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Rechtsanwalt Oliver Ebert gibt Ihnen in der Diabetes-Journal-Rubrik Rechteck Antworten auf rechtliche und soziale Fragen rund um das Thema Diabetes.
Ich hatte im Oktober letzten Jahres einen Pkw-Unfall aufgrund eines Unterzuckers. Ich fuhr einem parkenden Lkw hinten auf.Inzwischen habe ich vom Amtsgericht München meinen Strafbefehl erhalten. Ich musste meinen Führerschein einen Monat abgeben, die Geldstrafe über 1 200Euro sowie die Kosten des Verfahrens in Höhe von 987 Euro habe ich beglichen. Ich dachte eigentlich, dass damit nun endlich alles abgeschlossen ist.
Leider nicht … Am Samstag habe ich Post von meiner Führerscheinstelle (Landratsamt Dachau) erhalten, mit einer Anordnung zur Vorlage eines ärztlichen Gutachtens. Ich verstehe das nicht, da die Staatsanwaltschaft doch einen Gutachter hinzugezogen hatte. Der Gutachter untersuchte mich nicht persönlich – aber für was dann der ganze Aufwand von der Staatsanwaltschaft? Ich dachte, dass das Amtsgericht durch den Gutachter zu dem Entschluss gekommen ist, dass ich weiterhin fahrtauglich bin, nur eben als Strafe den Führerschein für einen Monat abgeben muss.
Das Landratsamt hat mir eine Liste von Ärzten mit verkehrsmedizinischer Qualifikation geschickt, bei denen ich so ein Gutachten absolvieren kann. Ebenfalls ist mir eine Liste von amtlich anerkannten Begutachtungsstellen für Fahreignung übersandt worden. Verstehe ich das richtig, dass ich für so ein ärztliches Gutachten entweder zu einem Arzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation oder zu einer dieser Begutachtungsstellen gehen muss?
Oder muss ich beide Stellen aufsuchen? Könnte ich dagegen vorgehen? Oder besteht, da ich aus Bayern komme, keine Möglichkeit, gegen diesen Bescheid vorzugehen? Ich wäre über jeden Tipp von Ihnen sehr dankbar. Im Internet lässt sich zu diesem Thema leider nur sehr wenig finden. Vielen lieben Dank im Voraus für Ihre Antwort!
Martina B., München
In der Tat handelt es sich um unterschiedliche Vorgänge: Im Strafverfahren vor dem Amtsgericht wurde geprüft, ob Sie “schuld” an der Unterzuckerung waren und den Unfall daher hätten vermeiden können. Offensichtlich ging das Gericht hier von einem Fehlverhalten aus, sonst hätte es keinen Strafbefehl erlassen.
Der von der Staatsanwaltschaft hinzugezogene Gutachter hatte grundsätzlich nur den Auftrag, Ihre Schuldfähigkeit zu prüfen: Wenn nämlich die Unterzuckerung für Sie überraschend kam und Sie diese auch nicht hätten vermeiden können, dann läge ja kein Fehlverhalten vor. In diesem Fall dürfte natürlich auch keine Bestrafung erfolgen.
Die Führerscheinbehörde hat dagegen unter anderem die Aufgabe, Gefahren im Straßenverkehr abzuwenden. Werden der Behörde Tatsachen bekannt, die Zweifel an der gesundheitlichen Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen vermuten lassen, so kann sie – wie in Ihrem Fall geschehen – zur Vorlage eines verkehrsmedizinischen Gutachtens auffordern.
Gemäß § 11 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) kann die Behörde dabei auch anordnen, über welche Qualifikation der Arzt verfügen muss – in der Regel wird das Gutachten eines Facharztes mit verkehrsmedizinischer Zusatzqualifikation verlangt.
Die von der Behörde übersandte Liste ist aber nur ein Vorschlag mit Ärzten oder Stellen, die über die geforderte Qualifikation verfügen. Die dort genannten Ärzte sind allerdings oftmals nur wenig mit Diabetes vertraut und somit nicht immer die optimale Wahl. Es ist daher empfehlenswert, einen Verkehrsmediziner mit dem Gutachten zu beauftragen, der zugleich Diabetologe ist. Auf der Internetseite der Deutschen Diabetes Gesellschaft ( http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/arztsuche.html
) können Sie nach einem solchen Gutachter suchen.
Gegen die Aufforderung zur Vorlage des Gutachtens können Sie übrigens nichts machen, da es sich hierbei nur um eine Vorbereitungsmaßnahme für eine etwaige spätere behördliche Entscheidung handelt. Die Behörde kann Sie auch nicht zur Untersuchung zwingen.
Wenn Sie das Gutachten jedoch nicht beibringen oder der Arzt dort zum Ergebnis kommt, dass Sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr fahren dürfen, dann muss die Behörde davon ausgehen, dass Sie nicht (mehr) zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sind. Die Fahrerlaubnis würde dann entzogen werden – (erst) gegen einen solchen Bescheid kann man dann Rechtsmittel einlegen.
So weit sollte man es aber nicht kommen lassen, und ich denke, Sie müssen sich auch keine Sorgen machen: Nachdem der Unfall offensichtlich auf ein Fehlverhalten von Ihnen zurückzuführen ist (sonst wären Sie strafrechtlich ja nicht belangt worden) und eine Wiederholung (hoffentlich) nicht zu befürchten ist, sollte der Gutachter auch keine Bedenken gegen Ihre Fahreignung haben. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass Sie Unterzuckerungen rechtzeitig bemerken.
von Oliver Ebert
Kontakt:
REK Rechtsanwälte
Nägelestraße 6A, 70597 Stuttgart oder
Friedrichstraße 49, 72336 Balingen
E-Mail: Sekretariat@rek.de
Internet: www.diabetes-und-recht.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2015; 64 (5) Seite 58-59
5 Minuten
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