Rechtliche Probleme von Diabetikern

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Rechtliche Probleme von Diabetikern

Die Diabetes-Krankheit bringt neben den gesundheitlichen Problemen und Beeinträchtigungen des Alltagslebens häufig auch rechtliche Schwierigkeiten mit sich. Eine kleine – wenngleich natürlich nicht repräsentative – Statistik zeigt, in welchen Bereichen oftmals der Schuh drückt.

Tausendfache kostenlose Beratung

Ob am Rande von Veranstaltungen, bei persönlichen Begegnungen, am Telefon, per Brief, per E-Mail oder in Internetforen: In vielfältiger Weise werde ich seit Beginn meines Jura-Studiums mit rechtlichen Fragen zum Thema Diabetes konfrontiert. In vielen tausend Fällen konnte ich hier weiterhelfen und habe ohne Berechnung entsprechende Rechtsberatung geleistet.

1997 – mit Erhalt meiner Anwaltszulassung – habe ich dann damit begonnen, zu jeder kostenlos geleisteten Beratung mindestens zwei statistische Daten zu erfassen – nämlich, welcher Rechtsbereich erfasst und wie die Auskunft (z. B. per Telefon) erteilt wurde. Nun habe ich zum Jahresende 2014 ein Fazit gezogen und eine kleine Auswertung erstellt. Interessant ist die Verteilung der Rechtsbereiche, aus denen die Fragen kamen.

Die Auswertung bezieht sich ausschließlich auf die von mir kostenlos geleisteten Beratungen oder Vertretungen (erfasst sind 5 301) aus dem Zeitraum von 1997 bis 2014. Darüber hinaus habe ich natürlich auch noch einige hundert Fälle kostenpflichtig bearbeitet (z. B. im Rahmen regulärer Mandate oder bezahlte Beratungen wie für die Leser-Hotline des DiabetesJournals); diese sind in der vorliegenden Statistik nicht berücksichtigt.

In vielen Fällen wurden mit einer Beratungsanfrage mehrere Problemfelder abgedeckt – statistisch erfasst habe ich aber nur das Hauptproblem, also die Frage, die mir zuerst bzw. vorrangig gestellt wurde. Hat jemand zunächst nach dem Schwerbehindertenausweis gefragt und wollte dann auch noch etwas zum Führerschein wissen, dann habe ich die Beratung trotzdem nur unter "Schwerbehinderung" eingeordnet.

Jeder Vierte: "Schwerbehinderung"

Knapp jede vierte Anfrage (1 359; 25,6 Prozent) betraf das Thema Schwerbehindertenausweis. Die wichtigste Frage dabei war, ob bzw. wie man den Schwerbehindertenstatus bekommt, welche Voraussetzungen zu erfüllen sind bzw. wie die jeweilige Einzelsituation zu bewerten sei. Auch die mit dem Schwerbehindertenstatus persönlich verbundenen Vor- und Nachteile wurden oft erfragt. Viele Menschen wollten auch wissen, ob bzw. wie sie einen bereits vorhandenen Ausweis zurückgeben können.

An zweiter Stelle (1 061; 20 Prozent) stand das Thema Autofahren mit Diabetes: Hauptproblem dabei waren die Folgen eines Unfalles bzw. einer Verkehrsauffälligkeit in Zusammenhang mit einer Unterzuckerung. Oft kam es dabei zu strafrechtlicher Verfolgung (u. a. wegen Gefährdung des Straßenverkehrs), und es wurde Rat zur weiteren Vorgehensweise erfragt. Auch die Anordnung von Gutachten oder Auflagen war häufig Gegenstand der Beratung, und ich wurde gebeten, die Rechtmäßigkeit derartiger Anordnungen zu bewerten.

Ein Thema war oft, ob die Behörde beim Führerscheinantrag nach dem Diabetes fragen darf bzw. ob man eine solche Frage dann wahrheitsgemäß beantworten muss. Manche Patienten hatten nach einem Unfall auch Probleme mit ihrer Versicherung, die einen "Kaskoregress" verlangte.

Sitzenbleiben abwenden, verhagelte Klassenarbeit wegen Hypoglykämie wiederholen

Ein weiterer Schwerpunkt war der Bereich Schule und Kindergarten (556; 10,5 Prozent): Sehr viele Eltern waren mit dem Problem konfrontiert, dass die Insulingabe bzw. das Messen von Lehrern bzw. Erziehern verweigert wird. In einigen Fällen war das Verhältnis zwischen Eltern und Schule zerrüttet – und es drohte dem Kind sogar der Verweis auf eine Sonderschule.

