Guter Rat – was ein Rechtsstreit kosten kann

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Guter Rat – was ein Rechtsstreit kosten kann

Was tun, wenn der Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis abgelehnt wird? Oder wenn die Krankenkasse beharrlich die Genehmigung der Insulinpumpe verweigert? Oder wenn die Begleitperson versagt wird und das Kind mit Diabetes daher nicht mit auf den Schulausflug gehen darf? Wann sind rechtliche Schritte angebracht und wie sieht es mit den Kosten aus?

Bei rechtlichen Fragen sind Rat oder Unterstützung eines spezialisierten Anwalts anzuraten. Oft schrecken Menschen davor zurück, weil sie zu hohe Kosten befürchten oder nicht wissen, wo man kompetente Unterstützung bekommt. Wenn der Führerschein endgültig weg ist oder der Schwerbehindertenausweis definitiv verweigert wurde, wird aber klar, dass man wohl besser hätte einen Anwalt einschalten sollen.

Anwaltsgebühren berechnen sich grundsätzlich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Dort sind für alle anwaltlichen Tätigkeiten Gebührensätze bzw. Betragsrahmen festgelegt. Diese Gebühren dürfen in allen Fällen nur überschritten werden, wenn Sie mit dem Anwalt eine entsprechende Vergütungsvereinbarung getroffen haben.

Erst- und weitergehende Beratung

Die Kosten für die Beratung durch einen Anwalt hängen in der Regel vom Zeitaufwand ab sowie davon, um “was” bzw. “wie viel” es geht. Bei Privatpersonen dürfen die Anwaltskosten für eine erste Beratung jedoch höchstens 226,10 Euro betragen. Sobald der Anwalt über eine bloße Beratung hinaus tätig wird – beispielsweise, wenn er einen Schriftsatz fertigt oder mit dem Gegner telefoniert –, fallen weitere Gebühren an. Diese berechnen sich dann auf Basis des Werts der Sache oder innerhalb eines gesetzlich vorgegebenen Gebührenrahmens.

In allen sozialrechtlichen Angelegenheiten gelten Rahmengebühren.Dazu zählen Streitigkeiten um den Grad der Behinderung, die Versorgung mit einem System zum kontinuierlichen Glukose-Monitoring (CGM) oder einer Insulinpumpe oder die Gewährung einer Begleitperson als Leistung der häuslichen Krankenpflege.

Gerichtliche Tätigkeit

Kommt es zur Klage, erhält der Anwalt eine Verfahrensgebühr. Findet ein Gerichtstermin statt, kommt eine Terminsgebühr hinzu. Einigen sich die Parteien oder wird die Angelegenheit durch einen neuen Bescheid der Behörde erledigt, kann zusätzlich eine Erledigungs- bzw. Einigungsgebühr anfallen. Auch in gerichtlichen Verfahren hängt die Höhe der Kosten davon ab, ob Rahmengebühren gelten oder ob diese auf Basis des Streitwerts berechnet werden.

Für eine Klage vor dem Sozialgericht kann der Anwalt selbst bei sehr langen und umfangreichen Verfahren für die komplette Klage und das Wahrnehmen von Gerichtsterminen insgesamt nur einige Hundert Euro abrechnen. Eine vorherige außergerichtliche Tätigkeit wird dabei zur Hälfte angerechnet.

Wer zahlt wann und was?

Im Sozialrecht werden die Anwaltskosten nach erfolgreicher Klage von der Staatskasse übernommen.Wenn Sie verlieren, müssen Sie umgekehrt aber die Kosten der Behörde nicht tragen.

Sofern Sie in Strafverfahren freigesprochen werden, zahlt die Staatskasse Ihre notwendigen Auslagen sowie die Verfahrenskosten. Im Fall einer Verurteilung müssen Anwalts- und Verfahrenskosten von Ihnen getragen werden.

In fast allen anderen Streitigkeiten gilt: Wer verliert, bezahlt die gesamten Kosten des Rechtsstreits, also auch die Gerichtskosten und Anwaltsgebühren aller Beteiligten. Eine Ausnahme gilt im Arbeitsrecht: Dort müssen Sie den Anwalt (zumindest bis zur ersten Instanz) immer selbst bezahlen, selbst wenn die Klage gewonnen wird.

