„G-BA-Entscheidung gefährdet Patientensicherheit“

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„G-BA-Entscheidung gefährdet Patientensicherheit“

Die aktuelle Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zu den SGLT2-Hemmern Empagliflozin und Canagliflozin ruft bei Diabetes-Experten Unverständnis hervor.

Der Gemeinsame-Bundesausschuss (G-BA) hat am 05.02.2015 seine Entscheidung mitgeteilt, dass die sogenannten SGLT2-Hemmer Empagliflozin und Canagliflozin in der Kombinationstherapie mit Metformin bei der Diabetesbehandlung keinen Zusatznutzen haben. Aus Sicht der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) ist dies eine Fehlentscheidung des G-BA, die auch bei internationalen Diabetesexperten nur mit Unverständnis und Ablehnung zur Kenntnis genommen wird.

Darüber hinaus entspricht dies auch nach aktuellen Therapieempfehlungen der Amerikanischen und Europäischen Diabetes Gesellschaft vom Januar dieses Jahres nicht mehr dem medizinischen Standard!

SGLT2-Hemmung: neue innovative Therapiestrategie

Das Therapieprinzip der SGLT2-Hemmung ist eine neue innovative Therapiestrategie, bei der die Glukosewiederaufnahme aus dem Harn gehemmt wird und damit der Blutzucker wirksam, effektiv und nachhaltig gesenkt wird. Zusätzlich reduzieren sich das Gewicht und sogar ein weiterer kardiovaskulärer Risikofaktor, nämlich der systolische Blutdruck.

Mit der oben angegebenen Entscheidung des G-BA hat bisher in Deutschland kein einziger SGLT2-Hemmer wie z.B. Dapagliflozin, Empagliflozin und Canagliflozin vom G-BA einen Zusatznutzen bescheinigt bekommen, obgleich dieses Therapieprinzip bereits in circa 40 Ländern der Welt Eingang in die Diabetestherapie gefunden hat. Hier isoliert sich Deutschland international – und zwar nicht auf Grund evidenzbasierter Medizin, sondern durch strukturierte Nicht-Beachtung klinischer Evidenz, die an Tausenden von Patienten kontrolliert erhoben worden sind!

Entscheid hat nichts mit evidenzbasierter Medizin oder Wirksamkeit zu tun

Ein grundsätzliches Missverständnis bei diesen G-BA Entscheidungen ist, dass irrtümlicherweise gedacht wird, dass die Beurteilung eines Zusatznutzens durch den G-BA auch nur irgendetwas mit evidenzbasierter Medizin oder Wirksamkeit zu tun hat. Über die Effektivität und Sicherheit einer neuen Therapie und ihrer Evidenz entscheidet in Deutschland allein die Zulassungsbehörde bzw. das BfArM. Der G-BA entscheidet nur auf Empfehlung des IQWiG, ob die Studienlage in Bezug auf die Fachinformation eines neuen Medikamentes und die vom G-BA festgelegte Vergleichstherapie “wortgetreu” vorliegt.

Hierdurch werden regelhaft große Studiensätze vom IQWiG aus methodischen Gründen überhaupt nicht berücksichtigt, und damit kommt es regelmäßig zu der Einschätzung, dass keine ausreichenden Daten vorliegen würden und damit kein Zusatznutzen bestünde! „Dies ist aus Sicht der Deutschen Diabetes Gesellschaft ein gewichtiger Grund, warum es häufig zu klinisch nicht plausiblen und nicht nachvollziehbaren Entscheidungen kommt”, so Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland, Mediensprecher der Deutschen Diabetes Gesellschaft.

Keine gleichwertige Alternativen zu neuen Therapieansätzen

Was sind die Folgen dieser – aus Sicht der DDG – Fehlentscheidungen des G-BA? Es wird angenommen, dass es gleichwertige Alternativen zu diesen neuen Therapiestrategien gibt. Die gibt es aber nicht! Durch die derzeitige Indikation und Nutzung von Vergleichstherapien können die Patienten nicht adäquat eingestellt werden. „Hierdurch müssen sie häufig zeitiger Insulin spritzen mit dem Risiko der Unterzuckerung und ggf. weiterer Gewichtszunahme”, so Frau Professor Dr. med. Monika Kellerer, Leitlinienbeauftragte der DDG.

„Neue Diabetes-Medikamente, die man als Tabletten einnehmen kann, würden helfen, mehr Patienten frühzeitig effektiv und sicher gut einzustellen, ohne das Risiko von Unterzuckerungen”, so Professor Dr. med. Stephan Matthaei von der Diabetes-Klinik in Quakenbrück und Past-Präsident der DDG. „Im Gegensatz zu der vom G-BA herangezogenen ‚zweckmäßigen Vergleichstherapie‘ mit Sulfonylharnstoffen, die teilweise zu schweren, selten auch tödlichen Unterzuckerungen führen kann, senken SGLT2-Hemmer den Blutzucker, ohne das Risiko für Unterzuckerungen zu erhöhen”, betont Professor Matthaei.

„Eine effektive Blutzuckersenkung kann auch bei Patienten mit Typ-2-Diabetes die Spätkomplikationen wie Erblindung, schwere Nervenschädigungen und Funktionseinschränkung der Niere bis hin zur Nierenersatzbehandlung (Dialyse) verhindern”, ergänzt Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Vize-Präsident der DDG. „Diabetes ist eine der häufigsten Ursachen für Neuerblindung in diesem Land”, so Privatdozent Dr. med. Erhard Siegel, Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft.

Verschwinden innovative Substanz vom deutschen Markt?

Nun können die Hersteller zwar auch ohne Zusatznutzen Preise mit den Krankenkassen verhandeln, dies führt aber zum Verschwinden der neuen Substanz vom deutschen Markt oder zu „Dumping-Preisen”. Dies hat zur Folge, dass Arbeitsplätze in Deutschland verloren gehen, der Forschungsstandort für klinische Forschung unattraktiv wird und die Versorgung der uns anvertrauten Patienten durch den Preis und nicht durch die klinische Evidenz gestaltet wird!

Es kann nicht im Sinne des Gesetzgebers gewesen sein, der mit dem Arzneimittelneuordnungsgesetzes (AMNOG) ein sehr vernünftiges Gesetz auf den Weg gebracht hat, die Akzeptanz durch klinisch-wissenschaftlich nicht vertretbare Entscheidungen zu gefährden. Die derzeitige Umsetzung des AMNOG auf dem Gebiet der Diabetologie „entmündigt die klinische Wissenschaft und gefährdet aus unserer Sicht die Patientensicherheit”, so Müller-Wieland.


Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG)

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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