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Ein renommiertes Forschungsteam hatte eine Aufklärungskampagne mit einem provokanten Slogan gestartet, um auf Studien über den Typ-1-Diabetes hinzuweisen … dies führte zu Missverständnissen innerhalb der Diabetes-Community und brachte den Initiatoren viel Kritik ein. Günter Nuber mit einer Einordnung.
Eine Aufklärungskampagne in 18 großen Städten über 50 Tage hinweg. Mit tausenden Plakatwänden und 560 Infoscreens – bei der es mal ausschließlich um den Typ-1-Diabetes geht. Und bei der nicht nur aufgeklärt wird, sondern auch viele Studienteilnehmer aus der Allgemeinbevölkerung gesucht werden: Es geht schließlich um nicht weniger als darum, bei Kindern ein erhöhtes Typ-1-Diabetes-Risiko früh zu erkennen und den Ausbruch des Diabetes zu verhindern. Oder hinauszuzögern.
Und wer weiß: in einigen Jahren vielleicht den Typ-1-Diabetes überhaupt zu verhindern! Das Ganze von einem weltweit renommierten Forschungs-Team, in dessen Reihen auch Forscherinnen und Forscher sind, die selbst Typ-1-Diabetes haben. Kann da etwas schiefgehen? Oh ja!
„Aufrütteln“ wollten „Aworldwithout1“ und das dahinterstehende Forschungs-Team. So stand auf dem ersten von mehreren Plakaten: SCHE1SSTYP („1“ für den Diabetes-Typ), darunter: Typ-1-Diabetes kann jeden treffen. Deshalb forschen, entwickeln und kämpfen wir für eine Welt ohne 1. Mehr unter aworldwithout1.de
Zielgruppe (auch der folgenden Plakate): Menschen ohne Diabetes … die Allgemeinbevölkerung eben. Sie können sich denken, was folgte, zum Beipiel auf Facebook (hier eine noch friedlich gestimmtere Auswahl): „Ich bin doch kein Scheisstyp!“ – „Ich möchte mich in aller Form von dieser Kampagne distanzieren“ – „Mir gefällt euer Ausdruck nicht, ist schon fast diskriminierend“ – „Aktion gut … Titel jedoch sch***“ – „1fach Grusel1g“ – „Sche1sskampagne!“
Dieses erste Plakat reichte aus, um die Diabetes-Community beben zu lassen. Häufigste Kritik war tatsächlich, dass viele Menschen mit Typ-1-Diabetes sich a) persönlich angegriffen fühlten: Nicht der Typ-1-Diabetes werde als Scheisstyp bezeichnet, sondern der Mensch mit Diabetes selbst. Und b) Diskriminierung werde durch den Terminus befeuert – so würden Kinder in der Schule und Menschen am Arbeitsplatz nun begrüßt: „Aha, da kommt ja unser Scheisstyp!“
Das Ziel der Kampagne ist ein sehr wichtiges, ganz ohne Zweifel. Und das Forschungsteam rund um Prof. Anette-Gabriele Ziegler (München) und viele andere ist ein sehr renommiertes, seriös, erfolgreich.
Folgende Umstände (und mehr) führten aus meinem Blickwinkel zu dem Missverständnis:
Fakt ist: Die Initiatoren der Kampagne haben schnell um Entschuldigung gebeten bei der Typ-1-Community für die Verärgerung – und früher als geplant weitere Plakatmotive gezeigt. Fakt ist auch, dass zehntausendemal zugegriffen worden ist auf die Website der Kampagne – „und so intensiv über Typ-1-Diabetes diskutiert wird wie selten zuvor“.
von Günter Nuber
Chefredaktion Diabetes-Journal, Kirchheim-Verlag,
Wilhelm-Theodor-Römheld-Straße 14, 55130 Mainz,
Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0, Fax: (0 61 31) 9 60 70 90,
E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2019; 68 (3) Seite 43
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