, nach einem Jahr eine weitere Bewertung eines Arzneimittels zu beantragen.
Bewertung: Drei Dimensionen
Die Wissenschaftler nahmen drei Dimensionen unter die Lupe: 1. ob es bereits verfügbare Therapien zur Behandlung der jeweiligen Krankheit gibt, 2. ob der Wirkstoff tatsächlich einen relevanten Zusatznutzen vorweisen kann und 3. ob die Kosten höher oder niedriger im Vergleich zu vorhandenen Therapien ausfallen.
Laut Glaeske sehen die Ergebnisse zu den Auswertungen für das Jahr 2011 insgesamt betrachtet eher bescheiden aus. “Da tröstet es kaum, dass der Jahrgang 2010 noch schlechter abgeschnitten hat.”
vfa: „Innovationen nicht unterschätzen“
Als “schlecht gemachte Medikamentenbewertung”, die “gute Therapientscheidungen gefährdet”, bezeichnet der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) die Analyse. “Vorschnelle und einfache Bewertungsversuche neuer Arzneimittel sollten nicht der Versuchung erliegen, die Bedeutung von Innovationen für Patienten systematisch zu unterschätzen”, kritisiert Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbands.
Vielmehr sollten für die Versorgung der Patienten “wirksame, verträgliche und gut handhabbare Medikamente der neuesten Generation” verfügbar sein und es “für jedes neue Therapieprinzip möglichst auch mehr als nur einen Anbieter” geben.
Bei der frühen Nutzenbewertung entscheidet der G-BA über Medikamente, die nach dem 1. Januar 2011 in Deutschland zugelassen wurden. So hatte der Bundesausschuss im März 2012 auch einen Beschluss zu Linagliptin (Handelsname: Trajenta) gefasst; laut G-BA habe es keinen Zusatznutzen (wir berichteten). Die betroffenen Hersteller (Boehringer Ingelheim und Lilly) führten das Medikament danach am deutschen Markt erst gar nicht ein.
Lixisenatid vom Markt
Über diese Hintergründe und auch über das neue Inkretinmimetikum Lyxumia (Wirkstoff: Lixisenatid) berichtet der Innovationsreport 2014. In den zurückliegenden Monaten haben der Hersteller Sanofi und der GKV-Spitzenverband über die Höhe des zu vereinbarenden Erstattungsbetrages für das Diabetesmedikament verhandelt. Zu Fristende teilte das Unternehmen im April mit, dieses Arzneimittel in Deutschland nicht weiter vertreiben zu wollen, so der GKV-Spitzenverband.
Lixisenatid ist zur Behandlung des Typ-2-Diabetes bei Erwachsenen zugelassen. Grundlage für die Verhandlungen über den Erstattungsbetrag war der G-BA-Beschluss vom September 2013, der Lixisenatid keinen Zusatznutzen gegenüber der jeweiligen zweckmäßigen Vergleichstherapie bescheinigte. Laut Sanofi konnte kein Konsens für den künftigen Preis des Medikaments erzielt werden. Dennoch sei das Unternehmen vom Nutzen des Produktes überzeugt und bedauere den Verhandlungsausgang, heißt es in einer Pressemitteilung.
Aktuell: Schiedsstellenverfahren
Derzeit läuft noch das Schiedsstellenverfahren. Nach Abschluss dieses Prozesses im Juni werde die Situation erneut geprüft. Patienten, die mit Lixisenatid aktuell behandelt werden, müssen von ihrem behandelnden Arzt eine individuelle Therapieumstellung vornehmen lassen.
Auch Novartis wartet das laufende Schiedsstellenverfahren zu Vildagliptin bis Ende Juni ab. Nach Angaben des Unternehmens bleibt der DPP-4-Hemmer für die 350.000 Patienten, die damit behandelt werden, vorerst weiterhin erstattungs- und verordnungsfähig.
von Angela Monecke
Hauptstadtkorrespondentin des Diabetes-Journals
Kontakt:
Kirchheim-Verlag, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz, Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0,
Fax: (0 61 31) 9 60 70 90, E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2014; 63 (7) Seite 58-61
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 4 Tagen, 10 Stunden
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 1 Woche, 6 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 6 Tagen, 5 Stunden
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 4 Tagen, 5 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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