Ist die Beschlagnahme von Daten bei Dritten zulässig?

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Ist die Beschlagnahme von Daten bei Dritten zulässig?

Rechtsanwalt Oliver Ebert gibt Ihnen in der Rubrik Rechteck Antworten auf Rechtsfragen rund um das Thema Diabetes.

Die Frage

In Heft 7/22 des Diabetes-Journals warnen Sie davor, dass in einer Cloud gespeicherte Glukosewerte nicht mehr der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen würden. Im Falle eines Verkehrsunfalls könnten diese Daten womöglich beschlagnahmt und zu meinem Nachteil verwendet werden.Da mein CGM immer in der Praxis eingelesen wird, habe ich meinen Arzt auf die Problematik angesprochen. Dieser meinte daraufhin, dass das so nicht stimmen würde. Eine Beschlagnahme sei bei Unfällen nicht zulässig, sondern allenfalls bei schweren Straftaten wie Mord – dies stehe in einem Artikel von anderen Rechtsanwälten, der zu dem Thema in einer anderen Zeitung veröffentlicht wurde.
Ich habe mir den Artikel dann besorgt und die Rechtsanwälte schreiben dort tatsächlich: “Der Hersteller eines cloudbasierten Glukosemesssystems kann nur bei schweren Straftaten zur Herausgabe von Messwerten gezwungen werden”. Ich bin nun verunsichert – was stimmt denn nun?

Peter K.


Die Antwort von Oliver Ebert

Ich habe den genannten Beitrag ebenfalls gelesen und mich sehr über diese Behauptung der Kollegen gewundert. Um es klar zu sagen: Das stimmt so nicht!

Die von mir berichtete Rechtslage basiert – auch aus Verantwortung für meine Leserinnen und Leser – auf dem gesicherten Stand der Rechtsprechung und der herrschenden Meinung in der juristischen Fachwelt. Die Frage, ob eine Beschlagnahme von Daten bei Dritten zulässig ist bzw. ob dies nur bei schweren Straftaten erlaubt sei, wurde bereits durch das höchste Gericht, das Bundesverfassungsgericht, eindeutig geklärt. Dieses hatte über den vergleichbaren Fall zu entscheiden, ob die auf dem Server eines Internet-Providers befindlichen E-Mails in einem Strafverfahren wegen Betrugs und Untreue beschlagnahmt werden dürfen.

Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 16. Juni 2009, 2 BvR 902/06) sagt dazu ziemlich unmissverständlich: “Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit ist es nicht geboten, den Zugriff auf beim Provider gespeicherte E-Mails auf Ermittlungen zu begrenzen, die zumindest Straftaten von erheblicher Bedeutung betreffen, und Anforderungen an den Tatverdacht zu stellen, die über den Anfangsverdacht einer Straftat hinausgehen.” (www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2009/bvg09-079.html)Warum die Kollegen dennoch eine komplett gegenteilige Rechtslage behaupten und das eindeutig anderslautende Urteil des Bundesverfassungsgerichts in ihrem Beitrag nicht einmal erwähnen, vermag ich nicht zu beurteilen.


Autor:

Oliver Ebert
REK Rechtsanwälte Stuttgart, Balingen
Nägelestraße 6A, 70597 Stuttgart

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2022; 71 (11) Seite 50

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