7 Minuten
Welche Versicherung brauche ich als Mensch mit Diabetes? Was ist weniger wichtig? In diesem Beitrag erfahren Sie die wichtigsten Möglichkeiten, sich gegen Risiken und Schäden abzusichern.
Eine der wichtigsten Versicherungen für Menschen mit Diabetes ist die Absicherung gegen Kosten, die durch Krankheit entstehen. Die meisten Menschen in Deutschland sind gesetzlich versichert, wodurch sie hinreichend gegen Krankheit abgesichert sind. Ohne gesetzliche Krankenversicherung ist man grundsätzlich dazu verpflichtet, sich privat zu versichern. Eine solche Versicherung muss mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfassen. Ausnahmen bilden Personen, die Anspruch auf freie Heilfürsorge haben bzw. beihilfeberechtigt sind oder Sozialleistungen beziehen.
Eine Absicherung gegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit ist jedem anzuraten, der nicht in Ruhestand ist. Hierzu gibt es verschiedene Versicherungsarten.
Die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) bietet nur noch im Ausnahmefall eine Absicherung gegen Berufsunfähigkeit – alle Personen, die nach dem 1.1.1961 geboren wurden, erhalten vom Staat nur noch eine Absicherung gegen Erwerbsminderung, unterschieden zwischen teilweiser und voller Erwerbsminderung (siehe § 43 I SGB VI im Kasten auf Seite 19).
Dabei kommt es nicht darauf an, ob man seinen Beruf noch ausüben kann, sondern ob man überhaupt noch arbeitsfähig ist bzw. wenigstens leichte Hilfsarbeiten ausführen kann. Im Klartext: Wer noch in der Lage ist, sechs Stunden am Tag auch nur einfachste Hilfsarbeiten zu erledigen, der bekommt keine Erwerbsminderungsrente.
Wird festgestellt, dass jemand im Sinne der GRV als erwerbsgemindert einzustufen ist, besteht ein gesetzlicher Rentenanspruch. Wer kein Berufsanfänger mehr ist, mehr als fünf Jahre in der GRV versichert und mindestens drei Jahre lang Beiträge gezahlt hat, erhält eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente. Nur wer nicht mehr in der Lage ist, drei Stunden täglich zu arbeiten, erhält die volle Erwerbsminderungsrente; sie entspricht ca. 34 Prozent des Bruttoverdiensts. Wer mindestens drei und höchstens sechs Stunden arbeiten kann, erhält eine Rente in Höhe von ca. 17 Prozent des Bruttogehalts. Bei Besserverdienenden kann dieser Prozentsatz niedriger sein; die Beitragsbemessungsgrenze, also das maximal für die Berechnung zu berücksichtigende Einkommen, liegt derzeit in den alten Bundesländern bei 7050 Euro, in den neuen Bundesländern bei 6750 Euro.
Umfassende Informationen zur gesetzlichen Erwerbsunfähigkeitsrente gibt es bei der Deutschen Rentenversicherung: www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Rente/Allgemeine-Informationen/Rentenarten-und-Leistungen/Erwerbsminderungsrente/Erwerbsminderungsrente.html
Wenn man gesundheitlich nicht mehr in der Lage ist, seinen erlernten Beruf auszuüben, droht schnell das finanzielle Desaster. Es empfiehlt sich daher eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Im Fall der Berufsunfähigkeit erhält man dann eine monatliche Rente oder eine Einmalzahlung.
Vollständige Berufsunfähigkeit liegt in der Regel vor, wenn der Versicherte “seinen zuletzt ausgeübten Beruf (…) infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann” (siehe § 172 VVG im Kasten auf Seite 19).
Teilweise Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die vorgenannten Voraussetzungen “nur in einem bestimmten Grad voraussichtlich dauernd erfüllt sind”. Für manche Versicherer ist zusätzlich die Voraussetzung der Berufsunfähigkeit erfüllt, wenn der Arzt einen Invaliditätsgrad von 50 Prozent oder einen bestimmten Grad an Pflegebedürftigkeit attestiert hat. Der Grad der Berufsunfähigkeit (in Prozent) ist abhängig vom ausgeübten Beruf. So ist bei einem Schaden im Kniegelenk eine Bürotätigkeit möglich, aber keine vorwiegend körperliche Tätigkeit. Ab dem Zeitpunkt der anerkannten Berufsunfähigkeit sind dafür auch keine Beiträge mehr in die Versicherung einzuzahlen.
