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Ärzte, die heute im stationären Bereich arbeiten, müssen sich immer häufiger der Gewinnmaximierung des Krankenhauses unterordnen. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) und die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) sehen durch die Ökonomisierung in der Klinikmedizin Patienten und Ärzte gleichermaßen bedroht und sagen: So kann es nicht weitergehen!
Experten sind sich einig; die Situation ist zwar nicht neu, wird aber von Jahr zu Jahr weniger erträglich: Der hohe Kostendruck auf die Krankenhäuser führt zum Zurückdrängen medizinischer Bereiche, die weniger profitabel sind – wie der Diabetologie!
Dies werten die beiden Fachgesellschaften als „Zerreißprobe“ für die Innere Medizin. Bei einer Pressekonferenz im Juli in Berlin stellten sie ein Positionspapier mit 5 Forderungen vor (www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de): So dürften „Regeln des medizinischen Wettbewerbs das medizinische Handeln zu keinem Zeitpunkt dominieren“. Und es sei „zwingend erforderlich, dass unternehmerische Krankenhausentscheidungen immer im ausgewogenen Verhältnis zwischen leitenden Ärzten, kaufmännischen Direktoren und Pflegeleitung getroffen werden“. So schüfen „Bonus-Regelungen“ Fehlanreize und böten faktisch „Erpressungspotenzial“ gegen Ärzte, heißt es.
Für das Vertrauen zwischen Arzt und Patient sei aber entscheidend, dass es keine Verbindung zwischen finanziellen Anreizen und Behandlung gäbe, sagte Prof. Dr. Petra-Maria Schumm-Draeger, Vorsitzende der DGIM. Stattdessen würden behandelnde Ärzte immer öfter in einen „untragbaren Konflikt“ geraten: die Entscheidung zwischen dem Patientenwohl und der wirtschaftlich besten Lösung für das Krankenhaus treffen zu müssen.
Kritisiert werden hier hauptsächlich die Fallpauschalen, die 2003 mit dem DRG-System gesetzlich neu definiert wurden und den Kostendruck auf die Krankenhäuser erst richtig befeuert haben. Denn: Für jede genau definierte Erkrankung und ihre Behandlung, so auch für Diabetes, sind im Rahmen stationärer Klinikaufenthalte bestimmte Pauschalbeträge festgelegt, die die Kliniken für die einzelnen Patienten erstattet bekommen.
Vor allem die „sprechende und damit zeitaufwändige Medizin“ ließe sich jedoch „nicht in Prozeduren abrechnen“, so DDG-Präsident Prof. Dr. Baptist Gallwitz. Das Gespräch sei genau der Teil der Behandlung, „der beim Patienten Vertrauen erzeugt, was für den Erfolg einer Therapie entscheidend ist – insbesondere wenn es sich um komplexe Krankheitsbilder wie Diabetes handelt“.
Eine Stärkung der Inneren Medizin und ihrer Querschnittsfächer wie der Diabetologie sei notwendig, um die künftige Versorgung zu sichern.
Gallwitz befürchtet sonst, dass Patienten bald keine Fachärzte mehr in ihrer Nähe finden, die eine internistische Behandlung mit Blick auf den gesamten Menschen leisten können. Dabei seien in den kommenden Jahren immer mehr statt weniger älterer Patienten mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes behandlungsbedürftig. Prof. Dr. Dirk Müller-Wieland, Mediensprecher der DDG und Mitautor des Positionspapiers: „Es muss personell und finanziell sichergestellt sein, dass Fachärzte weiterhin eine qualitativ hochwertige Ausbildung erhalten.“ Gallwitz sieht zwei wesentliche Voraussetzungen, damit chronisch kranke Menschen „nicht auf der Strecke bleiben“:
Die Versorgungsqualität im Sinne der Patienten lasse sich, auch mit Blick auf wirtschaftliche Aspekte, nur erzielen durch eine sektorenübergreifende und flächendeckende Versorgungslandschaft für chronische Erkrankungen wie Diabetes – vom Hausarzt über den niedergelassenen Spezialisten bis zum Krankenhaus. Zum anderen müsse auch morgen eine Therapie möglich sein, die individuell und auf dem neuesten Stand der Wissenschaft für den Patienten und seine Lebenssituation erfolgt. „Umsatz darf nicht das primäre Ziel unserer Krankenhäuser werden“, stellte auch Prof. Dr. Dr. Ulrich R. Fölsch, Generalsekretär der DGIM, klar.
Als bedenkliche Entwicklung stuft er vor allem ein, dass leitende Ärzte in Kliniken praktisch nicht mehr direkt vertreten seien in den Entscheidungsgremien der Krankenhäuser, in Klinikdirektionen und Geschäftsleitungen. Seine Fachgesellschaft entwickelt derzeit einen neuen Ärzte-Klinik-Kodex, der als Modellansatz für eine werteorientierte Integration ärztlichen Handelns gelten und einen Ausgleich zu den ökonomischen Leit- und Erfolgsbildern im Krankenhaussektor schaffen soll, die momentan die Behandlung dominieren.
„Die Versorgung kranker und damit auf ärztliche Hilfe angewiesener Menschen ist keine Dienstleistung, die Kunden nach Bedarf verkauft wird“, so Fölsch. Sie sei vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Ärzte und Kliniken nicht allein lösen könnten. Politik und Gesetzgeber seien hier gefordert, entsprechende Weichen zu stellen, „anstatt sich hinter jenen zu verstecken, die den am Ende leidtragenden Patienten täglich gegenüberstehen“, kritisierte er.
Müller-Wieland sprach von einem gemeinsamen Interesse, das Heilberufe, Krankenhaussektor, die Kostenträger und die Gesundheitspolitik haben sollten: „diese Entwicklung einzudämmen und Schaden vor allem vom Patienten abzuwenden“.
von Angela Monecke
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (9) Seite 46-47
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