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Pommes, Burger, Cola – und endlose Stunden im Sitzen vor Rechner oder Fernseher: Viele Kinder und Jugendliche sind zu dick. Das gilt weltweit – und auch für Deutschland. Zum Welt-Adipositas-Tag 2016, der am 11. Oktober stattfand, forderten Diabetesorganisationen wie die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) einen Beauftragten der Regierung für Diabetes und Adipositas.
Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) sind heute bei jungen Menschen ein Problem. 15 Prozent der 3- bis 17-Jährigen haben Übergewicht. Und aus dicken Kindern werden meist dicke Erwachsene, warnt die Deutsche Allianz für Nichtübertragbare Krankheiten (DANK). Sie haben ein hohes Risiko für chronische Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Gelenkerkrankungen.
Nach Angaben des Gesundheitsberichts Diabetes 2016 sind 6 Prozent der deutschen Kinder adipös und 13 Prozent übergewichtig – mehr als doppelt so viele wie vor 10 Jahren. Mädchen sind häufiger betroffen (64 Prozent). Bei den Typ-2-Diabetes-Neuerkrankungen gab es bei Jugendlichen in den letzten 10 Jahren eine Verfünffachung.
Eine erste Schätzung des Typ-2-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland ergab eine Häufigkeit an Neuerkrankungen (Inzidenz) von etwa 2 pro 100 000. Bei adipösen Jugendlichen liegt bei bis zu 2 Prozent ein Typ-2-Diabetes und bei bis zu 10 Prozent eine Störung des Glukosestoffwechsels vor. Demnach erkranken derzeit pro Jahr rund 200 Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 19 Jahren in Deutschland an Typ-2-Diabetes.
Mit dramatischen Folgen, wie auch aktuelle Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) belegen: Diabetes gehört zu den 5 Krankheiten, die bis 2030 immer häufiger zum Tod führen. Nach WHO-Berechnungen steigen diabetesbedingte Todesfälle in diesen wenigen Jahren um 34 Prozent an.
Das Phänomen „Altersdiabetes im Kindesalter“, also der Typ-2-Diabetes bei Jugendlichen, wird in Medizin und Politik zwar aufmerksam verfolgt, die Situation verschärft sich dennoch Jahr um Jahr. Zum 2. Welt-Adipositas-Tag („World Obesity Day“) haben Diabetesexperten erneut Alarm geschlagen: 223 Millionen Schulkinder sind weltweit übergewichtig oder fettsüchtig. Diese Zahl steigt bis 2025 voraussichtlich auf 268 Millionen, sollten die einzelnen Regierungen nicht zielgerichtet gegensteuern.
„Übergewicht und Fettleibigkeit bei Kindern und Jugendlichen sind in Deutschland ein ernstes Problem“, sagt der DDG-Präsident Prof. Dr. Baptist Gallwitz. Aus der Gruppe der übergewichtigen Kinder werden bis 2025 insgesamt 73 000 Personen eine gestörte Glukosetoleranz – die Vorstufe des Diabetes – entwickeln. 23 000 erkranken bis dahin an Typ-2-Diabetes, 159 000 an Bluthochdruck und 220 000 an einer Fettleber. Was also tun?
Ein Beauftragter der Bundesregierung für Diabetes und Adipositas könnte an den richtigen Stellschrauben drehen und z. B. auf die Bundesländer einwirken, verpflichtende Qualitätsstandards für das Essen an Schulen und Kitas einzuführen, erklärt die DDG. Nach einer gesunden Kita- und Schulverpflegung muss man in Deutschland noch suchen.
Obwohl die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) schon 2007 entsprechende Qualitätsstandards erarbeitet hat, wurden sie bislang nur von Berlin und dem Saarland verbindlich in Ganztagsschulen umgesetzt. „Das Ernährungsverhalten und die Geschmacksvorlieben werden früh in der Kindheit geprägt“, sagt Gallwitz. „Deshalb wäre eine solche Maßnahme sehr wichtig.“
Nach aktuellen Untersuchungsergebnissen ist die Qualität der Verpflegung in Kitas und Schulen bundesweit unbefriedigend. Nur 18 Prozent der Kindertagesstätten berücksichtigen die DGE-Qualitätsstandards. 46 Prozent der Kitas bieten zu häufig Fleisch und Fleischerzeugnisse an. Obst, Gemüse und Rohkost gibt es hingegen zu selten. Bei 56 Prozent der Kitas wird das Essen warm angeliefert, nur ein Drittel kocht selbst.
Ähnlich an den Schulen: Nur etwa der Hälfte sind die DGE-Standards bekannt, davon setzen wiederum nur 50 Prozent die Standards um. In 60 Prozent der Schulen wird das Essen warmgehalten; nur 20 Prozent der Mahlzeiten bestehen aus Frisch- und Mischküche. In knapp 34 Prozent der Schulen wird täglich Gemüse angeboten. In 61 Prozent haben die Schüler weniger als eine dreiviertel Stunde Zeit für die Mittagspause. 30 Prozent der Schüler schmeckt das Essen gar nicht, über die Hälfte der Sekundarschüler gehen deshalb zum Imbiss, Bäcker oder ins Fast-Food-Restaurant.
Zwar begrüßen alle Bundesländer die Qualitätsstandards für die Kita- und Schulverpflegung, allerdings ist auch Fakt, dass keines die verbindliche Einführung der DGE-Qualitätsstandards plant. Die Länder verweisen stattdessen auf die Eigenverantwortung der Träger, die im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung und mit Unterstützung der jeweiligen Vernetzungsstellen Kita- und Schulverpflegung an der Umsetzung der DGE-Qualitätsstandards arbeiten sollen.
„Alle Kinder haben ein Recht auf Gesundheit und gute Ernährung“, sagt Renate Künast, Vorsitzende des Verbraucherschutzausschusses im Bundestag. „Der Bund sollte beim Ausbau von Schulmensen und -küchen mit in die Verantwortung genommen werden,“ erklärt sie.
Diabetesorganisationen fordern zudem seit vielen Jahren – gemeinsam mit der DANK – ein Verbot von Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder richtet.
von Angela Monecke
Redaktion Diabetes-Journal, Hauptstadtbüro
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Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0, Fax: (0 61 31) 9 60 70 90,
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (11) Seite 58-59
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