Wichtig: Wenn Gegner, Staatskasse oder Rechtsschutzversicherung zur Erstattung Ihrer Kosten verpflichtet ist, zahlen diese lediglich die gesetzlichen Gebühren nach dem RVG.

Kostenlose Rechtsberatungs-Hotline für Leserinnen und Leser des Diabetes- Journals
Für Abonnentinnen und Abonnenten des Diabetes-Journals bietet Oliver Ebert zweimal im Monat eine Rechtsberatungs-Hotline an. Sie können dazu einfach zu den jeweiligen Zeiten anrufen und er beantwortet dann gern Ihre Fragen. Die Termine und die Telefonnummer entnehmen Sie bitte Ihrer Abonnenten-Urkunde.

Rechtsschutzversicherung

Gerade in verkehrsrechtlichen Streitigkeiten kommt es oft zu hohen Verfahrenskosten durch Gutachter oder Zeugen. Auch arbeitsgerichtliche Prozesse sind relativ teuer. Immer öfter gibt es auch Streit mit Krankenkassen, weil die Kosten für Hilfsmittel nicht übernommen werden. Eine Rechtsschutzversicherung ist daher empfehlenswert. Denn diese übernimmt – soweit vom Versicherungsumfang gedeckt – die Kosten eines Rechtsstreits.

Eine Rechtsschutzversicherung bezahlt allerdings nur die gesetzlichen Mindestgebühren. Deshalb gilt auch hier: Wenn Sie mit dem Anwalt eine höhere Vergütung vereinbart haben, muss der Differenzbetrag von Ihnen bezahlt werden.

Hilfe bei geringem Einkommen

Wer keine Rechtsschutzversicherung oder zu wenig Geld für einen Anwalt hat, kann vom Staat “Beratungshilfe” erhalten. Diese kann bei der Rechtsantragsstelle des zuständigen Amtsgerichts beantragt werden. Schildern Sie dort das konkrete Problem und bitten, hierfür die Beratung durch einen Anwalt zu bewilligen. Wenn Sie über wenig Einkommen verfügen und/oder hohe Belastungen haben, belegt durch Nachweise bzw. Auszüge, und Ihr Anliegen nicht offensichtlich aussichtslos bzw. rechtsmissbräuchlich ist, stellt das Gericht einen Beratungshilfeschein aus.

Damit können Sie sich grundsätzlich von jedem Anwalt beraten bzw. außergerichtlich vertreten lassen. Der Anwalt rechnet mit der Staatskasse ab und darf von Ihnen für seine gesamte Tätigkeit lediglich einen Eigenanteil von 15 Euro verlangen.

Wenn ein Gerichtsverfahren ansteht, kann Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt werden. Dies wird regelmäßig vom Anwalt erledigt. PKH wird gewährt, sofern Sie finanziell nicht in der Lage sind, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, und die Sache Aussicht auf Erfolg hat. Mit Gewährung der PKH werden die Gerichtskosten sowie die Kosten Ihres eigenen Anwalts von der Staatskasse vorgestreckt und oft ganz oder teilweise übernommen. Allerdings sind Kosten, die Sie an den Gegner erstatten müssen, hiervon nicht abgedeckt.

Weitere Beratung
Für Menschen mit Diabetes gibt es zahlreiche Angebote für kompetente Hilfe. Selbsthilfe-Organisationen bieten (nicht nur) für Mitglieder viele Informationen und Hilfen. Daneben gibt es auch Unterstützung z. B. bei anderen Betroffenen-Organisationen, beim VdK und im Internet. Aber achten Sie darauf, dass die Auskünfte aus verlässlicher und kompetenter Quelle stammen.In einer kostenlosen Broschüre des Bundesjustizministeriums finden Sie weitere nützliche Informationen, herunterladbar unter Kurzlink: t1p.de/nv63a.

Kontakt:

Oliver Ebert
REK Rechtsanwälte
Nägelestraße 6A, 70597 Stuttgart

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2024; 72 (4) Seite 46-47

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • darktear antwortete vor 2 Wochen

      Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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