- Aus der Community
Daten im Gesundheitswesen: Fluch oder Segen?
4 Minuten

Eigentlich hatte ich schon meinen Februar-Artikel für die Blood Sugar Lounge fertig, aber dann flatterte mir ein Bericht aus der Süddeutschen Zeitung auf den Schreibtisch. Darin schlägt der Chef der uns allen wohlbekannten Techniker Krankenkasse (TK) vor, Daten aus Fitnessarmbändern künftig in die Verwaltung der Krankenkassen zu geben. Natürlich nur die Daten, die der Patient freigibt, alle anderen nicht. Auch der Spiegel hat hier bereits dazu berichtet.
Kurz darauf erschien dieser wunderbare Beitrag meiner lieben Kollegin Carolin in der Blood Sugar Lounge. Unter der Überschrift „Ich bin (k)ein Roboter“ setzt sie sich kritisch mit dem Fluch und Segen all der neuen technischen Entwicklungen auseinander, die rund um den Diabetes inzwischen verfügbar sind.
Damit war der Entschluss gefasst, meinen nächsten Beitrag ebenfalls diesem Thema zu widmen, denn es steckt einfach zu viel Zündstoff darin, um es zu verschieben. Und spannend ist es obendrein.
Ein Gedankenspiel
Nachdem ich den Bericht über die Pläne des Herrn Dr. med. Baas, seines Zeichens Arzt und Vorstandsvorsitzender der TK, gelesen hatte, reifte in meiner Fantasie spontan der Gedanke an eine monatliche Mail von der Krankenkasse an alle chronisch kranken Versicherten:
Sehr geehrte/r Versicherte/r, anbei finden Sie Ihre monatliche Gesundheits-Auswertung. Auffällig waren im vergangenen Monat vor allem das etwas schlechtere HbA1c sowie die erhöhte Zufuhr an Kohlenhydraten im Tagesschnitt. Außerdem weisen wir höflich darauf hin, dass Sie an 23 von 31 Tagen Ihr Bewegungsziel nicht erreicht haben. Bei Fragen stehen wir jederzeit zur Verfügung. Mit besten Grüßen – Ihre Krankenkasse.
Ist eine derartige Statusmail wirklich so abwegig? Wie weit entfernt sind wir noch vom absolut gläsernen Patienten, der seine Gesundheitsdaten nicht nur freiwillig bei Facebook veröffentlicht, sondern auch zwangsweise seiner Krankenkasse abliefert? Schon jetzt ist von möglichen Tarifen die Rede, die mit Vergünstigungen locken, sofern die Versicherten „ihre kompletten Gesundheitsdaten ständig übermitteln“. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen und ein paar Jahre weiterdenken. Und dazu braucht es gar nicht mal so viel Fantasie.
Alles nur Hirngespinste?
Nun spielt die TK, die einen Arzt und ehemaligen Berater an der Spitze hat, vielleicht eine besondere Rolle in diesem Spiel. Schon die Posse mit der Kostenübernahme für das FreeStyle Libre, die dazu führte, dass eine Menge Menschen zur TK wechselten, um dann doch enttäuscht zu werden, zeigte die dortige Denkweise recht deutlich. Nun prescht man also vor und denkt laut darüber nach, Fitnessdaten „zu sammeln und von den Kassen verwalten zu lassen“.
Das klingt für den „gesunden“ Versicherten völlig harmlos und auch noch verlockend, denn er kann Beiträge sparen, wenn er gesund lebt, sich ausreichend bewegt und brav seine Daten übermittelt. Das Blatt könnte sich aber schlagartig wenden, wenn der Betroffene krank wird und auf die Leistungen seiner Kasse angewiesen ist.
Drehen wir den Gedanken doch einmal um. Warum hat eine Krankenkasse ein Interesse daran, dass ihre Mitglieder gesund sind? Weil sie dann weniger Ausgaben zu schultern hat. So weit, so klar. Warum aber sollte eine Krankenkasse dafür auch noch Beitragsnachlässe gewähren? Hier wird die Luft schon dünner. Die nächste logische Frage ist dann aber, warum eine Krankenkasse ein Interesse an den Gesundheitsdaten ihrer Mitglieder haben sollte. Sicher nicht, um dann aus Nächstenliebe Rabatte zu gewähren, sondern vielmehr, um Beiträge zu erhöhen, wenn Gründe dafür vorliegen – oder um „ungesunde“ Menschen einfach nicht mehr zu versichern.