Wichtig: Manche Versicherungsverträge enthalten noch immer die Klausel, dass im Versicherungsfall zunächst auf bestimmte “andere Tätigkeiten” verwiesen werden darf, bezeichnet als “abstrakte Verweisbarkeit”. Dabei wird aber nicht berücksichtigt, dass man in dieser “anderen Tätigkeit” womöglich gar keinen Arbeitsplatz bekäme (z. B. wegen Alter, Vorerkrankung, angespannter Lage am Arbeitsmarkt). Es ist daher unbedingt zu empfehlen, dass man keine solche Verweisungsklausel im Vertrag akzeptiert – die meisten Anbieter verzichten hierauf auch inzwischen.
Die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) ist im Gegensatz zur selbstständigen Berufsunfähigkeitsversicherung eine Zusatzversicherung, die zu einer Kapitallebens-, einer Risikolebens- oder einer Rentenversicherung (Hauptversicherung) abgeschlossen werden kann. Diese Zusatzversicherung zahlt außer einer Berufsunfähigkeitsrente an den Versicherten auch noch die vereinbarten monatlichen Beiträge an die Hauptversicherung. So wird zum Beispiel eine Rentenversicherung, die der Altersvorsorge dient, weiter finanziert und muss nicht gekündigt werden.
Häufig besteht Unklarkeit darüber, ob und wann tatsächlich eine Berufsunfähigkeit eingetreten ist. Nicht selten kommt es zu jahrelangen Rechtsstreitigkeiten, in denen sich ärztliche Gutachter mit unterschiedlichen Meinungen gegenüberstehen. Klarer ist der Leistungsfall bei Dread-Disease-Versicherungen definiert: Die Dread-Disease-Versicherung (Dread Disease (englisch): “schwere Krankheit”) leistet eine Einmalzahlung, sobald eine bestimmte schwere Erkrankung diagnostiziert wurde oder bestimmte Operationen vorgenommen wurden.
Beispiele für schwere Erkrankungen, die durch Dread-Disease-Versicherungen abgedeckt werden können, sind:
Abhängig vom Markt und der Versicherungsgesellschaft werden in einem Vertrag ganze Bündel von Erkrankungen gedeckt. Allerdings werden die Versicherungsleistungen für die meisten Erkrankungen oft auf schwere Fälle beschränkt und es wird nicht für jeden Fall eine Leistung erbracht. So erfolgt für Lähmung meist nur dann eine Leistung, wenn mindestens zwei Gliedmaßen vollständig gelähmt sind.
Eine Invaliditätsversicherung deckt die finanziellen Folgen ab, die durch Unfall, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und durch den Verlust von Grundfähigkeiten auftreten. Es kommt dabei nicht darauf an, ob man seinen Beruf noch ausüben kann. Mit einer solchen Versicherung können Organschäden, Unfälle, Krebs, psychische Erkrankungen, der Verlust von Grundfähigkeiten und die Pflegebedürftigkeit über eine lebenslange monatliche Rente abgesichert werden.
Tipp: Die Invaliditätsversicherung kommt vor allem für Kinder in Betracht, da eine Berufsunfähigkeitsversicherung in diesem Alter noch nicht möglich ist.
Mit einer Risikolebensversicherung kann für den Fall eines vorzeitigen Tods für die Hinterbliebenen (oder ein Unternehmen) vorgesorgt werden: Stirbt der Versicherungsnehmer vor einem vereinbarten Zeitpunkt, wird die vertragliche Summe fällig. Eine Kapitallebensversicherung zahlt im genau umgekehrten Fall, nämlich, wenn man ein bestimmtes Alter erreicht. Sie dient daher oft auch als private Altersvorsorge. Häufig werden beide Risiken zusammen in einem Vertrag kombiniert: Man sichert seine Angehörigen damit für den vorzeitigen Todesfall ab, gleichzeitig sorgt man fürs Alter vor.
Banken verlangen für Darlehen häufig eine Restschuldversicherung. Hierbei handelt es sich um einen Sonderfall einer Risikolebensversicherung, mit der ein Kredit abgesichert wird. Stirbt der Versicherungsnehmer, bevor der Kredit abbezahlt ist, zahlt die Versicherung die noch offene Restschuld – allerdings nicht an die Angehörigen, sondern direkt an die Bank. Da das Risiko für die Versicherung mit jeder getilgten Rate sinkt, werden die Versicherungsbeiträge im Lauf der Zeit immer geringer.
