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Diabetespatienten, die Insulin spritzen, können mit einer Kombination aus Blutglukoseselbstmessung (BGSM) und kontinuierlicher Glukosemessung (CGM) durch ein Real-Time-Messgerät ihren HbA1c-Wert besser einstellen als mit einer reinen BGSM – ohne dass schwere oder schwerwiegende Hypoglykämien häufiger auftreten, erklärt das IQWiG. Für die meisten anderen Endpunkte und Fragestellungen fehlten Daten, die Studienergebnisse seien statistisch nicht relevant oder würden kein klares Bild ergeben.
Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und die Arbeitsgemeinschaft Diabetes & Technologie der DDG begrüßen die positive Bewertung, stimmen dem Institut jedoch nicht zu, dass es zur Lebensqualität und zu weiteren wichtigen Fragen keine aussagekräftigen Untersuchungen gebe.
Parallel zu den Ergebnissen des IQWiG-Abschlussberichts hat der Deutsche Diabetiker Bund (DDB; siehe auch S. 60 und 63) im Mai beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ein Eckpunktepapier zur CGM vorgelegt, in dem die Patientengruppen genau beschrieben sind, die ein kontinuierliches Glukosemessgerät dringend benötigen, wie Patienten mit Hypoglykämiewahrnehmungsstörungen oder schwangere Diabetikerinnen.
Diabetespatienten, die mit einer intensivierten Insulintherapie behandelt werden, müssen ihren Blutzucker in der Regel 4- bis 6-mal täglich messen, um ihre Insulindosis dem aktuellen Messwert entsprechend anzupassen. Doch wie jeder Diabetiker weiß: Nicht immer lässt sich der Blutzuckerspiegel so optimal in den Griff bekommen. Eine verbesserte Blutzuckerkontrolle erhoffe man sich laut IQWiG von der Real-Time-CGM.
Neben der aktuellen Glukosekonzentration zeigen die Geräte auch Trends an, so dass die Patienten rechtzeitig gegensteuern können, wenn Unter- oder Überzuckerungen drohen. Durch eine verbesserte Glukosekontrolle lassen sich auch langfristige diabetesbedingte Komplikationen, die durch die Schädigung von Blutgefäßen hervorgerufen werden, vermeiden bzw. verzögern.
Manche Geräte können noch mehr und kombinieren die CGM mit der Insulinpumpe. Eines der Kombinationssysteme (Minimed Veo von Medtronic) hat zudem eine praktische automatisierte Funktion: Die Pumpe unterbricht die Insulinabgabe, wenn der Glukosewert zu niedrig liegt (automatische Hypo-Abschaltung).
Für seinen Abschlussbericht hat das Institut 15 Studien von mindestens 24 Wochen Dauer daraufhin untersucht, ob sich aus ihnen Belege, Hinweise oder Anhaltspunkte für einen größeren Nutzen oder Schaden der CGM im Vergleich zu anderen Messverfahren ableiten lassen. Die überwiegende Mehrheit der 1.952 untersuchten Personen hatte Typ-1-Diabetes.
Einbezogen wurden die patientenrelevanten Endpunkte Gesamtsterblichkeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und -Sterblichkeit (kardiovaskuläre Mortalität und Morbidität), Erblindung, Nierenversagen, Amputation, diabetisches Koma, Hypoglykämien sowie HbA1c-Werte – und gemeinsam betrachtet. Untersucht hat das Institut auch die Symptomatik von chronischen Überzuckerungen, sonstigen unerwünschten Ereignissen und gesundheitsbezogener Lebensqualität.
Bei Kindern und Jugendlichen sowie bei Schwangeren standen zusätzliche patientenrelevante Endpunkte wie Entwicklungsstörungen oder Fehlgeburten im Fokus.
Bei der gemeinsamen Betrachtung der schweren oder schwerwiegenden Hypoglykämien und der HbA1c-Werte zeigte sich: Der Langzeit-Blutzuckerwert lässt sich verbessern, ohne dass schwere oder schwerwiegende Unterzuckerungen häufiger auftreten als in der Kontrollgruppe. Die Aussagesicherheit reicht dabei – je nach Altersgruppe (über/unter 18 Jahre) und Schwere der Hypoglykämie – von einem Anhaltspunkt bis zu einem Beleg.
Bei der gesundheitsbezogenen Lebensqualität lieferten die wenigen klinisch relevanten Studienergebnisse kein einheitliches Bild, so dass sich aus ihnen kein Anhaltspunkt für einen Vor- oder Nachteil ableiten ließe, so das Institut: "Für alle anderen Endpunkte kann entweder mangels statistisch signifikanter Unterschiede oder aufgrund fehlender Daten keine Aussage über einen größeren Nutzen oder Schaden der Real-Time-CGM-BGSM-Kombination gegenüber der reinen BGSM getroffen werden."
Menschen mit Diabetes, die CGM-Systeme nutzen, sehen das ganz anders. Durch die kontinuierliche Glukosemessung können sie ihre Werte besser einstellen und Blutzuckerschwankungen sowie Unterzuckerungen vermeiden. Die CGM trägt dadurch nicht nur zu einer höheren Lebensqualität, sondern auch zu einer besseren beruflichen Leistungsfähigkeit bei (siehe Kasten).
Die vorläufigen Ergebnisse, den Vorbericht, hatte das IQWiG im Juli 2014 veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Nach Ende des Stellungnahmeverfahrens, an dem sich u. a. auch DDG und DDB beteiligt hatten, wurde der Vorbericht überarbeitet und als Abschlussbericht im März 2015 an den Auftraggeber, den Gemeinsamen Bundesausschuss, versandt. Die Entscheidung des G-BA zur CGM, die sich auf die künftige Kostenübernahme durch die Kassen auswirkt, wird in Kürze erwartet.
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