Die Gesetzgebung ist wichtig
Zum Glück haben wir einen aufgeweckten Bundesjustizminister, der sich auch schon zum Thema geäußert hat. In einem Interview mahnt er vor einem Zugriff der Krankenkassen auf Gesundheitsdaten und spricht davon, dass „Menschen in keinem Fall zum reinen Objekt eines Algorithmus werden“ dürfen. Dass Heiko Maas beim Thema Vorratsdatenspeicherung eine eher unrühmliche Rolle gespielt hat, gehört wohl nicht hierher und sei deshalb nur am Rande erwähnt.
Schon seit einigen Jahren beschäftigt man sich in der Bundesregierung mit dem Thema Gesundheitskarte und Datenschutz. Dies mündete im sogenannten E-Health-Gesetz, welches den Umgang mit Patientendaten und auf der Karte gespeicherten Informationen regelt. Schon die Diskussion hierzu zeigte, wie sensibel das Thema ist und welche Änderungen es eventuell dem gesamten Gesundheitswesen beschert. Natürlich winken riesige Optimierungs- und Einsparungspotenziale, die allen Versicherten und dem gesamten System zugutekommen könnten. Ebenso eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten auf dem Gebiet der Telemedizin und der Betreuung von Erkrankten. Diese positiven Seiten dürfen keinesfalls vergessen werden und gehören mit in die Diskussion. Die Möglichkeiten, die das Internet bietet, müssen auch im Gesundheitswesen zum Wohle der Patienten genutzt werden – keine Frage.
Sobald aber wirtschaftliche Interessen dahinterstehen, ist der Gesetzgeber gefordert und muss allem Einhalt gebieten, was sich negativ auf die Versicherten auswirken könnte. Am Ende sprechen wir hier von Menschen und deren Schicksalen. Dies darf nicht in Vergessenheit geraten.
Bitte nicht falsch verstehen
Nun bin ich selber Typ-1-Diabetiker und damit naturgemäß sehr interessiert daran, was sich im Bereich Gesundheitsdaten tut. Ich komme wieder auf den Artikel von Carolin zurück, in dem sie betont, kein Roboter zu sein, der auf Daten reduziert werden kann. Wir sind Menschen und mich schaudert es bei dem Gedanken, zukünftig mittels Gewichts, HbA1c oder sonstiger Daten Rechenschaft über meine Lebensweise ablegen zu müssen, damit die Krankenkasse weiterhin mein Insulin bezahlt. Und wenn ich Lust auf Schokolade habe, dann aber damit rechnen muss, einen höheren Krankenkassenbeitrag zahlen zu müssen, dann ist das eine Welt, in der ich nicht leben möchte.
Ja, das waren zwei sehr weit hergeholte Beispiele. Aber darüber nachdenken sollte man bereits, bevor die ersten Schritte in Richtung Datenübermittlung an Krankenkassen gegangen werden.
Weniger drastisch klingt es vielleicht, wenn man sich nur einmal vorstellt, dass das HbA1c regelmäßig übermittelt wird und man sich für eine Verschlechterung bei der Krankenkasse rechtfertigen muss, um Nachteile zu vermeiden. Wir alle wissen, wie unberechenbar so ein Diabetes ist und dass die Werte sich nicht immer einfach so beeinflussen lassen.
Also hoffe ich bei allem technischen Fortschritt, dass Gesundheitsdaten das Eigentum ihrer Besitzer bleiben und nur dann weitergegeben werden, wenn ein ausdrückliches Einverständnis respektive ein guter Grund vorliegt. Wenn eine Krankenkasse diese Daten sichten möchte, um zu sehen, ob die Kostenübernahme für eine Insulinpumpe oder ein CGM sinnvoll wären, dann ist dagegen grundsätzlich nichts zu sagen. Wenn es aber darum geht, Patienten zu benachteiligen, die sich nicht vorbildlich verhalten, dann sieht die Sache schon anders aus. Grund genug, die aktuelle Diskussion genau zu verfolgen.
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 5 Tagen, 5 Stunden
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 5 Tagen
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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