Medikament ohne Zulassung verordnen?

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Medikament ohne Zulassung verordnen?

Rechtsanwalt Oliver Ebert gibt Ihnen in der Rubrik „Rechteck“ Antworten auf Rechtsfragen rund um das Thema Diabetes.

Die Frage

Ich bin Typ-1-Diabetikerin. Aufgrund meiner schlechten Stoffwechsellage und meiner Gewichtssituation hat mir meine Ärztin zusätzlich zum Insulin das Medikament Dapagliflozin verordnet, was bei mir zu einer deutlichen Therapieverbesserung führte: Mein Insulinbedarf hat sich reduziert, auch habe ich deutlich abgenommen. Mein HbA1c-Wert hat sich ebenfalls deutlich verbessert und meine Zuckerwerte waren insgesamt viel besser.Nun hat mir meine Ärztin mitgeteilt, dass sie mir kein Rezept für das Medikament mehr geben dürfe, da der Hersteller die Zulassung für Typ-1-Patienten zurückgezogen hat. Ich habe daraufhin bei meiner Krankenkasse nachgefragt, dort hat man mir bestätigt, dass das Arzneimittel für Typ-1-Patienten nicht mehr zugelassen sei und meine Ärztin mir das daher nicht mehr verschreiben darf.Das Medikament hat bei mir aber sehr viel gebracht. Gibt es denn keine Möglichkeit, wie ich wieder an ein Rezept komme?

Claudia A.


Die Antwort von Oliver Ebert

Das Problem scheint eine größere Zahl von Menschen zu betreffen. In der letzten Zeit haben mir schon einige Patienten und Ärzte diese Frage gestellt.

Der Hintergrund ist, dass der Hersteller eines Arzneimittels festlegt, für welche Anwendungs-Gebiete sein Medikament eingesetzt werden kann und darf; darauf erstreckt sich dann auch die entsprechende Zulassung. Ohne Zulassung darf ein Arzneimittel grundsätzlich nicht verordnet werden. Auch darf der Arzt das Medikament nur für solche Patienten verordnen, die in den Anwendungs-Bereich fallen. Dies liegt daran, dass der Hersteller des Arzneimittels für etwaige Risiken und Nebenwirkungen haftet, die mit dem Medikament verbunden sind. Daher ist Voraussetzung, dass das Medikament im Rahmen der Zweckbestimmung und des zugelassenen Anwendungs-Bereichs verordnet wird.

Aus diesem Grund kann der Hersteller eine Zulassung auch zurückziehen bzw. Einschränkungen im Anwendungs-Bereich vornehmen. Im Fall des von Ihnen berichteten Medikaments hat der Hersteller am 24.10.2021 die Zulassung für Menschen mit Typ-1-Diabetes zurückgezogen. Als Grund wurden bestimmte Auflagen der europäischen Arzneimittelbehörde genannt, die für den Hersteller nicht akzeptabel gewesen seien.

Dies bedeutet in der Konsequenz, dass dieses Medikament nicht mehr für Menschen mit Typ-1-Diabetes verordnet werden darf. Eine Ausnahme wäre nur im Rahmen eines “Off-Label-Use” zulässig. Dies ist aber nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich und bringt für Ärzte erhebliche Haftungsrisiken – denn der Hersteller ist dann aus der Verantwortung.

Ob in Ihrem Fall ein solcher Ausnahmefall vorliegt, müsste Ihre Ärztin entscheiden und entsprechend begründen. Sollte die Krankenkasse dann die Erstattung ablehnen, könnte im Rahmen einer Klage vor dem Sozialgericht geklärt werden, ob die Voraussetzung für einen “Off-Label-Use” vorliegen und Sie das Medikament dennoch erstattet bekommen.


Autor:

Oliver Ebert
REK Rechtsanwälte Stuttgart, Balingen
Nägelestraße 6A, 70597 Stuttgart

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2022; 71 (9) Seite 46

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