Eine Unfallversicherung – nicht zu verwechseln mit der Kfz-Haftpflichtversicherung – deckt vor allem eigene Schäden des Versicherten ab, die durch einen Unfall entstehen: beispielsweise Krankenhaus- und Behandlungskosten, die von der Krankenkasse nicht übernommen werden, oder die Zahlung einer Invaliditätsrente. Der Abschluss einer Unfallversicherung ist daher grundsätzlich empfehlenswert. Im Gegensatz zur Berufsunfähigkeitsversicherung oder Lebensversicherung werden beim Vertragsabschluss nicht immer Gesundheitsfragen gestellt. Dies liegt daran, dass die Versicherung nur bei einem Unfall bezahlt. Daher werden vorhandene gesundheitliche Einschränkungen dort meist als weniger risikorelevant angesehen. Dabei sollte keine “Diabetesklausel” enthalten sein: Unfälle, die mit dem Diabetes zusammenhängen, also ein Sturz infolge einer Unterzuckerung, sollten nicht vom Versicherungsschutz ausgenommen sein.
Versicherte gesetzlicher Krankenkassen haben zwar zumindest in den Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) einen gewissen Grundschutz, der aber nur als Minimalversorgung angesehen werden kann. Auch die Kosten eines Rücktransports – beispielsweise nach einem Unfall oder einem Herzinfarkt/Schlaganfall – sind davon nicht abgedeckt. Der Abschluss einer Reisekrankenversicherung ist sehr ratsam; diese kann in der Regel ohne Gesundheitsprüfung und für nur geringe Beiträge abgeschlossen werden, mitunter auch bei der Reisebuchung oder am Geldautomaten. Zu beachten ist allerdings, dass eine Reisekrankenversicherung grundsätzlich nur für Reisen mit einer Dauer von maximal sechs Wochen gilt und auch nur Notfallbehandlungen abdeckt. Wer länger ins Ausland geht (beispielsweise beruflich oder wegen eines Auslandsjahrs), der benötigt eine Auslandskrankenversicherung. Hier wird allerdings in der Regel eine Gesundheitsprüfung vorgenommen; möglicherweise ist auch der Abschluss bei einem Anbieter im Zielland hilfreich. Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite www.bundesgesundheitsministerium.de/krankenversicherung-im-ausland.html.
Eine Haftpflichtversicherung springt ein, wenn durch Verschulden des Versicherten jemand anderes zu Schaden kommt. Auch wenn dies auf den ersten Blick weit entfernt erscheinen mag – im Alltag kann man sehr schnell in eine solche Haftung kommen: Ein Radfahrer oder Fußgänger beispielsweise, der ein Auto zum Ausweichen zwingt und hierdurch einen Unfall verursacht, wird zumindest eine Teilschuld haben, d. h. er muss einen Teil des Schadens bezahlen. Wer dann keine Versicherung hat, muss mit möglicherweise existenziell bedrohlichen Forderungen rechnen. Für den Vertragsabschluss müssen in der Regel keine Gesundheitsfragen beantwortet werden.
Eine Verkehrsrechtsschutzversicherung ist sinnvoll für jeden Autofahrer, ob mit oder ohne Diabetes. Diese deckt meist auch Streitigkeiten mit der Führerscheinbehörde ab. Für privat Krankenversicherte ist der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung sinnvoll, die Vertragsrecht abdeckt. Für Arbeitnehmer empfiehlt sich der Abschluss einer Arbeitsrechtsschutzversicherung. Eine Gesundheitsprüfung ist für die Rechtsschutzversicherung nicht erforderlich.
§ 43 SGB VI Rente wegen Erwerbsminderung
(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.Voll erwerbsgemindert sind auch
(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.[…]
§ 172 VVG Leistung des Versicherers
(1) Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung ist der Versicherer verpflichtet, für eine nach Beginn der Versicherung eingetretene Berufsunfähigkeit die vereinbarten Leistungen zu erbringen.
(2) Berufsunfähig ist, wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann.
(3) Als weitere Voraussetzung einer Leistungspflicht des Versicherers kann vereinbart werden, dass die versicherte Person auch keine andere Tätigkeit ausübt oder ausüben kann, die zu übernehmen sie auf Grund ihrer Ausbildung und Fähigkeiten in der Lage ist und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2022; 71 (11) Seite 16-19
5 Minuten
Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Beliebte Themen
Ernährung
Aus der Community
Push-Benachrichtigungen