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“Diabetes interdisziplinär” lautete das Motto des Diabetes Kongresses 2016, der im Mai rund 6.000 Besucher nach Berlin lockte. Bei der Vorab-Pressekonferenz der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) wurde deutlich, wie vielschichtig eine effektive Diabetesbehandlung erfolgen muss.
“Unser Augenmerk gilt dem gesamten Menschen und nicht nur einzelnen Organen”, sagte der Kongresspräsident Prof. Dr. Andreas Hamann aus Bad Homburg. Die Diabetologie sei ein echtes Querschnittsfach. Das Programm des Diabetes Kongresses war breit gefächert – von den neuesten wissenschaftlichen und klinischen Entwicklungen zum Typ-1- und Typ-2-Diabetes über die Erforschung von Behandlungsmöglichkeiten bei starkem Übergewicht (Adipositas) bis zu den Effekten von Sport als Bestandteil der Diabetestherapie.
Trotz der bekannten positiven gesundheitlichen Auswirkungen der Bewegung – wie die Verringerung von Herz-Kreislauf-Risiken bei Menschen mit Typ-2-Diabetes – wird die Gesellschaft weniger mobil. So hat eine aktuelle Befragung der Techniker Krankenkasse (TK) gezeigt, dass der Anteil der Menschen zum Beispiel in Berlin, die nie oder nur selten Sport treiben, bei 53 Prozent liegt. Viele Großstädter, so auch 40 Prozent der Berliner, nutzen lieber Auto, Bus oder Bahn, um ans Ziel zu kommen, statt mit dem Rad zu fahren oder zu Fuß zu gehen.
Und nur 11,5 Prozent der jungen Menschen sind täglich mindestens 60 Minuten körperlich aktiv, wie es die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt. Erwachsene sollten sich 2,5 Stunden pro Woche bewegen, was jedoch nur 20 Prozent in die Tat umsetzen. Die Menschen verbringen demnach einen immer größeren Teil ihres Tages im Sitzen. Die Folge: ein Anstieg der Diabeteserkrankungen.
“Wir Diabetologen müssen für unsere Patienten zunehmend auch die Rolle als Motivator und Vorbild übernehmen”, sagte Hamann. Einer der Gründe, warum es den jährlichen Diabetes-Lauf beim Kongress gibt, bei dem diesmal rund 400 Ärzte, Diabetesberater und Diabetespatienten dabei waren. Olympiasieger Dieter Baumann, erfolgreichster Langstreckenläufer Deutschlands, machte am Start das Warm-Up, gab Motivationstipps und lief die 5 Kilometer selbst mit.
Seit seinem 10. Lebensjahr treibt er jeden Tag Sport, früher mehrere Stunden, heute nur noch eine. Doch diese eine Stunde Sport am Tag und an der frischen Luft sei für ihn “aktive Erholung” und “der wichtigste Termin des Tages”, erklärte er beim Kongress gegenüber der Presse. “Ich mache Sport, ich lebe Sport, ich liebe Sport.”
Bei Menschen, die sich ihr ganzes Leben lang nicht oder nicht gern bewegt haben, müsse man allerdings “dicke Bretter bohren, um sie zu einem etwas bewegteren Leben hinzuführen”, so Baumann. Viele Menschen hätten zum Beispiel auch einfach das positive Bild eines schönen Spaziergangs verloren, bei dem man Abstand zum Alltag bekommen könne. “Und genau dieses Bild treibt einen dann immer wieder raus”, so der Goldmedaillen-Gewinner über 5000 m bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona. Schon 10 Minuten Bewegung am Tag seien effektiv. “Einmal um den Block zu laufen, das schafft man auch in der Mittagspause.”
Dr. Sybille Wunderlich aus Berlin erklärte, dass etwa 30 Prozent aller Patienten, die im Krankenhaus liegen, Diabetes haben. Auf der Ebene der stationären Versorgung sind aktuell 9 Berliner Kliniken durch die DDG als Diabeteszentrum für erwachsene Typ-1- und Typ-2-Diabetiker zertifiziert; 3 Berliner Kinderkliniken als pädiatrisches Diabeteszentrum bzw.Diabetologikum; 6 Krankenhäuser Berlins dürfen sich als Klinik mit besonderem Diabetesmanagement zur Behandlung von Patienten mit der Nebendiagnose Diabetes bezeichnen.
Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes werden in diabetologischen Schwerpunktpraxen in enger Zusammenarbeit mit Frauenarztpraxen und spezialisierten Kliniken begleitet. Und für Patienten mit Diabetischem Fußsyndrom sind aktuell 8 Kliniken mit dem Qualifikationsnachweis der Arbeitsgemeinschaft Diabetischer Fuß der DDG verfügbar. Sie kooperieren mit 18 diabetologischen Fußambulanzen.
Derzeit fehle es jedoch an einer systematischen Vernetzung, was die patientenbezogene Kommunikation zwischen Hausarzt, Schwerpunktpraxis und Klinik vereinfachen und beschleunigen würde, kritisierte sie. Hier seien noch Gespräche zwischen den Leistungserbringern auf der Ebene von Praxis und Klinik, aber auch mit Kostenträgern und politischen Entscheidungsträgern nötig.
von Angela Monecke
Redaktion Diabetes-Journal, Kirchheim-Verlag,
Kaiserstraße 41, 55116 Mainz,
Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0, Fax: (0 61 31) 9 60 70 90,
E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (6) Seite 52-53
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