- Soziales und Recht
Kommentar | „Blickwinkel“: Freie Forschung in Gefahr?
2 Minuten
Blutzuckermessgeräte-Hersteller, die ihnen nicht genehme Forschungsergebnisse eines unabhängigen Instituts mit juristischen Mitteln unterdrücken und somit sogar Schaden für die Patienten in Kauf nehmen? Geht gar nicht, sagt Dr. Katrin Kraatz in der Blickwinkel-Kolumne.
Was passiert, wenn ein zu einer Universität gehörendes Forschungsinstitut die Messgenauigkeit eines Blutzuckermessgeräts aus einem Supermarkt testet, dabei feststellt, dass es ziemlich ungenau misst, und die Ergebnisse seiner Untersuchung den Teilnehmern des Diabetes Kongresses Anfang Mai auf einem Poster zur Kenntnis bringen möchte?
Es wird unter Androhung einer Strafe von 250.000 Euro vom Hersteller des Blutzuckermessgeräts gezwungen, den Namen des Messgeräts nicht zu nennen! Die Folge: Die Autoren der Studie schneiden aus dem Poster alle Flächen heraus, auf denen der Name des Geräts steht oder ein Foto zu sehen ist.
Glauben Sie, dass das Ganze erfunden ist? Leider nicht – wie Sie an linksstehendem Foto sehen können, von mir aufgenommen, also wirklich gesehen!
Sollte der Hersteller nicht vielmehr dankbar für die Hinweise sein?
Als ich das Poster mit den ausgeschnittenen Flächen in der Posterausstellung entdeckte, war ich schon erschrocken: Was steckte wohl dahinter? Als ich dann die Hintergründe erfuhr, wurde ich wütend! Es kann doch nicht sein, dass ein Forschungsinstitut Untersuchungen durchführt, um Patienten zu schützen – in diesem Fall vor zu stark abweichenden Blutzuckermessergebnissen, die zu erheblich falschen Therapieentscheidungen führen können –, und dann unter Androhung hoher Strafzahlungen gezwungen wird, nicht die Wahrheit zu sagen.
Wäre es nicht logischer, dass das herstellende Unternehmen dem Forschungsinstitut dankbar ist, aufmerksam gemacht zu werden, dass etwas mit seinem Gerät nicht stimmt – und die Käufer und damit Anwender des Messgeräts vor dem Problem zu warnen? Von großen Herstellern kenne ich das: Gibt es gesundheitsgefährdende Probleme mit einem Gerät, schickt der Hersteller an die registrierten Anwender einen Warnbrief. So können die Patienten vor therapeutischen Fehlentscheidungen geschützt werden.
Gefährlicher Präzedenzfall: Droht das Ende unabhängiger Forschung?
Erschreckend ist, dass negative Messergebnisse einer von einem unabhängigen Forschungsinstitut durchgeführten Studie nicht zum ersten Mal zu einem juristischen Vorgehen des entsprechenden Herstellers geführt haben. Was steht uns da bevor? Ist es das Ende unabhängiger Forschung, wenn mancher Hersteller negative Messergebnisse mit allen Mitteln, auch juristischen, verhindern will?
Ist die Sicherheit der Patienten diesen Unternehmen nicht wichtig? Und welchen Wert hat das CE-Kennzeichen noch, das diese Geräte tragen und für dessen Erhalt die Hersteller nachgewiesen haben müssen, dass die Messergebnisse den rechtlichen Vorgaben folgen? Aus meinem Blickwinkel muss hier dringend etwas geschehen, auch auf Seiten der regulatorischen Behörden – zur Sicherheit der Patienten!
Lesen Sie dazu eine Stellungnahme der DDG
Auch die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) hat sich kritisch zu diesem Vorfall in einer Pressemitteilung geäußert.
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (6) Seite 39
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Ähnliche Beiträge
- Behandlung
EASD-Jahrestagung 2025: Die Diabetes-Forschung der Welt in Wien
4 Minuten
- Ernährung
Nachgefragt Recht | Nur in besonderen Situationen: Mehrkosten für Ernährung geltend machen
3 Minuten
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Über uns
Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.
Community-Frage
Mit wem redest du
über deinen Diabetes?
Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.
Werde Teil unserer Community
Community-Feed
-
diabetes-anker postete ein Update vor 2 Tagen, 5 Stunden
Das Diabetes-Anker-Team wünscht euch wunderbare Feiertage und einen guten Start ins neue Jahr!🎄💕⚓
-
stephanie-haack postete ein Update vor 2 Tagen, 5 Stunden
🎄 Hach, das war wieder schön mit euch! Zum letzten Mal in diesem Jahr haben wir uns zum virtuellen Community-MeetUp getroffen – danke an alle, die dabei waren.
📅 Jetzt vormerken: Das erste MeetUp im neuen Jahr findet am Donnerstag, den 15. Januar statt. Wir freuen uns auf euch!
👉 Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-januar-2026/ -
stephanie-haack postete ein Update vor 4 Tagen, 6 Stunden
Wir freuen uns auf das letzte virtuelle Community-MeetUp des Jahres! 🎄Morgen, Donnerstag, um 18 Uhr. Alle Infos findet ihr hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-dezember-2/