Hier habe ich mich mitunter auch selbst mit der Schule in Verbindung gesetzt und konnte die Wogen glätten bzw. eine Lösung vermitteln. Häufiges Thema war auch die Frage nach Integrationshilfen wie Schulbegleiter oder zum persönlichen Budget.

Auch zu Prüfungserleichterungen, drohendem Sitzenbleiben oder dem Wiederholen von Klassenarbeiten, die aufgrund des Unterzuckers verhagelt wurden, bestand häufiger Beratungsbedarf.

Arbeitsrechtliche Fragen standen an vierter Stelle (549; 10,4 Prozent). Hier fragten vor allem Menschen in gefahrgeneigten Berufsbildern, ob die Diabetes-Erkrankung dem Arbeitgeber oder in der Bewerbung mitgeteilt werden müsse. Häufig wurde ich auch um Rat gebeten, weil der Arbeitgeber oder die Kollegen Schwierigkeiten bereiteten, den Diabetes am Arbeitsplatz zu managen. Die Abwehr von Mobbing sowie Beratung bei (drohender) Kündigung waren ebenfalls oft Thema.

Diabetes und mein Job: Passt das?

Eng damit zusammen hing der Beratungsbedarf (334; 6,3 Prozent) zu Berufswahl/Berufsausübung. Typische Fragen waren hier: Kann ich mit Diabetes meinen Beruf weiter ausüben? Kann ich als Diabetiker auch zu Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst? Was ist hierbei zu beachten? Gibt es Berufe, die für Diabetiker ungeeignet oder unzulässig sind?

Die Kostenübernahme bzw. Folgeverordnung für eine Insulinpumpe war Gegenstand von 289 (5,5 Prozent) Beratungsanfragen. Viele Betroffene sowie Ärzte oder Diabetesberaterinnen haben um Hilfe gebeten, weil seitens der Krankenkasse eine Insulinpumpentherapie verweigert wurde. Auch die Erstattung einer Patch-Pumpe war häufiges Thema.

Vorzeitige Altersrente wegen Schwerbehinderung, Berufsunfähigkeitsrente oder Erwerbsunfähigkeitsrente waren ebenfalls für viele Menschen wichtig – aus dem Umfeld habe ich 288 (5,43 Prozent) Anfragen bearbeitet.

Vielfach nachgefragt wurde auch bei Problemen mit Versicherungen, vor allem Lebens- oder Berufsunfähigkeitsversicherungen. Auch zum Thema "Steuern" bestand Beratungsbedarf: 186 Menschen (3,5 Prozent) hatten Schwierigkeiten bei der steuerlichen Anerkennung ihrer krankheitsbedingten Aufwendungen oder Fragen zu Freibeträgen und Absetzmöglichkeiten. Anfragen zur Kostenübernahme bzw. Erstattungsfähigkeit von kontinuierlichen Glukosemesssystemen haben vor allem in den letzten zwei Jahren deutlich zugenommen, hier konnte ich insgesamt 144-mal weiterhelfen.

Daneben wurde meine Expertise noch für viele andere Rechtsgebiete und Problemfelder erfragt, zum Beispiel zur Verordnung von Blutzuckerteststreifen, Problemen mit privaten Krankenversicherungen oder auch zur Haftungssituation von Selbsthilfegruppen oder Diabetesberaterinnen.

Das meiste per E-Mail

Die meisten Beratungsanfragen (2 971; 56 Prozent) kamen per E-Mail (vor allem in den letzten Jahren, über das Kontaktformular auf meiner Internetseite diabetes-und-recht.de oder aus diversen Foren (z. B. bei www.diabetes-kids.de). Insgesamt 1 253 Menschen (24 Prozent) haben telefonisch um Rat gefragt; in 664 Fällen (13 Prozent) wurde ich per Brief oder Fax um Hilfe gebeten.

In kostenlosen Beratungen in meiner Kanzlei bzw. bei Veranstaltungen habe ich (mindestens) 413 persönliche Beratungsgespräche geführt. Über den gesamten Zeitraum gerechnet, habe ich jede Woche im Durchschnitt knapp 5,6 Anfragen kostenfrei bearbeitet, pro Jahr also ca. 295.

Statistisch nicht erfasst, aber trotzdem erwähnenswert: Gefühlt etwas mehr als die Hälfte der Menschen haben sich für die kostenlose Beratung sogar bedankt …


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  • insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche

    Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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