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Gesundheitsgefährdende Versorgungsdefizite beseitigen und definierte Behandlungsziele anstreben: Das steht hinter den Disease-Management-Programme (DMPs). 31 Vorschläge für neue DMPS sind seit Februar beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) eingegangen, darunter auch einige klassische Volkskrankheiten.
Eine Liste mit Vorschlägen für neue Disease-Management-Programme (DMPs) hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Juni veröffentlicht. Die Krankheitsbilder reichen von Stürzen über Schizophrenie bis zur Schuppenflechte.
“Die Vielzahl eingereichter Themen belegt das große Interesse der Fachöffentlichkeit an den Programmen. Immer mehr medizinische Fachgesellschaften und ärztliche Berufsverbände haben erkannt, dass ein gutes Zusammenspiel zwischen Hausarzt, Facharzt und Krankenhaus Dreh- und Angelpunkt einer qualitativ besseren und wirtschaftlicheren Versorgung chronisch Kranker ist”, sagt Dr. Regina Klakow-Franck, unparteiisches Mitglied im G-BA und Vorsitzende des Unterausschusses DMP.
“Das Spektrum an Indikationen für die mögliche Entwicklung von neuen DMPs ist breit gefächert. Sämtliche Vorschläge werden nun in den zuständigen Gremien des G-BA eingehend beraten und auf ihre Versorgungsrelevanz und Umsetzbarkeit hin überprüft.”
Die neuen DMP-Ideen wurden von medizinischen Dachverbänden und Gesellschaften, Sachverständigen der medizinischen Wissenschaft und Praxis sowie den Spitzenverbänden der Selbsthilfe- und Patientenorganisationen bis Anfang Mai eingereicht, darunter auch Volksleiden wie Demenz und Adipositas.
Als DMP-Vorschlag ist zudem die chronische Niereninsuffizienz angeführt. In der Liste finden sich auch die im Koalitionsvertrag erwähnten Erkrankungen chronischer Rückenschmerz und Depression.
Die ersten Verträge über Disease-Management-Programme (DMP Brustkrebs) wurden im Oktober 2002 geschlossen. Die Pionier-Region war Nordrhein. Im Jahr 2003 folgte das DMP Diabetes mellitus Typ 2. Das nächste Programm wurde ein Jahr später für Koronare Herzkrankheit (KHK) aufgelegt.
Zwei Jahre später kamen die DMPs für Typ-1-Diabetes, Asthma bronchiale und COPD hinzu. Heute stehen also Programme für sechs Indikationen zur Auswahl. Für das DMP KHK wurde 2005 zudem das Modul Chronische Herzinsuffizienz entwickelt.
Laut Bundesversicherungsamt (Stand Dezember 2012) nehmen über 6 Millionen Versicherte an allen DMPs in Deutschland teil (fast 780.000 Patienten allein in Nordrhein). Bundesweit gibt es knapp 10.400 einzelne Programme.
Ob eine chronische Krankheit für ein DMP geeignet ist, hängt auch von bestimmten Kriterien ab, die im Gesetz festgehalten sind. Dazu zählen die Zahl der von der Krankheit betroffenen Versicherten, die Möglichkeiten zur Verbesserung der Qualität der Versorgung, die Verfügbarkeit von evidenzbasierten Leitlinien, der sektorenübergreifende Behandlungsbedarf, die Beeinflussbarkeit des Krankheitsverlaufs durch Eigeninitiative des Versicherten und hoher finanzieller Aufwand der Behandlung.
Anhand dieser Kriterien und den mit den bisherigen DMPs gewonnenen Erfahrungen hatte der G-BA einen Fragenkatalog entwickelt, der seit März als Grundlage für die Auswahl zusätzlicher Krankheiten dient. Entsprechende Vorschläge für neue DMPs mussten anhand des Katalogs begründet und an den G-BA übermittelt werden.
Das Gremium verfolgte zunächst die gesetzliche Aufgabe, die inhaltlichen Anforderungen an die DMPs zu bestimmen und entsprechende Empfehlungen an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) abzugeben. Seit 2012 ist der G-BA gesetzlich beauftragt, eigene Richtlinien zu den DMPs zu beschließen. Die praktische Umsetzung in der Versorgung erfolgt dann auf Basis regionaler Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern vor Ort.
Erstmals beschloss der Bundesausschuss in einer neuen Richtlinie im März auch die Grundlagen für die Aktualisierung bestehender DMPs (KHK und Diabetes), die im Juli in Kraft getreten ist. In der Anlage zum Typ-1-Diabetes wurden u. a. die Anforderungen an die ärztlichen Kontrolluntersuchungen, differenziert nach Kindern und Jugendlichen bzw. Erwachsenen, neu gefasst.
Einer der Hauptkritikpunkte an den DMPs war bislang, dass sich ihre Effekte nicht ordentlich untersuchen lassen, weil es u. a. an einer Vergleichsgruppe von Patienten fehlt, die nicht im DMP sind. Nach einem aktuellen G-BA-Beschluss vom Juni werden die Daten künftig kontinuierlich erhoben. Zudem bestimmte der Bundesausschuss die Vorgaben an die jährlichen Berichte der Krankenkassen über Qualitätssicherungsmaßnahmen in zugelassenen Programmen.
“Mit den neuen Anforderungen an die Evaluation von DMPs ist der Fokus von einem auf Krankenkassen bzw. auf Regionen bezogenen Vergleich auf die Weiterentwicklung der DMPs verlagert worden”, so Klakow-Franck. “Nunmehr steht der Nutzen der DMPs im Mittelpunkt, auch im Vergleich zur Versorgung von Patienten, die nicht an einem DMP teilnehmen.”
“Wir rechnen damit, dass das Plenum noch in 2014 die Themen beschließen wird, zu denen DMPs erarbeitet werden sollen”, erklärte die Stabsabteilung Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation des G-BA auf Anfrage. “Eine Prognose dahingehend, welche DMPs dies sein werden”, könnte “angesichts der laufenden Beratungen” nicht gegeben werden. Eine Begrenzung der Anzahl der Behandlungsprogramme sehe der Gesetzgeber nicht vor.
Dapagliflozin (als Fixkombination mit Meformin, Handelsname: Xigduo) und Canagliflozin (Handelsname: Invokana) hätten keinen Zusatznutzen, so das Institut, weil für keines der möglichen Anwendungsgebiete geeignete Daten der Hersteller (AstraZeneca und Janssen) vorlägen.
Kurz vor Redaktionsschluss erreichte uns die Nachricht, dass mehr als 350.000 Typ-2-Diabetiker in Kürze auf den DDP-4-Hemmer Vildagliptin sowie Vildagliptin plus Metformin (Galvus/Eucreas, Hersteller: Novartis) verzichten müssen.
von Angela Monecke
Hauptstadtkorrespondentin des Diabetes-Journals
Kontakt:
Kirchheim-Verlag, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz, Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0,
Fax: (0 61 31) 9 60 70 90, E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2014; 63 (8) Seite 58-59
5 Minuten
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